Die diesjährige Obsternte – wenn sie auch kleiner ist als die hohe Ernte des Vorjahres – fällt laut dem Schweizer Obstverband (SOV) grundsätzlich zufriedenstellend aus. "Höchstens vereinzelt hat das regnerische Wetter negative Auswirkungen auf die Ernte gehabt", so Josef Christen, Leiter Information des SOV. Dies sei beispielsweise im Juni bei den Erdbeeren der Fall gewesen. Der Regen sorgte für einen höheren Sortieraufwand, Ernteverluste sowie eine geringere Haltbarkeit der Früchte. Doch selbst bei den Erdbeeren wurde bisher eine für den SOV befriedigende Gesamtmenge von mehr als 5'300 Tonnen erreicht.
Ebenfalls zufriedenstellend verläuft die Ernte bei den Himbeeren, prognostiziert wurde in der Vorernteschätzung eine Menge von 1'058 Tonnen, was beinahe gleich viel wie 2011 und deutlich mehr als der Schnitt der Vorjahre wäre. Mit ein Grund dafür ist die immer grössere Anbaufläche für Beeren in der Schweiz, auch aufgrund der hohen Nachfrage. In einigen Regionen kam es bei den Kirschen zu grossen Verlusten, die Feuchtigkeit und der teils starke Regen liessen die Früchte platzen, wodurch sie nicht mehr verkäuflich waren. Weniger davon betroffen sind die immer öfters anzutreffenden gedeckten und damit geschützten Anlagen, in denen vor allem grosse, besonders empfindliche Tafelkirschen in Premium-Qualität produziert werden. Der Obstverband hofft nun auf gute Bedingungen für die Hauptsorten in der zweiten Saisonhälfte, um noch zu einer guten Erntebilanz zu kommen.
Glacéverkäufe leiden unter Regenwetter
Nicht nur die Bauern, auch die Detailhändler spüren die Wetterauswirkungen. So führte der bisher verregnete Sommer zu Einbussen im Glacégeschäft. "Aktuell liegen die Abverkäufe unseres Eiswaren-Sortiments rund zehn Prozent hinter dem Vorjahr", sagt Monika Weibel, Mediensprecherin bei der Migros. Bisher habe es dieses Jahr erst eine wirklich gute Sommerwoche gegeben und in der seien auch die höchsten Glacé-Umsätze erzielt worden. Coop-Mediensprecher Dominik Schneider erklärt auf Anfrage, dass besonders Cornets und Lutscher wetterabhängig seien. Das Glacégeschäft habe diesen Sommer sehr zögerlich begonnen, trotz fehlender Hitzetage habe der Juni aber einen Teil der fehlenden Absätze zu Saisonbeginn wettmachen können. Coop geht davon aus, dass sich die Glacé-Umsätze dieses Jahr im Rahmen von 2011 einpendeln werden – sofern der Sommer noch einige Hitzetage bereit hält. "Der Glacé-Umsatz ist extrem wetter- und temperaturabhängig", bestätigt auch Reinhard Wolfensberger, Kommunikationsleiter bei Volg. "Da aber der Sommer 2011 nicht viel besser als der aktuelle war, lagen die Glacé-Umsätze von Volg bis Ende Juni lediglich ein Prozent unter dem Vorjahr", so der Volg-Sprecher.
"Kein gesamthaftes Problem"
Auch der Verband der Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) sieht im diesjährigen Wetter kein gesamthaftes Problem. Nur sporadisch hätten einige Gemüsekulturen unter dem Wetter gelitten, sagte Moana Werschler, Kommunikationsverantwortliche beim VSGP, gegenüber dem LID. Weil es zudem Gemüsesorten gibt, die das ganze Jahr über wachsen und mehr als nur einmal jährlich eine Ernte ermöglichen, halten sich die Auswirkungen des Wetters auf die Gemüseerträge im Rahmen. Auch bei den Kartoffelbauern sorgte das Regenwetter nicht für grosse Sorgenfalten. Feucht-warmes Wetter sei zwar eine gute Bedingung für Pilzkrankheiten wie die Krautfäule und erfordere deshalb besondere Aufmerksamkeit beim Pflanzenschutz, so Otmar Schaller von der Branchenorganisation Swisspatat. Das sei aber etwas ganz normales, es komme immer wieder zu solchen Wettersituationen. Bei den Frühkartoffeln jedenfalls zeigten sich keine Probleme: Die Qualität sei hervorragend, so Swisspatat.
Beim Wein entscheidet der Herbst
Zu früh für definitive Prognosen ist es bei der Weinernte. Der Branchenverband der Deutschschweizer Weine (BDW) teilte auf Anfrage mit, dass die Ernte nicht überall gleich gut und etwas kleiner ausfallen werde als letztes Jahr. Vor allem der Hagel und der starke Frühlingsfrost im Wallis hätten die Reifung der Weintrauben verzögert.
Grundsätzlich hänge die Qualität der Weinernte jedoch vom Wetter im Herbst ab: Sollte es in den kommenden Herbsttagen eher trocken und warm werden, würde dies die schlechten Witterungsverhältnisse des Frühsommers wieder aufwiegen. Insofern entscheidet das Sommerwetter nur über die Geschwindigkeit der Traubenreifung, nicht aber über die Qualität und Menge der kommenden Ernte.
