"Werden Sie stolzer Besitzer von einem oder mehreren Rebstöcken des Landenberges! Während der Vertragsdauer weist ein Namensschild an Ihren Rebstöcken Sie als aktueller Besitzer aus." So steht es im Angebot, das Peter Krummenacher auf der Website der Obwaldner-Weine offeriert.
Rebstockbesitzer! – Wer gern am Abend oder zu festlichen Anlässen einen guten Tropfen geniesst, spitzt die Ohren. Denn der Rebstockbesitz beschränkt sich nicht nur auf den Besitz der Urkunde, sondern jedes Jahr wird bei der Rebberg-Begehung über die Entwicklung des Rebberges informiert und beim anschliessenden Apéro wird der symbolische Ertrag eines Rebstocks in Form einer Flasche Wein überreicht. Pflege und Bewirtschaftung der geleasten Rebstöcke werden per Vertrag von der Familie Krummenacher ausgeführt.
Serie: Städter zurück zur Scholle
Die Konsumenten entfernen sich immer weiter von der Scholle, gekauft werden oft pfannenfertige Produkte im Supermarkt. Doch es gibt einen Gegentrend: Bauernfamilien bieten Städtern die Gelegenheit, auf den Hof zu kommen und bei der Produktion von Nahrung selber Hand anzulegen. Der LID stellt in der Sommerserie 2012 solche Brückenschläge vor.
Der Ruf eilt voraus
"Ich fand es eine gute Idee. Für mich war es etwas total Neues", sagt Leasingnehmer Jürg Berlinger. Das ganze Angebotspaket mit Rebberg-Begehung und Apéro hat den Sporthändler aus Sarnen angesprochen. Und es spielte auch eine Rolle, dass Peter Krummenacher das Leasing anbietet. Denn dieser verfüge als Weinbau-Experte im Kanton Obwalden über einen guten Ruf und sei ihm sehr sympathisch, so Berlinger. So entschloss er sich spontan zum Mitmachen. "Ich trinke gelegentlich gerne daheim mit meiner Familie ein Glas Wein. So ist es umso besser, wenn ich in Zukunft einen einheimischen Tropfen geniessen kann", bekennt der 43-jährige.
Bewusste Ortswahl
Der 47-jährige Peter Krummenacher und seine 39-jährige Ehefrau Karin Dähler aus Kägiswil haben 2011 ihren Rebberg an einem historischen Platz angelegt, am Landenberg in Sarnen. "In der Zentralschweiz kennen die Leute diesen Ort", ist der Winzer überzeugt. Am Landenberg hat früher die Obwaldner Landsgemeinde stattgefunden und er ist das historische Zentrum von Sarnen. "Der Landenberg ist von öffentlichem Interesse. Es ist für die Leute interessant, von dort einen oder mehrere Rebstöcke für fünf, zehn oder mehr Jahre zu besitzen und ihren Namen während dieser Zeit an diesen Rebstöcken angeschrieben zu sehen", sagt Krummenacher. Wobei es sich juristisch gesehen gar nicht um echten Rebstock-Besitz handle. Der Leasing-Geber kennt sich aus, denn der frühere Landwirt hat zwischenzeitlich die Matura nachgeholt, Jura studiert, doktoriert und arbeitet gleichzeitig als Teilhaber in einer Anwaltskanzlei. Krummenacher hat den Landenberg ganz bewusst für sein Rebstock-Leasing gewählt. Er weiss, dass man zum Landenberg gerne kommt: "Dort oben bin ich sicher schon hundertmal an Anlässen gewesen. Es gibt den Leuten ein gutes Gefühl, an diesem historischen Ort ein Projekt zu unterstützen. Sie wollen mitmachen, dabei sein."
Keine Zinserträge
Beim Rebstock-Leasing handelt es sich nicht um ein klassisches Leasing, bei dem die Leasinggesellschaft von den Zinseinnahmen der geleasten Produkte lebt, denn Zinsen werden nicht erhoben. Das Rebstock-Leasing darf deshalb als Vermarktungsaktion betrachtet werden, bei welcher der Event der Weinbergbegehung mit anschliessendem Apéro eine gesellige Funktion erfüllt und gleichzeitig den Kunden näher zum Produzenten und zum Produkt führt.
Kundenbeziehungen ausbauen
Krummenacher verfolgt mit dem Rebstock-Leasing auch betriebswirtschaftliche Interessen: "Letztendlich geht es darum, es den Kunden schmackhaft zu machen. Der Witz ist der jährliche Event. Wir wollen, dass die Leute kommen und auch noch weitere Flaschen Wein kaufen." Der Rebberg-Besitzer will mit seinem Leasing- Angebot die Nähe zu seinen Kunden gewinnen. Der 62-jährigen Therese Enz aus Sachseln gefällt, dass die Familie Krummenacher innovativ ist und dass man durch den Weinberg gehen kann und schauen, welche Arbeiten gemacht werden. "Ich finde es gut, dass Peter einen Weg, eine Nische gesucht hat, dass er mehr wollte, als nur einfach Milchwirtschaft, wo eine Überproduktion herrscht", lobt Therese Enz. Auch Markus Hess, CEO des Schweizerischen Leasingverbandes in Zürich, ist Leasingnehmer bei Peter Krummenacher. "Es ist eine ganz tolle Idee, dass man so ein Produkt, das man selber produziert, mit einem Leasing-System an den Mann bringt. Ich finde auch das Kuh-Leasing eine tolle Sache", so der Leasing-Fachmann.
Bereits im Jahr 2000 hat Johannes Hanhart aus Mammern am Bodensee das Rebstock-Leasing umgesetzt. Hanhart hat seine Idee damals bewusst von schon bestehenden Rebstock-Patenschaften abgegrenzt, indem bei ihm auch das Mitmachen und nicht nur das Mitbesitzen und Mitgeniessen erwünscht war. Zwei bis viermal pro Jahr hatte Hanhart seine Leasing-Nehmer dazu eingeladen, mit ihm zusammen die anfallenden Arbeiten im Rebberg zu erledigen und bei der Weinlese im Herbst wollte er seine Kunden auch dabei haben. Vor zwei Jahren wurde der Rebberg aber verkauft. Hanhart hat keine Verlängerung der Pacht angestrebt, weil er gleichzeitigauch Obstproduzent, Geschäftsführer der Schweizerischen Vereinigung für Obst- und Traubenverarbeitung und Berater bei der Agridea war. Die Kundenbetreuung war sehr zeitintensiv. Wenn er noch einmal als Rebstock-Leasing-Geber anfangen würde, würde er noch mehr Zeit in die Werbung und die Kundenbetreuung investieren. Aber er würde es grundsätzlich wieder so machen, denn: "Bei den Reben kann man gut zeigen, wie es geht. Danach läufts mit den Arbeitseinsätzen der Kunden problemlos."
