Übersetzung aus dem Französischen: Roland Wyss
Als kleine Würfel präsentiert, mit einem Glas Weisswein, sieht er aus wie Gruyère. Im Gaumen entwickelt er aber eine eigene, originelle, ganz leicht bittere Note. Im Biss ist er etwas zarter als sein Hartkäse-Cousin, der Gruyère. Le Bon Vaudois punktet mit subtilen Nuancen. Ein Käse für Liebhaber, also? "Die meisten Kunden haben ihn entdeckt und kommen immer wieder", sagt Käsermeister Jean-Daniel Jäggi. "Weil es ein lebendiges Produkt ist, das per Definition Unregelmässigkeiten enthält, haben wir in der Lancierungsphase einige Rückmeldungen erhalten. Wir mussten das Produkt verbessern, die Qualität musste konstanter werden." Die Vermarktung des neuen Käses habe nicht von heute auf morgen geklappt, gibt Jäggi zu.
Serie: Gaumenschmaus für Gwundrige
lid. In der Schweiz gibt es viele traditionelle regionale Spezialitäten. Und es gibt Innovationen – Produkte, mit denen findige Hersteller Schweizer Rohstoffe neu in den Mittelpunkt setzen. Innovative Delikatessen gibt es in vielen Regionen der Schweiz. In der LID-Sommerserie wird eine Auswahl davon vorgestellt – und die Menschen, die dahinter stehen.
Die Kühe sind im Schatten
Getreidefelder, wohin man sieht, der Geruch von geschnittenem Stroh, Staub, eine Gluthitze – wenn man von Payerne nach Grandcour kommt, sieht es nicht unbedingt nach Milchwirtschaft aus. Rund um das Dorf, auf dem letzten Hügel einer Kette vor dem Neuenburgersee gelegen, sieht man weder Weiden noch Kühe. "Die Kühe leiden unter der Hitze. Bei dieser Trockenheit gibt es nicht viel, um sie zu füttern. Sie sind im Schatten, im Stall. Und die grossen Weidegebiete liegen ohnehin eher auf der Seite von Estavayer", sagt Jean-Daniel Jäggi.
Er verarbeitet die Milch der Bauern aus dem Dorf sowie aus den Nachbardörfern Delley und Chevroux. Der Aufbau der neuen Käserei, die 2005 eröffnet wurde, führte zum Zusammenschluss der Milchbauern der drei Dörfer. Die 15 Bauern melken zwischen 8'000 und 12'000 Kilogramm Milch. Zu 95 Prozent entsteht daraus Gruyère AOC.
Der Bon Vaudois reifte in den Köpfen von drei Anhängern von "produits du terroir", von Spezialitäten also, die in einer Region und ihrer Kultur verankert sind: Pierre-Alain Urfer, Bauer in Champvent, Paul-Marie Bühler, unabhängiger Händler und Jean-Daniel Jäggi. Sie kamen zurück vom Salon international d’agriculture in Paris, voller Inspiration und mit dem Ziel, eine Spezialität aus Rohmilch zu entwickeln, die in die Region passt. Der Chasselas und die Baumnuss wurden als typische Waadtländer Produkte deklariert, es blieb also, die beiden Produkte mit einem Halbhartkäse zu verbinden.
Käse, Wein und Nüsse
bm. Le Bon Vaudois ist rechteckig, 15 mal 30 Zentimeter gross und rund 6 Zentimeter hoch. Das Gewicht beträgt rund drei Kilogramm. Die braune Farbe erhält der Bon Vaudois von Nusstrester, den Überresten aus der Ölpresse von Sévery. Diese werden mit Salzlake vermischt und damit wird der Käselaib eingerieben. Der Käse wird zwischen zwei und vier Monate lang gelagert und gehört in die Kategorie der Halbhartkäse. Er enthält 45 Prozent Fett und ist recht kompakt. Den Weingeschmack erhält der Bon Vaudois von einem Chasselas aus Bonvillars – allerdings enthält der Käse keinen Alkohol.
Lange Pröbeleien
Nach einem Jahr, in dem sie sich an die Sache herantasteten, gelang es Jäggi, die richtige Mischung zu finden. "Ein Jahr ist kurz. Ich musste die richtige Menge Weisswein herausfinden, damit der richtige Geschmack entsteht, die Fermentation aber nicht beeinträchtigt wird", sagt er. "Ein bisschen läuft die Produktion wie beim Raclette." Mehr will sich Jean-Daniel aber nicht entlocken lassen. Man erfährt nur, dass er immer wieder alles ausprobieren und neu justieren musste: die Temperaturnahme, die Zeit des Umrührens, die Auswahl und Menge des Labs, die Überwachung der Milchgerinnung… "Und mit den technischen Problemen ist man auch allein!", seufzt Jean-Daniel. Die Arbeit sei nie zu Ende, sagt er, auch wenn es "nur" darum gehe, die Qualität konstant zu halten.
Sich behaupten am Markt
Als die ersten Exemplare des Bon Vaudois endlich verkauft wurden, war die Nachfrage gross. "Wir hatten lange vom Bon Vaudois gesprochen. Die Käseliebhaber wollten den Käse nun endlich probieren", sagt Jäggi. Nachdem der Reiz des Neuen aber etwas verflogen war, nahm die Nachfrage wieder ab. Nun steigt sie wieder leicht an. Aber sei immer schwierig, das Spiel zwischen Angebot und Nachfrage zu durchschauen, sagt Jäggi. Die Käserei verarbeitet jährlich zwischen 50 und 60 Tonnen Milch zu rund sechs Tonnen Bon Vaudois. Dafür beschaffte man eigens ein Kessi mit 1'500 Liter Inhalt und rechteckige Formen. Der Käsereiladen und der Laden in Payerne verkaufen den Käse, aber auch ausserhalb der Region ist der Bon Vaudois zu finden. Und wer weiss – vielleicht wird der Bon Vaudois auch in der Deutschscheiz noch entdeckt.


