
Der Hilfeschrei kam am Ende der Veranstaltung. In einem mehrminütigen Statement beklagte Bauer Pierre-André Grandgirard, dass es sich nicht mehr lohne, Kühe zu melken. Gerade noch 52 Rappen habe er im letzten Jahr im Durchschnitt für ein kg Milch erhalten. Zu wenig, um davon zu leben. Der Bauer aus dem Kanton Freiburg hat deshalb entschieden, per Ende Juni 2018 aus der Milchproduktion auszusteigen und seine 45 Kühe zu verkaufen. Viele Landwirte hätten resigniert, Frustration und Spannungen bei den Bauernfamilien nähmen zu, betonte Grandgirard an der Delegiertenversammlung der Schweizer Milchproduzenten (SMP) vom 19. Mai 2017.
Kein Milchland mehr?
Es waren nachdenkliche Worte eines Produzenten, der nicht begreifen kann, warum sich im Milchland Schweiz die Milchproduktion für viele Bauern nicht mehr rechnet. "Es kann nicht sein, dass die Milchproduzenten verzweifeln und den Mut verlieren", sagte SMP-Präsident Hanspeter Kern. Ein Drittel der Milchbauern erziele derzeit gute Preise, bei einem weiteren Drittel seien sie akzeptabel und ein Drittel der Landwirte erhalte ruinös tiefe Preise. SMP-Direktor Stephan Hagenbuch forderte an der Delegiertenversammlung die Verarbeiter und Detailhändler auf, einen Beitrag zur Verbesserung der Situation zu leisten. Produzentenpreise um die 50 Rappen pro kg Milch seien nicht nachhaltig.
Tief sind die Preise vor allem bei der Molkereimilch, die unter anderem zu Trinkmilch, Joghurt und Rahm verarbeitet wird. 54,51 Rappen je kg bezahlten die Molkereien im letzten Jahr durchschnittlich für diese Milch. Mehr Geld erhielten Bauern, aus deren Milch Käse produziert wurde (65,31 Rp./kg). Die höchsten Preise erzielte gemäss Bundesamt für Landwirtschaft Bio-Milch mit 78,29 Rp. pro kg.
Derart grosse Preisunterschiede habe es noch nie gegeben, sagte Markus Zemp, Präsident der Branchenorganisation Milch, kürzlich LID-Interview. Man sei kein schlechter Bauer, wenn man aktuell kein Geld verdiene, betonte Zemp.
Die SMP verlangen mit Verweis auf die sinkenden Einlieferungen und anziehenden Preisen im Ausland seit längerem höhere Milchpreise, bislang allerdings ohne Erfolg. Bei den Richtpreisverhandlungen im Februar 2017 blitzten sie mit ihrer Forderung bei Verarbeitern und Händlern ab. SMP-Präsident Hanspeter Kern fordert alle Milchbauern dazu auf, im Hinblick auf die Richtpreisverhandlungen im Mai geschlossen aufzutreten.
Drei Forderungen an die Politik
Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) fordern im Rahmen der Vernehmlassung zum Agrarpaket 2017 den Bund auf, das RAUS-Programm zweistufig zu gestalten, bestehend aus einem Basis- und einem Weideprogramm. Ein weiteres Anliegen ist, dass die Schoggigesetz-Gelder in der Höhe von 95 Mio. Franken auch künftig zur Verfügung stehen. Zudem erwartet der Verband von der Politik eine Nachfolgelösung für das Schoggigesetz. Die Branche habe gezeigt, dass sie fähig sei, sich zusammenzuraufen und eine Lösung zu präsentieren, sagte SMP-Präsident Hanspeter Kern.
Mit Mehrwerten punkten
Die Schweizer Milchproduzenten wollen den Fokus ihrer Marketingaktivitäten ab 2018 neu ausrichten. Unter anderem sollen künftig vermehrt die Mehrwerte der Schweizer Milch in den Mittelpunkt gerückt werden. Herkunft, Genuss, Gesundheit und Fitness sind die Eckpunkte der neuen Strategie.