
Um das Thema Agrafreihandel war es in letzter Zeit ruhig geworden. Nun hat die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS) mit einer Studie die Debatte neu lanciert. Verfasst wurde sie von Jacques Chavaz, dem früheren Vize-Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft, sowie von Martin Pidoux und Hansjürg Jäger von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften.
Grund für die Studie sind vier Buchstaben: TTIP – ein Abkommen, welches die USA und die EU derzeit aushandeln. Schweizer Firmen befürchten, durch das Abseitsstehen der Schweiz benachteiligt zu werden. Kommt das Abkommen zustande, könnte deshalb die Forderung laut werden, dass die Schweiz an TTIP andocken soll. Davon wäre auch die Landwirtschaft betroffen. Agrarzölle würden reduziert, welche heute die Schweizer Bauern vor der ausländischen Konkurrenz schützen.
Bauern sind die Verlierer
Die Studie zeigt nun auf, welche Folgen eine umfassende Marktöffnung für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft hat. Die Autoren haben verschiedene Öffnungsszenarien durchgespielt. Unabhängig vom gewählten Szenario: Eine Marktöffnung stellt die Schweizer Landwirtschaft vor grosse Herausforderungen. Sie sei aber nicht existenzbedrohend, so das Fazit der Studie.
Die Schweizer Volkswirtschaft würde von einem Andocken an TTIP profitieren. Verliererin ist hingegen die Landwirtschaft. Schutzzölle würden grösstenteils wegfallen. Importe steigen, Produzentenpreise und Inlandproduktion sinken. Insbesondere Ackerbau und Schweinehaltung kämen unter Druck. Die Studie zeigt zudem, dass eine Marktöffnung für die Schweizer Milchwirtschaft deutlich leichter zu verdauen wäre, weil der Milchmarkt bereits heute teilliberalisiert ist (Käsefreihandel mit der EU). Mehr noch: Die Studie zeigt, dass ein offener Markt die Exportchancen für Milchprodukte erhöht.
Zu den Gewinnern einer Marköffnung gehören die Konsumenten. Für Lebensmittel müssten sie weniger bezahlen.
Angesichts der gesamtwirtschaftlichen Vorteile sprechen sich die Studienautoren für Begleitmassnahmen aus, um die Landwirtschaft zu unterstützen.
Vorbereiten statt abwarten
Die IGAS rechnet mit einer weiteren Liberalisierung der Agrarmärkte. „Die Marktöffnung kommt, sie ist eine Frage der Zeit und der Intensität”, sagte Luzius Wasescha, IGAS-Präsident und früherer Handelsdiplomat der Schweiz. Man könne nun abwarten oder sich vorbereiten. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben”, sagte IGAS-Geschäftsführer Jürg Niklaus. Er forderte Bauern und Verarbeiter auf, stärker zusammenzuarbeiten, gemeinsam neue Produkte zu lancieren und die Qualitätsstrategie voranzutreiben. Luzius Wasescha appellierte an die Politiker, derzeit nichts zu beschliessen, was dereinst eine Marktöffnung erschwert.
IGAS
Die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS) ist ein Zusammenschluss von Bauernorganisationen wie IP Suisse oder Bio Suisse, von Verarbeitern wie Emmi oder Nestlé und von Detailhändlern wie der Migros. Die Studie der IGAS kann unter www.igas-cisa.ch heruntergeladen werden.