Warum denn in die Ferne schweifen...? Wer jetzt Ferien für den Frühling oder den Sommer buchen will und nicht unbedingt an einen überfüllten Sandstrand möchte, kann auch auf dem Land Erholung suchen. "Ferien auf dem Bauernhof" und "Schlaf im Stroh" sind Angebote, die es den Städtern ermöglichen, wieder einmal – oder überhaupt einmal – Landluft zu schnuppern und nicht mit Strassenlärm, sondern mit Kuhglockengeläute einzuschlafen.
Und es zieht immer mehr Leute aufs Land. Das Angebot "Ferien auf dem Bauernhof" konnte im Jahre 1992 etwa 36‘000 Logiernächte verzeichnen, im letzten Jahr bereits über 100,000. Darunter sind Familien, die einmal aufs Land möchten, Studenten, die herumreisen, ältere Leute oder gestresste Berufsleute, die etwas Ruhe brauchen. Etwa ein Viertel der Gäste kommen aus dem Ausland, die Hälfte davon Deutsche.
Flächendeckend und zentrale Buchung
Mehr als 270 Angebote sind im diesjährigen Katalog aufgelistet, sämtliche Regionen werden abgedeckt. Am stärksten ausgebaut ist das Angebot in der Ostschweiz, in der Zentralschweiz und im Berner Mittelland. Aber auch in der Westschweiz, im Berner Oberland und im Bündnerland läuft "Ferien auf dem Bauernhof" gut. Besonders gefragt ist der Tessin, das Angebot ist dort aber noch nicht so gross. Gebucht werden können die Ferien bei der Reka-Buchungszentrale in Bern.
Die "Hauptsaison" für die Bauernhof-Ferien ist von Ostern bis Ende Herbst. Aber auch im Winter begeben sich stressgeplagte Städter gerne aufs Land. "Wir waren über Weihnachten und Neujahr wieder ausgebucht", sagt Rita Barth, Präsidentin des Vereins "Ferien auf dem Bauernhof", die in Altnau am Bodensee zwei Ferienwohnungen anbietet. Auch in den Skigebieten werde das Angebot rege benutzt.
"Ferien auf dem Bauernhof" ist aber nur eines von vielen Angeboten im Bereich des ländlichen Tourismus, und es ist nicht zu verwechseln etwa mit "Schlaf im Stroh". Unter diesem Etikett können einzelne Nächte im Stroh gebucht werden, von Leuten, die eine Unterkunft für eine Nacht plus Frühstück wünschen und den Schlafsack dabei haben. Rita Barth macht immer wieder die Erfahrung, dass die verschiedenen Angebote des ländlichen Tourismus durcheinander gebracht und "Ferien auf dem Bauernhof" als Sammelbezeichung verstanden wird, was nicht zutrifft.
Anbieter müssen professionell arbeiten
Sind die Verdienstmöglichkeiten mit "Ferien auf dem Bauernhof" gut? Rita Barth ist davon überzeugt: "Wenn man es richtig anpackt, dann läuft es auch." Dann verdiene man auch gleich viel oder noch mehr als mit einer Festvermietung zum Monatszins. Man müsse überlegen, was man anzubieten habe und kalkulieren, ob man in dieser Zeit sonstwo gleich viel Geld verdienen könne. Die tatsächlichen Einnahmen auf den Betrieben sind laut Barth sehr unterschiedlich und gehen von 1,000 bis 50,000 Franken im Jahr.
Etwas schwieriger ist die Sache bei "Schlafen im Stroh". Viele Bauern seien mit Hoffnungen auf einen Nebenverdienst eingestiegen, hätten aber den Aufwand unterschätzt, meint Christian Stähli, Präsident des Vereins "Schlaf im Stroh". Der Verein hatte 1997 ein Zwischenhoch von 313 Mitgliedern, inzwischen sind es 252. Trotzdem sei die Zahl der Übernachtungen bei Schlaf im Stroh stetig gestiegen, von 20,000 im Jahr 1998 auf 25,000 im Jahr 1999 und 30,000 im letzten Jahr. "Schlaf im Stroh" ist bei ausländischen Gästen weniger beliebt als "Ferien auf dem Bauernhof"; nur knapp jeder sechste Gast kommt aus dem Ausland.
Bei "Ferien auf dem Bauernhof" sorgt eine Aus- und Weiterbildung dafür, dass die Qualität des Angebotes stimmt. In Kursen werden neue und altgediente Landferienanbieter und -anbieterinnen in Sachen Betriebswirtschaft und Umgang mit den Gästen geschult. Ferner sind bestimmte Anforderungen zu erfüllen, damit man Vereinsmitglied werden kann. So müssen zum Beispiel mindestens fünf Tierarten auf dem Hof anzutreffen sein, die Höfe müssen gepflegt sein, "mit heimeligen Wohnungen und Zimmern" und Produkten direkt vom Bauernhof, wie im Katalog steht. Erfüllt ein Betrieb die Anforderungen seit zwei Jahren, erhält er vom Verein das Gütesiegel als Qualitätsgarantie.
Gelder für mehr Werbung fehlen
Immer noch viele Schweizer kennen das Angebot Landferien überhaupt nicht. Häufig läuft die Werbung über Mund-zu-Mund-Propaganda, und die Gäste entwickeln sich zu Stammkunden, bleiben ihren Höfen treu. "Uns fehlen einfach die Gelder, um richtig Werbung machen zu können", meint Rita Barth, "im Unterschied zu den Nachbarländern erhalten wir keine öffentlichen Gelder".
In Frankreich, Deutschland und Österreich ist der ländliche Tourismus tatsächlich schon viel weiter gediehen, nicht zuletzt dank der staatlichen Förderung. Österreich etwa steckt sehr viel Geld in den ländlichen Tourismus. Thomas Egger vom "Netzwerk ländlicher Tourismus" veranschaulicht die Unterschiede: Acht Prozent aller österreischischen Bauernhöfe bieten Übernachtungen an, und elf Prozent aller Übernachtungen werden im Agrotourismus getätigt. In Deutschland sind es 4 Prozent aller Anbieter und 8,4 Prozent aller Logiernächte. "Auf die Schweiz umgerechnet würde das bedeuten, dass 5,8 Millionen Logiernächte auf den Bauernhöfen verbracht werden müssten", meint Egger. Zur Zeit bieten nur etwa 0,6 Prozent aller Betriebe in der Schweiz "Ferien auf dem Bauernhof" und "Schlaf im Stroh" an.
Das die Schweiz noch nicht so weit ist, liege zum Teil aber auch an der mangelnden Zusammenarbeit, meint Egger. Leider sei es so, dass die Bereitschaft oft schwinde, wenn es um die konkrete Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Anbietergruppen geht. In der Romandie würden zur Zeit auch Konkurrenzen gepflegt, wo eigentlich Zusammenarbeit erwünscht wäre.
Kommt dazu, dass im Ausland die Bedingungen für "Ferien-Bauernhöfe" weniger streng sind. So müssen in der Schweiz die Höfe bewirtschaftet sein, damit die Gäste auch wirklich Bauern erleben und nicht nur Touristiker, in Österreich dagegen spielt dies keine Rolle. Auch die raumplanerischen Bedingungen sind in Österreich lockerer. Gibt es dort Betriebe mit zwölf Übernachtungsmöglichkeiten, so sind es in der Schweiz pro Betrieb höchstens vier. Und schliesslich sind laut Thomas Egger in der Schweiz auch die Tourismusmanager nicht unschuldig am bisher fehlenden "Landferienboom": "Es herrscht immer noch die Vorstellung vor, dass nur Hotelgäste richtige Erträge bringen."
Umdenken bei den Touristikern kommt langsam
Im Tourismus ist immerhin inzwischen das Interesse an den ländlichen Angeboten grösser als auch schon. Laut Eva Brechbühl von Schweiz Tourismus soll Mitte März eine neue Kampagne lanciert werden, die sich an Familien richtet und in der das Angebot von "Ferien auf dem Bauernhof" auch seinen Platz haben wird. Auch für ausländische Gäste sei das Angebot interessant, weil hier eine intakte Natur und ländliche Kultur geboten werde, für die meisten Touristen eines der Hauptmotive, um die Schweiz zu besuchen. Neben der Zusammenarbeit mit "Ferien auf dem Bauernhof" spannt Schweiz Tourismus auch mit dem "Neztwerk ländlicher Tourismus" zusammen. Im Rahmen des Netzwerkes soll eine einheitliche Ausbildung für angehende Agro-Touristiker angeboten werden. Ferner soll ein Angebotsleitfaden entstehen und eine gemeinsame Vermarktung aufgebaut werden. Das "Netzwerk" wird auch vom Staatssekretaria für Wirtschaft seco unterstützt, was auf ein langsames Umdenken auch in der Bundesverwaltung schliessen lässt.
Kontaktadressen:
Ferien auf dem Bauernhof: Rita Barth, 071 695 23 72, Reservationen: Reka, 031 329 66 33
Schlaf im Stroh: Christian Stähli, 024 445 16 31
Ferien auf dem Biohof: bioterra, 01 463 55 14