In den letzten Jahren erfuhr die schweizerische Schafzucht aus verschiedenen Gründen einen gewissen Aufschwung. Das Fleisch geht zwar gut, aber die jährlich anfallenden 600 Tonnen (t) Wolle erzielen keinen annehmbaren Preis. Wer immer daran interessiert sei, dass die interessante und kulturträchtige Schafhaltung im Alpenraum das nötige gesellschaftliche und wirtschaftliche Umfeld aufweise, müsse sich fragen, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten noch vorhanden sein müssten, hatte Prof. Peter Rieder im vergangenen Frühling an der internationalen Messe "Bergschaf-Interalpin 1997" in Innsbruck erklärt.
Auf der Suche nach besseren Wollpreisen
Die Schweizerische Inlandwollzentrale (IWZ), welche die Wolle der Schafzüchter entgegennimmt, sortiert und an die Wollhändler verkauft, setzte sich auf der Suche nach besseren Preisen mit dem British Wool Marketing Board in Verbindung und schickte Proben ihrer Wolle nach England, wo sie im Labor auf Qualität untersucht wurden. "Unsere Wolle kam sehr gut an, sie sagten, sie könnten noch mehr davon brauchen. Wir sahen, dass wir zum Teil mehr lösen könnten als bei den Wollhändlern hier", berichtet Markus Schneeberger von der IWZ. So entschloss man sich, mit dem ganzen Sortiment an die nächste Auktion des British Wool Marketing Board zu gehen.
Für die Schafzüchter ist heute das Nebenprodukt Wolle zwar von Weltmarktqualität, aber defizitär. Dies besonders seit die Wollpreise wegen Überproduktion in Australien und Billigimporten aus den GUS-Ländern in den Keller sanken. In den letzten Monaten hat sich die Situation auf dem Textilsektor etwas erholt, und es besteht Aussicht auf kostendeckende Wollpreise. Heute kostet das Scheren der Schafe - eine tierpflegerisch nötige Massnahme - 5 bis 7 Franken pro Tier. Für die pro Schaf gewonnenen 2,5 kg Wolle erzielt der Züchter - abgestuft nach Qualität - einen Netto-Erlös von ca. 5 bis 5.50 Franken.
Diesen Preis kann die IWZ nur auszahlen, weil sie vom Bund 1,5 Mio. Fr. (früher 1,8 Mio.) erhält. Aus dem Bundesbeitrag deckt sie ihre Betriebskosten. Sie sammelt die Wolle zum Teil bei abgelegenen Produzenten, taxiert die über 11,000 Lieferungen nach Qualität und rechnet mit jedem Produzenten ab. Die Wolle wird nach Handelsklassen sortiert und zu Ballen gepresst. Die IWZ führt auch die Preisverhandlungen mit den Wollhändlern.
Bundesbeitrag rettet Wolle vor dem Miststock
Würde die Wolle in Kleinbetrieben verarbeitet, wäre wohl die Wertschöpfung grösser, mutmasst Markus Schneeberger. Solche handwerkliche Verarbeitung gebe es zwar bereits. Sie sei aber kaum möglich für die gesamte Produktion von jährlich über 600 Tonnen Wolle.
Nach den neuesten Sparvorschlägen des Bundesrates allerdings soll der Bundesbeitrag an die IWZ nun gestrichen werden. Das würde bedeuten, dass die Kosten für das Sammeln, Sortieren und produktgerechte Vermarkten der Wolle voll von den Schafbauern übernommen werden müssten. Das von Prof. Peter Rieder erwähnte "nötige wirtschaftliche Umfeld" wäre gefährdet, wenn diese einzige und im Vergleich mit den anderen landwirtschaftlichen Subventionen kleine Unterstützung der Schafzucht entfiele. Markus Schneeberger glaubt überdies, dass die Wolle dann auf dem Miststock oder im Kehricht landen wird, weil das weniger koste als die Vermarktung. So gesehen, meint der IWZ-Verwalter, stelle der Bundesbeitrag von 1,5 Mio. auf preisgünstige Art sicher, dass die Wolle auch ökologisch sinnvoll verwertet werde.