Barbara Schwab Züger war lange unschlüssig. Der Wunsch, den elterlichen Bauernbetrieb zu übernehmen, ist langsam gereift. Nach dem Agronomiestudium verreiste sie zunächst mit ihrem damaligen Freund und heutigen Ehemann für fünf Jahre nach Brasilien. Dort bauten sie gemeinsam eine Crevettenzucht auf. Parallel dazu schrieb sie eine Dissertation. Irgendwann stand der Entschluss dann fest. Wieder zurück in der Schweiz, führte sie den Hof im bernischen Walperswil zunächst gemeinsam mit ihrem Vater, seit 2008 ist sie nun alleine verantwortlich für die Erdbeerproduktion. Anfänglich sei sie von anderen Landwirten argwöhnisch beäugt worden, sagt Barbara Schwab. Auch heute noch würden einige Leute denken, ihr Mann würde sicherlich den Betrieb führen. Dieser arbeitet zwar in der Tat auf dem Betrieb, hat aber mit der Landwirtschaft nichts zu tun. Denn Dominik Züger ist Lebensmittelingenieur, selbstständig erwerbend und hat lediglich sein Büro auf dem Betrieb.
Österreich: Immer mehr Betriebsleiterinnen
Die Zahl der Betriebsführerinnen hat in Österreich in den letzten zehn Jahren stark zugenommen: 1998 wurden 25 Prozent der Bauernhöfe von einer Frau geführt, 2007 bereits es bereits 39 Prozent. Dies geht aus dem neusten Frauenbericht hervor, den die österreichische Regierung im letzten Jahr publiziert hat. Damit weist Österreich europaweit einen der höchsten Werte an landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen auf. Besonders gross ist der Frauenanteil bei Nebenerwerbsbetrieben, die in Österreich rund 60 Prozent ausmachen und die meist kleinstrukturiert sind.
Als Betriebsleiterin führt Barbara Schwab Buchhaltung, rekrutiert Personal für die Ernte, erstellt Arbeitspläne - im Sommer arbeiten weit über 50 Helfer auf dem Betrieb -, verhandelt mit dem Grosshandel sowie Detaillisten über Liefermengen und Preise. Daneben gilt es, die eigenen Erdbeerverkaufsstände zu führen und sich um die vier Kinder zu kümmern. Und wenn es die Situation erfordert, steigt Schwab auch selbst auf den Traktor und legt auf dem Feld Hand an.
Wenige Frauen
Barbara Schwab gehört zur Minderheit der Betriebsleiterinnen. 2009 gab es in der Schweiz 992 Frauen, die einen Bauernbetrieb im Vollzeitpensum führten. Bei rund 38´000 Männern entspricht dies einem Anteil von 2,5 Prozent. Anders sieht es bei den Teilzeit-Betriebsleiterinnen aus, wo der Anteil bei 8,5 Prozent liegt. Im Gegensatz zu Österreich (siehe Kasten) ist der Anteil Betriebsleiterinnen in der Schweizer Landwirtschaft geradezu bescheiden. Und die Höfe, die von Frauen geführt werden, sind oft kleinstrukturierte Betriebe im Berggebiet, die mithin wirtschaftlich wenig interessant sind.
Die Ursachen für den geringen Anteil an Betriebsleiterinnen sind vielfältig: Die Schweizer Landwirtschaft sei anders strukturiert, weise mehr Vollerwerbsbetriebe auf, erklärt Agrarsoziologin Ruth Rossier von der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon. Für Männer sei es wirtschaftlich noch immer interessant, in die Landwirtschaft einzusteigen. Begünstigt werden sie zudem durch eine patriarchalische Hofübergabe: "Söhne haben bei der Hofnachfolge nach wie vor eindeutig Vortritt." Zwar seien alle Kinder gleichberechtigt. Doch da die Hofübergabe meist zu Lebzeiten der Eltern stattfinde, können diese frei wählen, wem sie den Betrieb übergeben wollen. Töchter würden erst in Betracht gezogen, wenn keine Söhne vorhanden seien. Ausserdem würden Frauen ihren Brüdern meist den Vortritt lassen und einen Streit um den Hof meiden. Einen weiteren Faktor für den geringen Anteil an Betriebsleiterinnen ortet Rossier in der geschlechtsspezifischen Sozialisation. "Die Knaben werden von ihren Eltern in ihren landwirtschaftlichen Interessen aktiv gefördert, Mädchen hingegen kaum." So täten sich etwa Frauen mit Maschinen nur deshalb schwer, weil sie den Umgang damit nicht erlernt hätten, sagt Rossier.
Bäuerin dank Heirat
Ungeachtet dessen hat sich die Rolle der Frau in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Laut Ruth Streit, Präsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbandes, war das Bild bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts einheitlich: "Die verheiratete Bäuerin arbeitete auf dem Betrieb mit und kümmerte sich um die bäuerliche Hauswirtschaft mit Selbstversorgung." Sie verfügte über keinen juristischen Status und der Betrieb gehörte dem Ehemann. Heutige Bäuerinnen seien viel selbstbewusster und wollten mitbestimmen. Ruth Rossier hat die Karrieremuster von Bäuerinnen untersucht und herausgefunden, dass Frauen heutzutage meist erst durch die Heirat mit einem Bauern zur Landwirtschaft kommen. Zuvor würden sie eine nichtlandwirtschaftliche Grundausbildung absolvieren. Diese Fähigkeiten würden die Bäuerinnen dann nutzen, um neue Aktivitäten wie Direktvermarktung oder Agrotourismus auf dem Hof zu betreiben. Zukünftig, glaubt Rossier, werden Bäuerinnen vermehrt aber ausserhalb des Betriebes arbeiten gehen, nicht zuletzt wegen der Einkommenssituation in der Landwirtschaft.

