Vor einem Jahr hat sich die erneuerte Geschäftsleitung der Volg Konsumwaren AG, der Grossistin und Marketingorganisation der Volg-Läden, klar zum Dorfladenkonzept bekannt und angekündigt, die Verkaufsfront weiter zu stärken. Diese Strategie hat im vergangenen Geschäftsjahr offenbar Früchte getragen. Der Umsatz der 643 Verkaufsstellen erhöhte sich bei praktisch unveränderter Verkaufsfläche um drei Prozent auf 909 Millionen Franken. Die ersten drei Monate des laufenden Jahres haben dieses Wachstum bestätigt, wie der Volg an seiner Bilanzmedienkonferenz vom 15. April bekanntgab.
Flächendeckender Frischdienst
"Die Zahlen des letzten Jahres und die Entwicklung vergangener Jahre zeigen, dass Grossflächen im schweizerischen Lebensmitteldetailhandels keine unabdingbare Voraussetzung für Erfolg sind. Es hat auch Platz für kleinflächige Anbieter", sagt Heinz Brugger, Verwaltungsratspräsident der Volg-Gruppe. Deshalb setzte die Volg auch im Jahr 2001 auf Dorfläden. Dennoch bedeutete es das Jahr eins in zweierlei Hinsicht. Mit der Inbetriebnahme des Frischdienstes Suhr werden seit 1. Januar 2001 nun alle Volg-Verkaufsstellen aus eigenen Frischdiensten versorgt.
Neue Ladengeneration lanciert
Ein zweites Schwergewicht bildete die stärkere Ausrichtung der Ladensortimente auf Frischprodukte und auf den täglichen Bedarf, was in einem neuen Ladenkonzept seinen Ausdruck findet. Rund zwei Dutzend Läden wurden bereits umgebaut. Die Kundenfrequenzen in den heller und freundlicher gestalteten Läden hätten die Bemühungen bestätigt, erklärt Ferdinand Hirsig, der Vorsitzende der Geschäftsleitung. Ziel sei es, in den Dorfläden städtisches Niveau zu bieten. Auch bei der Aus- und Weiterbildung des Verkaufspersonals stehe das Thema "Frische" gegenwärtig klar im Mittelpunkt. "Alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen wissen, dass die Frische der Lebensnerv der Volg-Verkaufsstellen ist, und entsprechend handeln", betont Hirsig.
Vom Kleinwarenhaus zum Frischladen
msi. Die Geschichte der Volg-Läden beginnt im Jahre 1886 mit der Gründung des "Verbandes Ostschweizerischer Landwirtschaftlicher Genossenschaften". Zweimal jährlich versorgte dieser damals seine Genossenschaften mit dauerhaften Konsumgütern.
In den ersten Jahrzehnten war das Angebot an Lebensmitteln aufgrund des hohen Selbstversorgungsgrads eher bescheiden. Der Dorfladen war ein eigentliches Kleinwarenhaus. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg führte zwar beim Volg nicht zum Lädelisterben, doch das Aufkommen von Einkaufszentren in den Städten und Agglomerationen forderte den genossenschaftlich organisierten Detailhandel heraus. 1989 nahmen die Volg-Läden endgültig Abschied vom Image des altmodischen Krämerladens und setzten unter dem Motto "frisch und fründlich" vermehrt auf Frischprodukte und Güter des täglichen Bedarfs.
Heute will die Volg-Geschäftsleitung das Preisimage verbessern, das laut Volg-Chef Ferdinand Hirsig schlechter ist als die effektiven Preise. Zu diesem Zweck werden bei preissensiblen Produkten seit Anfang April und noch bis Ende Juni wöchentlich Preisabschläge durchgeführt. Auch Frequenzbringer-Aktionen und eine stärkere Profilierung der Volg-Hausmarken sollen den Volg-Laden als günstigen Einkaufsort bewerben.
Mehrwerte für die ländliche Bevölkerung
Der neue Volg-Chef ist überzeugt, dass die Volg-Detailhandelsorganisation den ländlichsten und bäuerlichsten Verkaufskanal darstellt. Von den Synergien der Fenaco-Firmen – dazu gehören neben der Volg-Gruppe zahlreiche Betriebe, die landwirtschaftliche Produkte verarbeiten – könnten die Kunden und Bauern profitieren. Als konkrete Beispiele nennt Hirsig den Verkauf von Agri Natura Fleisch, von Eiern der Eico oder von Pommes Frites der Frigemo.
Zweitens werde bei der Belieferung der Sortimente echte Regionalität angestrebt. Fünf Prozent der Frischprodukte-Artikel könnten lokal oder regional beschafft werden. Zum dritten habe die Volg-Organisation eine sozialpolitische Funktion, indem sie Arbeitsplätze im Dorf anbiete. Schliesslich würden die Dorfläden als Treffpunkte weitere Mehrwerte für die ländliche Bevölkerung schaffen, erläutert Hirsig. Diese Gesamtleistung für ein Dorf müsse künftig noch besser kommuniziert werden.
Lokal einkaufen schont die Umwelt
Den Verkauf von Bio-Produkten werden die Volg-Läden allerdings nicht auf breiter Basis fördern können. "Für eigene Bio-Abteilungen sind unsere Läden einfach zu klein", räumt Hirsig ein. In den grössten Volg-Verkaufsstellen mit einer Fläche von 251 bis 400 Quadratmetern würden hingegen Bio-Versuche durchgeführt. Mit dem Verkauf von Agri-Natura-Fleisch und mit der teils lokalen Beschaffung leiste der Volg-Detailhandel bereits einen Beitrag zur Oekologie.
Entscheidend seien aber auch die Nachfrage und das Einkaufsverhalten der Konsumenten. "Wenn der Konsument grüne Spargeln will, dann müssen wir ihm diese auch anbieten, sonst kauft er die grünen Spargeln und auch andere Produkte woanders ein", illustriert Volg-Sprecher Reinhard Wolfensberger. Wer zudem im Dorf, also praktisch vor der Haustür, einkauft und nicht ins viele Kilometer entfernte Einkaufscenter fährt, verhält sich bereits ökologisch, argumentieren die Volg-Vertreter.
9‘055 Umsatz Franken pro Quadratmeter
msi. Der Volg-Detailhandel zählte Ende 2001 insgesamt 643 Volg-Verkaufsstellen und erwirtschaftete im Jahr 2001 einen Gesamtumsatz von 909 Millionen Franken. 295 Läden, die von den Mitgliedgenossenschaften der fenaco betrieben werden, trugen mit 510,6 Mio. Franken dazu bei, 251 Filialläden mit 310,5 Mio. Franken und 97 von privaten Detaillisten geführte Läden mit 87,5 Mio. Franken.
Die durchschnittliche Verkaufsfläche pro Standort legte um ein Prozent oder 1,6 Quadratmeter auf 166,1 Quadratmeter zu. Der mittlere Verkaufsumsatz wuchs um 3,8 Prozent auf 1,5 Mio Franken, der Quadratmeterumsatz um 2,8 Prozent auf 9055 Franken.
Volg übernimmt Coop-Standorte
Während sich die grossen Anbieter im Detailhandel ein Elefantenrennen im Kampf um die Kundschaft in den Städten und Agglomerationen liefern, setzt der Volg-Detailhandel bewusst auf das dörflich-ländliche Gebiet. Einige wenige Verkaufsstellen in grösseren Ortschaften und Städten wie Landquart, Chur oder Winterthur wurden aufgegeben.
Inzwischen eröffnet ausgerechnet der Rückzug von Coop aus den Dörfern dem Volg-Detailhandel neue Expansionsmöglichkeiten. Diese würden aber nur genutzt, wenn sie zur Strategie passten, betont Hirsig. Verlockende Angebote wie zum Beispiel die Übernahme von Quartierstandorte würden hingegen abgelehnt.
Gelegenheiten gibt es viele. Allein im laufenden Jahr will der Volg-Detailhandel etwa 20 Verkaufsstellen übernehmen. Die meisten stammen von Coop. Zwischen Januar und März wurden bereits acht Läden in den Regionen Zürich und in der Zentralschweiz akquiriert. Mit den Standorten Flüelen und Seedorf ist der Volg erstmals auch im Kanton Uri präsent. Im Mai folgt die Uebernahme von vier Coop-Läden in der Region Bern.
Siehe auch: "Die Läden werden weniger und grösser" im LID-Mediendienst Nr. 2560 vom 4. April 2002