
Es sind Preise, von denen konventionell wirtschaftende Bauern nur träumen können: Während sie im April für ihre Molkereimilch gerade mal 52,3 Rp./kg erhielten, lag der Biomilch-Produzentenpreis bei 74 Rp./kg*. Die Schere dürfte sich bald noch weiter öffnen. Bio Suisse, der Verband der Biobauern, fordert eine Erhöhung um 3 Rp./kg. Milchverarbeiter Emmi erklärt auf Anfrage, dass man damit einverstanden sei. Coop will ebenfalls mitziehen. Die Migros prüft derzeit die Forderung, will sich aber noch nicht dazu äussern.
Grund für die Forderung nach einer Preiserhöhung ist das aktuell knappe Biomilch-Angebot. Die Produktion lag in den ersten vier Monaten 2017 rund 1,5 Prozent unter dem Vorjahr – gemäss Bio Suisse wegen der Qualität des Futters. Die Knappheit dürfte sich weiter zuspitzen. Derzeit sind viele Kühe auf den Alpen, gerade in den Bergkantonen gibt es überdurchschnittlich viele Biobetriebe. Diese Alpenmilch fliesst nicht in den herkömmlichen Biokanal, stattdessen wird sie vor Ort verkäst, oder aber: Weil die meisten Alpen konventionell bewirtschaftet werden, darf die Milch der Biokühe nicht als Biomilch vermarktet werden.
"Ein Abfall der Produktion über die Sömmerungsmonate von 25 bis 30 Prozent ist normal", sagt Bio Suisse-Sprecherin Ania Biasio.
Sömmerung verknappt Biomilch-Angebot
Als Folge des geringeren Biomilch-Angebots stellen die Verarbeiter im Sommer in erster Linie Frischprodukte wie Trinkmilch oder Joghurt her. Haltbare Produkte wie Butter hingegen werden verstärkt im Frühjahr produziert, wenn das Biomilch-Angebot gross ist, und dann an Lager gelegt. Anders in diesem Jahr. Der Lagerbestand beträgt aktuell weniger als 30 Tonnen. Zum Vergleich: Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es knapp 250 Tonnen, wie die Branchenorganisation Butter auf Anfrage mitteilt. Bio-Butter droht deshalb auszugehen: "Die Verfügbarkeit auf Ende August ist in Frage gestellt", sagt Biasio. Die restlichen Biomilch-Produkte sind hingegen nicht von einem Engpass betroffen.
Damit Konsumenten nicht auf Bio-Butter verzichten müssen, prüft Milchverarbeiter Emmi momentan Alternativen. "Wir machen derzeit Abklärungen zu Bio-Umstellmilch und Bio-Butter-Importen", sagt Emmi-Sprecherin Esther Gerster. Ersteres werde bevorzugt. Umstellmilch stammt von Betrieben, die neu auf Bio gewechselt haben. Deren Milch wird während zweier Jahre im konventionellen Kanal vermarktet, obwohl sie nach Biorichtlinien produziert wird.
Viele Bauern stellen um
Laut Bio Suisse bleibt die Situation vorerst angespannt. "Dieses Jahr gehen wir von einer Stagnation der Mengen aus", so Biasio. Mit einer Zunahme der Milchmenge sei erst im nächsten Jahr zu rechnen - dank neuer Biomilchbauern.
Weitere Produzenten sind dringend nötig, denn die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln im Allgemeinen und Milchprodukten im Speziellen steigt und steigt. Und ein Ende des Booms ist nicht in Sicht. Detailhändler Coop rechnet mit einem weiteren Wachstum. "Voraussetzung ist, dass die Produktion mit der wachsenden Nachfrage mithalten kann und Schweizer Bauern weiterhin auf Bio-Produktion umstellen", sagt Coop-Sprecherin Andrea Bergmann. Diesbezüglich stehen die Zeichen gut. Per Anfang 2017 haben knapp 390 Betriebe auf Bio umgestellt – so viele wie seit Jahren nicht mehr. Die Preismisere im konventionellen Sektor dürfte das Interesse der Bauern an der Bioproduktion zusätzlich steigern.
*Durchschnittspreise im April 2017 gemäss Bundesamt für Landwirtschaft.
Wachstumsmarkt Bio
Bio-Lebensmittel sind auf der Überholspur. Bio Suisse, der Verband der Biobauern, kann jährlich Wachstumszahlen melden. Der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln nahm im letzten Jahr um 7,8 Prozent zu und erreichte mit 2,5 Mia. Franken einen Rekordwert. Bei den Milchprodukten liegt der Bioanteil bei 12,6 Prozent. Bei Eiern (25,5%), Gemüse (21,2%) und Brot (20,7%) sind die Bioanteile am grössten. Weitere Zahlen zum Bio-Markt finden sich hier.