
Das Datum für die Lancierung war bewusst gewählt: Am 22. März, dem Weltwassertag, hat das achtköpfige Komitee ihre „Trinkwasser-Initiative“ offiziell gestartet. Diese verlangt einen radikalen Umbau des Direktzahlungssystems. Bundesgeld soll es nur noch für Bauern geben, die auf Pflanzenschutzmittel verzichten, die keine Antibiotika vorbeugend einsetzen und die ihre Tiere nur mit hofeigenem Futter ernähren.
Man sei um die Lebensgrundlagen besorgt, sagte Franziska Herren, Mitinitiantin des Volksbegehrens, anlässlich der Lancierung. Die heutige intensive Landwirtschaft setze grosse Mengen Antibiotika und Pestizide ein, die das Trinkwasser und die Nahrung negativ beeinträchtigen und antibiotikaresistente Keime förderen würden.
Roman Wiget betonte, dass 3 von 4 Grundwasserfassungen im Mittelland Pestizidrückstände aufwiesen, die über den erlaubten Höchstwerten liegen würden. Heute könne ein Grossteil des Trinkwassers in der Schweiz naturnah und damit ohne aufwendige Aufbereitungsverfahren gefasst werden, doch dieser Glücksfall sei akut bedroht, warnte Wiget.
Tierarzt Rolf Frischknecht zeigte sich besorgt wegen den zunehmenden Antibiotika-Resistenzen. Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika sei zwar eingeschränkt worden, aber immer noch möglich, so Frischknecht. Insbesondere beim Trockenstellen von Milchkühen und beim Einstallen von Kälbern könnten Antibiotika eingespart werden, etwa mit Änderungen beim Betriebsmanagement und bei der Tierhaltung.
Die Initianten sehen in ihrem Volksbegehren eine Chance für die Landwirtschaft. „Die Nachfrage nach pestizidfrei und antibiotikafrei produzierten Lebensmittel seigt“, sagte Franziska Herren. Roman Wiget geht davon aus, dass die Initiative einen Innovationsschub in Forschung und Landwirtschaft auslöst. Zudem lobte er den Ansatz: Statt auf Verbote, setze man auf Anreize.
Lanciert wurde die Volksinitiative „Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und den prophylaktischen Antibiotika-Einsatz“ vom Verein „Sauberes Wasser für alle“. Das Initiativkomitee besteht aus acht Personen, die parteipolitisch unabhängig sind.
Bauernverband: Initiative gefährdet Lebensmittelproduktion
Der Schweizer Bauernverband (SBV) lehnt die "Trinkwasser-Initiative" ab. Sie würde die Lebensmittelproduktion in der Schweiz stark einschränken und zu massiv höheren Importen führen, für welche die entsprechenden Auflagen nicht gelten würden, schreibt der SBV in einer Stellungnahme. Der prophylaktische Antibiotika-Einsatz sei in der Schweiz längst verboten. Auch entrichte der Bund keine Direktzahlungen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, wie das der Initiativ-Titel nahelege ("Für sauberes Trinkwasser und gesunde Nahrung – Keine Subventionen für den Pestizid- und prophylaktischen Antibiotika-Einsatz"). Laut Bauernverband ist das Gegenteil der Fall: So belohne das Direktzahlungssystem Bauern, wenn sie auf Pflanzenschutzmittel verzichten würden. Die Landwirtschaft sei bereit, ihren Beitrag zum Gewässerschutz zu leisten. Man setze aber auf den Aktionsplan Pflanzenschutz des Bundes sowie die Nationale Strategie Antibiotikaresistenzen.
Zwei Initiativen nehmen Pestizide ins Visier
Die im März 2017 lancierte "Trinkwasser-Initiative" ist bereits die zweite Volksinitiative zum Thema Pflanzenschutzmittel. Privatpersonen aus der Westschweiz haben im November 2016 die Initiative "Für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide" gestartet. Diese will den Einsatz von Pflanzenschutzmittel in der Schweiz gänzlich verbieten. Die "Trinkwasser-Initiative" fordert zwar kein Verbot, jedoch sollen Bauern, die Pflanzenschutzmittel einsetzen, keine Direktzahlungen mehr erhalten.