Verschiedene Kreise möchten die Verfütterung von Fleischmehl verbieten und die von einheimischen Tieren stammenden wertvollen Eiweisskonzentrate und Fette vernichten. Um einen derart sträflichen Umgang mit Material, für welches Tiere ihr Leben lassen mussten, zu verhindern, muss das gesamte Recycling in diesem Bereich neu organisiert werden.
Praxis seit 30 Jahren
Obwohl in der Schweiz rückblickend schon um die Jahrhundertwende in den grösseren Städten Tierkörperverwertungsanlagen gebaut wurden, fand die Entsorgung von verendeten Tieren vorwiegend auf sogenannten Wasenplätzen aber auch in Bächen, Seen, Jauchgruben und auf Miststöcken statt. Gut eingerichtete Entsorgungsanlagen entstanden erst in den 60-er und 70-er Jahren. Seither werden die Abfälle tierischer Herkunft entweder in Lyss und Bazenheid zu Tiermehl und Fett oder in einer, der über das ganze Land verstreuten Sterilisationsanlagen zu einem Flüssigfutter für Schweine aufbereitet. Sofern die existierenden Vorschriften eingehalten wurden und sofern die bezeichneten Kontrollorgane ihren Pflichten nachgekommen sind, haben in der Schweiz bisher weder Menschen noch Tiere durch diese seit über 30 Jahren praktizierte Wiederverwertung irgendwelchen Schaden erlitten.
Überstürzte Reaktionen
Leider wurden in England anfangs der 80-er Jahre die tierischen Abfälle in einem sogenannten Durchlaufverfahren nur noch auf 80 anstatt auf 130 Grad erhitzt. Dieser übertriebene Rationalisierungsfimmel stellt die Hauptursache für den Ausbruch der BSE-Katastrophe in England dar. Weil wir den BSE-Erreger durch den Zukauf von billigem Tiermehl auch in die Schweiz eingeschleppt haben, ist das Tiermehl endgültig in Verruf geraten.
Zudem ist vielen Leuten auch die Verarbeitung von Heimtieren wie Hunden Katzen zu Tiermehl schon seit längerer Zeit sauer aufgestossen. Die Meldung, dass auch menschliche Nachgeburten in die Tiermehlfabrik Bazenheid gelangt sind, hat das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Einkauforganisationen, Grossverteiler und gar der Direktor des Bauernverbandes haben von den Fleisch- und Eierproduzenten nachdrücklich den Verzicht auf den Einsatz von Fleischmehl verlangt. Schliesslich hat der Budesrat im Sinn einer vertrauensweckenden Massnahme auf den 1. Mai 1996 die Wiederverwertung von sämtlichen Heimtierkadavern verboten und im Sinn der Verminderung eines theoretisch existierenden BSE-Risikos die Verbrennung des Schädels und des Rückenmarks von geschlachteten Kühen angeordnet.
Denkpause nötig
Bevor wir nun die unserem Land mit einheimischen Futtermitteln produzierten, wertvollen tierischen Eiweissträger und Extraktionsfette mutwillig zerstören, sollten alle Beteiligten eine Denkpause einschalten.
Aus ethischer Sicht ist ein derartiger Umgang mit wertvollen Gütern der Natur nicht vertretbar. Es ist daher unverständlich, wenn gerade in Kreisen, welche einer einheimischen, ökologisch ausgerichteten Landwirtschaft das Wort reden, das Fleischmehl verteufelt wird. Die bisher jährlich an Hühner und Schweine verfütterten 40,000 Tonnen Tiermehl müssten nun mit 60,000 Tonnen Sojaschrot ersetzt werden, d.h. mit einem Rohstoff, welcher eine Atlantiküberquerung hinter sich hat, zum Teil aus ärmeren Ländern oder zum Teil aus gentechnisch veränderten USA-Sojabohnen stammt. Wo bleibt da der BIO-Gedanke? Kann man mit einer solchen fragwürdigen Massnahme die Konsumenten wieder an die Fleischtheken zurücklocken?
Neuorganisation
Die Wiederverwertung der nicht von jedermann goutierten Tierkadaver ist jetzt verboten. Eine direkte Verbrennung der Kadaver ist vorläufig nicht möglich. Sie sollen daher im TMF-Extraktionswerk Bazenheid AG, das heisst in der einzigen Anlage, welche zum Teil im Besitz der öffentlichen Hand ist, zu Mehl und Fett verarbeitet werden. Das entstehende Tiermehl wird anschliessend zusammen mit dem Fett in einem Hochofen verbrannt. Die übrigen Anlagen können die Schlachtabfälle weiterhin zu einem hochwertigen Fleischmehl, zu Flüssigfutter und zu Extraktionsfett verarbeiten. Da diese Anlagen selbst und die entstehenden Produkte von den amtlichen Kontrollinstanzen ständig auf ihre Seuchensicherheit hin überprüft werden, gibt es keine vernünftigen Gründe, welche gegen den Einsatz dieser Produkte bei Schweinen und Hühnern sprechen.
Einzig das als Kannibalismus bezeichnete Verspeisen von Material, welches von der eigenen Tierart stammt, muss noch als unnatürlich bezeichnet werden. Es kommt zwar in einem geringen Ausmass in der ganzen Tierwelt vor, stellt aber doch eine nicht ungefährliche Abweichung von der Norm dar. Das Fleischmehl der Zukunft sollte folglich nicht nur keine Kadaver mehr enthalten, sondern auch nach Tierarten getrennt werden. Schliesslich gäbe es dann nur noch Abfälle von Rindern oder Hühnern, welche als Gulaschsuppe oder Hühnerbouillon den Schweinen beziehungsweise Schweinemehl, welches den Hühnern verfüttert oder zu Dünger verarbeitet würde. LID