Als der Mensch begann, Tiere zu domestizieren und sie als Nutztiere zu halten, konnte man weltweit über 8‘000 verschiedene Nutztierrassen unterscheiden. Sowohl ihr Aussehen wie auch ihre wirtschaftliche Bedeutung haben sich an die Umgebung laufend angepasst. Mit der Industrialisierung in der Landwirtschaft nahm die Anzahl Rassen jedoch zunehmend ab. Der Mensch hatte immer genauere Vorstellungen, wie tierische Produkte sein müssen, damit sie optimale Verkaufszahlen erzielen konnten. Beispielsweise sollte das Fleisch von Rindern, Schafen und Schweinen möglichst proteinreich und wenig fettdurchzogen sein. Mit der Spezialisierung auf Produkte, die den neuen Kriterien entsprachen, verschwand die Mehrheit der verschiedenen Rassen nach und nach. Die Regionalität der Rassenvielfalt ging dabei verloren und musste zusehends der Haltung von Leistungsrassen weichen.
Artenvielfalt schützen
tva. 1992 unterzeichnete die Schweiz anlässlich der Konferenz der Vereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro eine Biodiversitäts-Konvention und sprach sich damit für den Schutz der biologischen Artenvielfalt aus. Auch weltweit gab diese Zusammenkunft den Anstoss zu zahlreichen Projekten wie beispielsweise die deutsche Organisation VIEH oder die Arche Austria in Österreich. Die Schweizer Non-Profit-Stiftung ProSpecieRara setzt sich seit 1982 für den Erhalt der Biodiversität in der Schweiz ein. Sie steht als Dachorganisation von verschiedenen Institutionen und Projekten mit dem Ziel gefährdete Kulturpflanzensorten und Nutztierrassen vor dem Aussterben zu bewahren. Beispielsweise werden Zuchtbetriebe aufgebaut oder genetisches Material von Tieren und Pflanzen in Samenbanken gesammelt.
Fleischverzehr begünstigt Rassenvielfalt
Um ein Aussterben der gefährdeten Nutztiere zu verhindern, muss ihre ursprüngliche Wirtschaftlichkeit vermehrt gefördert werden. Denn wenn das Fleisch oder beispielsweise die Wolle eines Tieres wieder stärker gefragt ist, kann sein wirtschaftlicher Nutzwert gesteigert und der Tierbestand vergrössert werden. Wenn also bewusst der Konsum der tierischen Produkte seltener Rassen gefördert wird – obwohl deren Haltung möglicherweise einen Mehraufwand erfordert – ein Beitrag zum Schutz der Tiere geleistet werden.
Darüber hinaus sehen viele Konsumenten neben dem ökologischen Nutzen auch eine besondere Qualität und vor allem Exklusivität bei den Produkten. Genau hier setzten auch vermehrt die Detailhändler an: Mit dem gezielten Vertrieb von Spezialitäten werden Kunden angezogen, die Wert auf Exklusivität in Herkunft und Geschmack der Produkte legen. Der Konsument kann mit dem Kauf dieser Produkte ebenfalls einen Beitrag zur Erhaltung seltener Nutztierrassen leisten.
Vor kurzem hat auch ProSpecieRara mit dem Projekt „Bündner Strahlenziegen-Herbstgitzi” dazu aufgerufen, Gitzifleisch der gefährdeten Strahlenziegen zu kaufen. Durch die gesteigerte Nachfrage soll der Zuchtbestandteil vergrössert werden.
