Schon in ihrem Eröffnungsreferat ging Bio Suisse-Präsidentin Regina Fuhrer auf das heikle Thema ein. "Bio Suisse steht den Verhandlungen um ein Agrarfreihandelsabkommen offen gegenüber, aber nicht unbedingt einem Abkommen", sagte sie am Mittwoch, 12. November an der Delegiertenversammlung in Olten. Man wolle mitreden können, denn an der Errungenschaften der Landwirtschaft bei Tierschutz und Ökologie dürfe nicht gerüttelt werden.
Ängste der Gemüsebauern
Doch diese Meinung teilen längst nicht alle Biobauern. Das machte eine Protestnote klar, die Hans-Ulrich Müller von der Bio-Gemüse AV-AG im Namen der Fachkommissionen der Gemüse-, Obst-, Acker- und Geflügelbauern verlas. "Wir sind enttäuscht über die Aufnahme der Verhandlungen und distanzieren uns davon", sagte er. "Wir sind erstaunt, wie Bio Suisse gegen aussen kommuniziert. Es ist eine Illusion zu glauben, wir könnten einfach unsere Hochpreisprodukte exportieren." Eine HSG-Studie habe gezeigt, dass die Hälfte der Betriebe in den Spezialkulturen verschwinden würde.
Fuhrer verdeutlichte, mit einer solchen Entwicklung sei die Bio Suisse-Spitze auch nicht einverstanden. Aber man sei überzeugt, dass mit Mitreden und Mitwirken den Bauern der bessere Dienst getan sei als mit "Augen schliessen vor Veränderungen, die kommen werden." Herbert Karch, Geschäftsführer der Kleinbauern-Vereinigung, doppelt nach: Man wolle nicht die Kreise vor den Kopf stossen, die den Biobauern sonst wohlgesinnt seien. Und: "Wenn es nicht kommt, wie wir wollen, haben wir die besten Argumente, um Nein zu sagen."
Die Vertreter der Fachkommission stellten den Antrag, dass Bio Suisse die Protestnote an Bundesrätin Doris Leuthard schicke. Bio Suisse-Präsidentin Fuhrer erklärte aber, eine Abstimmung sei nicht möglich, weil der Antrag zu spät eingereicht worden sei. Gegenüber dem LID erklärte Fuhrer, man habe da offenbar ein Kommunikationsproblem, wenn der Weg über die Delegiertenversammlung gesucht werde. Von Seiten der Fachkommission hiess es, man sei in den Gremien einfach überhört worden.
Diskussion abgewürgt
Eine ähnliche Debatte über das Agrarfreihandelsabkommen hätte es tags darauf an der Generalversammlung der IP Suisse-Bauern in Olten geben können. IP Suisse ist, wie Bio Suisse auch, Mitglied der Interessensgemeinschaft Agrarstandort Schweiz (IGAS), die ansonsten vor allem Agrarfreihandelsbefürworter an Bord hat. Doch über den Antrag, dass an der Generalversammlung die Delegierten eine Parole zum Agrarfreihandelsabkommen bestimmten, wurde gar nicht erst abgestimmt. Der Grund ist ein rechtlicher, wie IP Suisse-Geschäftsführer Fritz Rothen erklärte. "Dieser Antrag fällt nicht in die Zuständigkeit der Generalversammlung." Der Vorstand sei mit seinen 25 Mitgliedern legitimiert, den Verein gegen aussen zu vertreten – folglich könne er auch die Position zum Agrarfreihandelsabkommen fassen.
Dennoch verteidigte Rothen die positive Haltung des Vorstands zum Abkommen, und die tönte ähnlich wie bei Bio Suisse. "Wir äussern uns noch nicht definitiv zu den Verhandlungen, sondern arbeiten nur aktiv in der Begleitgruppe mit." Der Vorstand wolle nicht über die Köpfe der 20'000 IP Suisse-Bauern hinweg bestimmen. "Aber der Markt ist schnelllebig, und wir wollen von Anfang an mitreden."
