Kurz vor der Aufhebung der Milchkontingentierung ist die Spitze der Schweizer Milchproduzenten (SMP) guten Mutes. Zu einer Segmentierung des Milchmarktes ab dem 1. Mai, bei der für Linienmilch und Überschussmilch unterschiedliche Preise bezahlt wird, sind alle grösseren Milchhandelsorganisationen bereit, wie SMP-Direktor Albert Rösti an der Delegiertenversammlung vom 15. April in Bern erklärte. Dazu gehören namentlich die Organisationen ZMP, Lobag, MIBA, Nordostmilch, Prolait, Bemo, Mimo und Zenoos. Auch der Freiburger Milchverband beschloss Anfang April eine Segmentierung, und die PO Ostschweiz von Walter Arnold entschied an ihrer Delegiertenversammlung, dass eine Segmentierung praktiziert werde, falls 80 Prozent der gesamten Milch so erfasst würden. "Das dürften wir erreichen", sagte Rösti.
Damit diese Segmentierung auch funktioniert, braucht es eine Koordination unter den Organisationen. Das Ziel ist, dass die Produzentenseite für jeden der grossen vier Milchverarbeiter – Emmi, Elsa, Cremo und Hochdorf – eine einzige Verhandlungsdelegation stellt. Auch dazu sind die Milchhandelsorganisationen offenbar bereit.
Altlasten abbauen
Zuversichtlich ist man bei der SMP auch deshalb, weil die "Altlasten" im Milchmarkt in den nächsten Monaten abgebaut werden sollen, wie Rösti sagte. Dank Butter-, Rahm- und Vollmilchpulverexporten, zum Teil aus SMP- oder Bundeskassen gestützt, zum Teil von den Milchbauern durch weltmarkttaugliche Milchpreise getragen, sollen die Butterlager um 5'000 Tonnen reduziert werden. Grund zur Zuversicht gibt ferner die Bereitschaft der Milchindustrie, bei einer Branchenorganisation mitzuwirken, die jüngst vom Schweizerischen Bauernverband initiiert wurde.
Grundlegendes am Rande
wy. Ein Antrag der Thurgauer Milchproduzenten (TMP) verlangte,
- dass die SMP-Statuten umfassend revidiert werden. Sie seien zu sehr von der alten Ordnung geprägt.
- dass die Mitgliederstruktur überprüft wird. Es sei zu diskutieren, ob nicht auch die Grösse der Milchbetriebe für die Vertretung in den SMP-Organen entscheidend sein sollten.
- dass die vor zwei Jahren von der SMP gefasste Strategie angesichts der neuesten Entwicklungen überprüft wird.
Nicht zuletzt müsse die Frage geklärt werden, ob die SMP gewerkschaftliche Funktionen wahrnehmen solle oder ob sie ein reiner Dienstleister sei, erläuterte TMP-Präsident Ruedi Schnyder.
SMP-Präsident Peter Gfeller konterte, eine Strategie überprüfe man üblicherweise, wenn Massnahmen getroffen und ein Controlling erfolgt sei. Der Zeitpunkt für eine Grundsatzdebatte sei nicht günstig. Ausserdem gelte es, "nicht die Strategie oder die Statuten anzupassen, sondern das Handeln". Der Antrag wurde mit 95 zu 45 Stimmen abgelehnt.
Kritik von aussen
Trotzdem seien die Verhandlungen in einem labilen Gleichgewicht, sagte SMP-Präsident Peter Gfeller. So sei in einem Beitrag der Fernsehsendung "Eco" die unwidersprochene Aussage gemacht worden, der Milchpreis müsse nochmals um 20 Rappen sinken. Und Migros-Chef Herbert Bolliger habe gegenüber dem "Schweizer Bauer" erklärt, die SMP sei ein Betonklotz, der aufgelöst werden müsse. Das zeige immerhin, dass der Milchmarkt für die Migros von grosser strategischer Bedeutung sei und dass die SMP offenbar als harter Verhandlungspartner wahrgenommen werde. Der Migros müsse entgegengehalten werden, dass die Milchbauern für ihre Interessen kämpften und "keine Selbstbedienungsläden" seien. "Solange wir in einem schweizerischen Kostenumfeld produzieren, solange wir unsere Produktions-, Arbeits- und Lebenshaltungskosten zu Schweizer Preisen decken müssen, solange orientieren wir auch den Produzentenpreis an einem schweizerischen Preisniveau, solange fordern wir unseren Swissness-Bonus."
