Die Buchhaltungszahlen der letzten Jahre zeigen es klar: Das Betriebseinkommen pro Hektare ist bei kleineren Bauernhöfen höher als bei grösseren Betrieben. Im Fachjargon der Agrarökonomen heisst das: Die Flächenproduktivität nimmt mit zunehmender Betriebsgrösse ab. Der Umstand ist leicht zu erklären: Flächenmässig kleine Betriebe versuchen mit Schweinen, Hühnern oder Spezialkulturen - so genannt arbeitsintensiven Betriebszweigen - auf der beschränkten Fläche ein angemessenes Einkommen zu erwirtschaften.
Die Agrarpolitik will aber, dass die Bauernhöfe wachsen. Führt dann die niedrigere Flächenproduktivität dazu, dass die Landwirtschaft als Sektor weniger verdient, selbst wenn die einzelnen Betrieb mit Wachsen ihre Einkommen verbessern können? Wenn man die Querschnittszahlen der letzten Jahre auf die zukünftige Entwicklung überträgt, ist die Antwort klar: Der Sektor Landwirtschaft verliert mit dem Strukturwandel an Einkommen. Denn die landwirtschaftlich nutzbare Fläche ist in der Schweiz kaum vermehrbar, im Gegenteil: Sie nimmt wegen der regen Bautätigkeit laufend ab.
Preis- und Kostenentwicklung ist entscheidend
Im Detail ist die Sache einiges komplizierter. „Diese Aussage wäre nur richtig, wenn sich an Preisen und Kosten nichts ändern würde“, wendet Beat Meier ein. Er leitet an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Agrarwirtschaft (FAT) die Zentrale Auswertung der Buchhaltungszahlen. Und er bringt noch einen weiteren Einwand. Die Aussage stimme nur, wenn sich die wachsenden Betriebe in genau die Strukturen hineinentwickelten, welche die grösseren Betriebe heute haben. Grössere Betriebe haben weniger arbeitsintensive Betriebszweige. Diese Annahme findet Meier problematisch. Es sei nicht damit zu rechnen, dass weniger Schweine gemästet oder weniger Obstanlagen gepflanzt würden, nur weil die Betriebe wachsen.
Mehr verdienen in einer Stunde
Neben der Flächenproduktivität kennen die Agrarökonomen noch zwei weitere Kennzahlen: Die Arbeitsproduktivität - das heisst das Betriebseinkommen pro geleistete Arbeitsstunde - und die Kapitalproduktivität - das Betriebseinkommen pro investierter Franken.
Für Meier ist die Entwicklung der Arbeitsproduktivität entscheidend. Diese steigt mit zunehmender Betriebsgrösse. Grössere Betriebe verdienen pro geleistete Arbeitsstunde mehr, haben also grössere Chancen, mit den verfügbaren Arbeitsstunden ein angemessenes Familieneinkommen zu erwirtschaften. Für die Landwirtschaft als Gesamtes kann man aus den vorhandenen Zahlen aber nicht schliessen, dass das Einkommen mit dem Strukturwandel zunimmt. Zwischen 1990 und 1995 hat sich im Schnitt aller Betriebe die Arbeitsproduktivität nämlich deutlich verringert, zeigen die FAT-Zahlen. Seither hat sie sich stabilisiert bis leicht verbessert. Um im internationalen Vergleich bestehen zu können, müsse die Arbeitsproduktivität aber weiter verbessert werden, meint Beat Meier. Dafür müssten die Bäuerinnen und Bauern ihre Äcker mit weniger Aufwand bestellen und pro Stunde mehr Milch melken. Wie stark die Produktivität damit steigt, hängt aber auch davon ab, wie sich die Preise für Milch, Getreide und Raps sowie die Kosten für Saatgut und Maschinen entwickeln.
Investitionen nicht ausser Acht lassen
Ferner dürfe man aber die dritte Kennzahl, die Kapitalproduktivität nicht ausser Acht lassen, meint Meier: „Wenn durch überrissene Investitionen in ungeeignete Strukturen zwar der Arbeitseinsatz reduziert wird, dies aber auf Kosten der Kapitalproduktivität geht, hat man nur ein Problem mit dem anderen vertauscht.“
Mit den Produktivitätskennzahlen lässt sich also für die Landwirtschaft als Gesamtes nicht beweisen, dass die Strategie „small is beautiful“ besser wäre. Dass grösser in jedem Fall besser ist, lässt sich aber ebenso wenig zeigen. Klar dokumentieren kann man nur die Entwicklung der letzten Jahre: Alle Bäuerinnen und Bauern sowie ihre Angestellten zusammen verdienen laufend weniger: Laut dem Agrarbericht 2001 erwirtschaftete die Landwirtschaft in den Jahren 1990 bis 1992 im Durchschnitt 4,048 Millionen Franken, im Jahr 2000 noch 3,316 Millionen.