Das Wetter ist einer der wichtigsten Produktionsfaktoren in der Land- und Forstwirtschaft. Im März und April waren die Bedingungen sehr gut, im Mai wurden sie aber viel schlechter, wie eine Umfrage des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) Ende Mai/anfangs Juni ergeben hat. Die Heuernte konnte erst in der letzten Maiwoche richtig beginnen. Die Qualität von Gras und Heu wird - vor allem in den verspäteten Lagen - als sehr gut betrachtet. Die verspäteten Heuernten beeinträchtigen allerdings den Wuchs für den zweiten Schnitt.
Gute Aussichten fürs Getreide
Der Weizen auf den Feldern hat sich gut entwickelt, im Talgebiet ist bereits ein Teil gesprossen. In den Kantonen Jura, Solothurn und Schwyz sind die Kulturen aber nicht so dicht. Das Getreide ist nur wenig von Krankheiten befallen worden. Der Raps ist abgeblüht, allgemein erwarten die Bauern eine gute Ernte. Allerdings sind in den Kantonen Wallis, Solothurn, Aargau, Zürich und St. Gallen einige Felder von Schädlingen befallen worden. Die Ernteaussichten beim Obst sind momentan gut, der Krankheitsbefall ist normal und nur selten wurden Frostschäden gemeldet. Auch die Kartoffel sind gemäss den Rückmeldungen der Bauern gut entwickelt.
Vegetationsrückstand in der Romandie aufgeholt
In der Westschweiz scheint die Verspätung der Vegetation von Anfang Mai aufgeholt worden zu sein. Die Westschweizer Bauern rechnen sogar mit einem Vegetationsvorsprung gegenüber dem letzten Jahr. Aus dem Berggebiet des Kantons Freiburg wird ein Vorsprung von fünf bis sieben Tagen gemeldet, im Wallis zählt man fünf Tage Vorsprung sowohl im Berg- als auch im Talgebiet.
In der Deutschschweiz meldet nur der Kanton Schwyz einen Vegetationsvorsprung. Im Kanton Zürich hingegen gibt es eine Woche Verspätung gegenüber dem Vorjahr. Im Jura wird der Rückstand auf zehn Tage geschätzt. Im Kanton St. Gallen liegt die Entwicklung der Pflanzen gar zwei Wochen zurück. Allerdings dürfte das warme Wetter der vergangen Tage die Situation weiter korrigiert haben. LID
Wenn Bauern die Wetterlaunen beobachten
lj. Bauern sind gute Wetterbeobachter. Kein Wunder, hängt doch von der Klimagunst oder -ungunst im wesentlichen ihr Ernteertrag ab. Lange bevor die Medien tägliche Prognosen verbreiteten, schauten die Landwirte zum Himmel und prägten sich das Wettergeschehen ein. Gewisse Gesetzmässigkeiten fielen ihnen auf und es entstanden die bekannten Bauernregeln. Mit der "Schafskälte" bezeichnet der Volksglaube einen Kälteeinbruch Mitte Juni. In diesem Fall deckt sich die jahrhundertealte Erfahrung mit den Beobachtungen heutiger Witterungsklimatologie. Wenn später Schnee die Schafe von den Alpen heruntertreibt, ist dies die Folge von Turbulenzen - feuchtkalte Meeresluft aus der Arktis stösst mit erwärmter Festlandluft zusammen.
"Hundstage" und "Altweibersommer"
Bei zwei weiteren regelmässigen Wettererscheinungen im Sommer und Herbst decken sich Volksglaube und aktuelle Beobachtung. Ende Juli, wenn der "Hundsstern" Sirius hoch am Himmel steht, setzt häufig eine Hitzeperiode ein, die sogenannten "Hundstage". Angenehmer pflegt der "Altweibersommer" Ende September und anfangs Oktober zu sein. Dann geben stabile herbstliche Hochdrucklagen mit Morgennebel und milden Temperaturen dem Wein die letzte Süsse.
Der Hundertjährige Kalender
Neben den Bauern waren es früher vor allem die Mönche, die das Wetter sorgfältig beobachteten. Der deutsche Abt Mauritius Knauer zeichnete während des 17. Jahrhunderts den Verlauf der Witterung längere Zeit auf und fand darin einen Rhythmus: Alle sieben Jahre, so meinte er, wiederhole sich das Wetter. Durch ein Missverständnis wurde nach dem Tod des Abts aus dem "immerwährenden Kalender" der "Hundertjährige Kalender". Prompt glaubten manche Leute, das Wetter müsste sich alle 100 Jahre wiederholen. So gibt es nun zwei verschiedene und einander oft widersprechende Prognosen, die in der Vergangenheit wurzeln. LID