
Roboter waren das grosse Thema am diesjährigen Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Bald schon werden sie einer Studie zufolge die Arbeitswelt erobern und tiefgreifend umkrempeln. In der Landwirtschaft sind sie längst auf dem Vormarsch.
Zum Beispiel auf dem Hof Brandholz von Thomas Näf. Der Junglandwirt aus dem aargauischen Buttwil hat im letzten Jahr den alten Anbindestall durch einen modernen Laufstall ersetzt, der Platz für 70 Kühe bietet. Zwar sind derzeit erst 40 Tiere im Stall, Näf will die Herde aber in Zukunft schrittweise vergrössern.
Weil der 25-Jährige nebst Kühen auch noch Legehennen hält, Ackerbau betreibt und im Lohn Arbeiten für andere Bauern ausführt, liegt ein Ausbau der Milchproduktion zeitlich nicht drin. Eigentlich. Dank drei neuen "Gehilfen" kann Näf trotzdem seine Kuhherde vergrössern. Seit letztem November melkt ein Roboter Näfs Kühe, ein zweiter füttert die Tiere und ein dritter hält den Stall sauber. "Ohne die Roboter hätte ich eines meiner anderen Standbeine reduzieren müssen", sagt Näf.

Melkroboter: 24 Stunden Melkbetrieb
mw. Kühe werden traditionellerweise zwei Mal täglich gemolken - morgens und abends. Bei einem Melkroboter entscheidet hingegen eine Kuh selbst, wann sie gemolken wird. Egal, ob mitten in der Nacht oder am Nachmittag, der Melkroboter ist 24 Stunden in Betrieb. Die Kühe suchen ihn durchschnittlich zwischen 2,4 bis 2,8 Mal pro Tag auf.
Und so funktioniert der Melkvorgang: Eine Kuh betritt den Melkroboter. Dieser identifiziert das Tier anhand des Halsbandes und gibt eine Ration Kraftfutter frei. Während die Kuh am Fressen ist, setzt sich ein hydraulischer Arm in Bewegung. Dieser lokalisiert mittels Kamera und Laser die Zitzen, reinigt diese mit warmem Wasser und trocknet sie anschliessend. Dann beginnt der eigentliche Melkvorgang. Nach rund 8 Minuten ist dieser beendet, die Melkbecher werden abgehängt, die Zitzen desinfiziert. Die Kuh kann zurück in den Stall trotten.
Der Melkroboter erhebt und speichert eine Fülle an Daten: Wann und wie oft sich eine Kuh melken lässt, wie viel Milch sie gibt, wie viel Milch durch jede Zitze fliesst. Weiter liefert der Roboter Informationen zur Milchqualität, Eutergesundheit und Brunst. Für Bauern sind das wichtige Parameter, um effizient produzieren zu können.
Tritt eine Störung am Gerät auf, informiert der Roboter den Bauern per Nachricht, die er ihm aufs Handy schickt. Ein Melkroboter ist ausgelegt für maximal 75 Kühe und kostet rund 200'000 Fr.

Roboter sorgen für Entlastung
Die Arbeit im Stall hat sich für den Jungbauern grundlegend verändert. "Heute bin ich mehr Manager, ich muss mehr kontrollieren und weniger selber Hand anlegen", erklärt Näf. Die Roboter sind für ihn in erster Linie eine Entlastung: von körperlich anstrengenden und zeitintensiven Arbeiten. Früher musste er morgens um 5 Uhr im Stall sein. Zuerst hat er jeweils gemistet, dann die Kühe gemolken, das Melkgeschirr geputzt, die Kühe gefüttert, um 7.30 Uhr war er fertig mit den Stallarbeiten. Abends das Gleiche noch einmal.
Täglich habe er rund eine Tonne Futter von Hand in die auf 1,20 Meter angebrachte Futterkrippe gehievt, so Näf. Heute laufen all diese Arbeiten ohne ihn ab. "Heute kann ich den Stall auch mal allein lassen. Das ging früher nicht", sagt Näf. Einzig den Fütterungsroboter muss er morgens mit den einzelnen Futterkomponenten befüllen - eine Arbeit, die Näf in 20 bis 30 Minuten erledigt hat.
Dank den Robotern ist Näf heute flexibler: "Ich bin nicht mehr an fixe Stallzeiten gebunden." Zudem verschaffen ihm seine "Gehilfen" Luft bei Arbeitsspitzen. So kann er zum Beispiel am Nachmittag Siloballen pressen, ohne dass er um 17 Uhr zurück in den Stall eilen muss.
Roboter beobachten Tiere
Die Roboter entlasten Näf nicht nur, sie liefern ihm auch wichtige Kennzahlen. Der Melkroboter beispielsweise misst, wie viel Milch jede Kuh gibt, wie viel Milch durch jede Zitze fliesst, wann und wie oft sich die Kühe melken lassen und er analysiert die Qualität der Milch. Diese Parameter erlauben Näf Rückschlüsse auf die Gesundheit der Tiere; dank des Roboters weiss er, wie es um die Fruchtbarkeit und die Euter seiner Kühe steht. Krankheiten können so frühzeitig erkannt und kuriert werden.

Fütterungsroboter: Rund um die Uhr frisches Futter
mw. Das Füttern von Milchkühen ist in der Regel eine arbeits- und zeitintensive Tätigkeit. Anders mit einem Roboter: Ein Bauer muss dann lediglich die einzelnen Futterkomponenten mit einem Frontlader in einen stationären Mischer füllen, der Rest erledigt die Maschine. Diese bereitet das Futter auf, über ein Förderband gelangt es in einen Verteilwagen, der entlang einer an der Decke angbrachten Schiene durch den Stall gleitet.
In einem ersten Durchgang schiebt der Roboter das restliche, alte Futter zu den Tieren. In einem zweiten Schritt entlädt er frisches Futter. Der Roboter ist Tag und Nacht in Betrieb, alle zwei bis drei Stunden macht er sich selbständig auf den Weg. Die Tiere können so rund um die Uhr frisches Futter fressen. Das erhöht die Futteraufnahme und steigert letztlich die Milchleistung.
Vom Futterroboter profitieren insbesondere rangniedere Tiere. Denn aufgrund der 24-Stunden-Fütterung ist Futter stets verfügbar, das Gedränge an der Futterkrippe ist deshalb weniger gross als bei einer zweimal täglichen Fütterung, bei der für rangtiefere Tiere oft nur die Reste übrigbleiben.
Mehr Milch dank Roboter
Laut Näf profitiert nicht nur er von den Robotern, sondern auch seine Tiere. "Die Kühe können sich melken lassen, wann sie wollen." Die Eutergesundheit habe sich seither verbessert, hat der Jungbauer beobachtet. Auch bei den Klauen würden weniger Probleme auftreten. Näf führt das auf den Entmistungsroboter zurück, der den Stall sauber und trocken hält, so dass die Tiere nicht im Mist rumstehen müssen.
Der Fütterungsroboter sorgt wiederum für mehr "Gerechtigkeit" im Stall. Er macht frisches Futter während 24 Stunden verfügbar, das Gedränge an der Futterkrippe ist deshalb weniger gross als bei einer zweimal täglichen Fütterung, bei der für rangtiefere Tiere oft nur die Reste übrigbleiben. Die Rund-um-die-Uhr-Fütterung führt zudem dazu, dass Kühe mehr fressen und damit mehr Milch geben. Um 5 bis 10 Prozent habe die Milchleistung der Kühe zugenommen, so Näf.
Was aber, wenn beim Melkroboter eine Störung auftritt und Näf draussen auf dem Feld arbeitet? "Dann schickt er mir eine Meldung aufs Handy", sagt der Jungbauer.

Entmistungsroboter: Weniger Dreck sorgt für gesündere Kühe
mw. Entmistungsroboter sind die Pistenfahrzeuge der Ställe: Mittels einer rund 1,5 Meter breiten Schaufel schieben sie den Mist vor sich hin. Dieser fällt dann durch die Spalten im Boden in das darunter gelegene Gülleloch. Fast geräuschlos kurven die über 400 kg schweren Entmistungsroboter, angetrieben von zwei Batterien, in gemächlichem Tempo durch die Ställe. Und sorgen damit für mehr Sauberkeit.
Kühe transportieren dadurch weniger Schmutz in die Liegeboxen. Das verbessert die Hygiene, Euter und Klauen bleiben gesund. Bauern können selber bestimmen, wie oft der Roboter den Stall reinigt und welche Route er dabei zurücklegen soll. Die Roboter orientieren sich an Transpondern, die im Boden eingebaut sind, sowie mit Hilfe von Sensoren in den Seitenklappen. Übrigens: Entmistungsroboter lassen sich durch Tritte von Kühen nicht von der Route abbringen.
Bauern setzen auf Automatisierung
mw. Roboter sind auf Bauernhöfen auf dem Vormarsch: Vor rund 15 Jahren wurden die ersten Melkroboter in der Schweiz installiert, mittlerweile sind gemäss Branchenkennern rund 500 Stück im Einsatz. Nach dem Melken übernehmen Roboter zunehmend auch die Fütterung von Kühen und die Entmistung von Ställen.
Der Automatisierungs-Boom hat mit dem Strukturwandel zu tun: Die Anzahl Milchbauern nimmt seit Jahren ab, die verbleibenden vergrössern ihre Betriebe und dehnen die Produktion aus. 70 und mehr Kühe sind keine Seltenheit mehr. Bewältigen können dies Bauernfamilien meist nur noch dank des Einsatzes modernster Landtechnik respektive Robotern. Diese übernehmen arbeitsintensive Tätigkeiten wie Melken, Misten oder Füttern und entlasten dadurch Bauern.
"Heute wollen Bauern nicht mehr 12 und mehr Stunden am Tag arbeiten", sagt Urs Schmid vom Melktechnik-Hersteller DeLaval über den zunehmenden Roboter-Einsatz. Deshalb würden sich teils auch Bauern mit kleineren Betrieben für einen Melkroboter entscheiden, um mehr Zeit zu haben: für die Familie oder andere intensive Betriebszweige wie Obst oder Schweinemast.
