LID. Die Neuenburger Justiz hat die Kündigung eines verpachteten Bauernbetriebs samt Familienwohnung zu Unrecht als nichtig erklärt. Gemäss Bundesgericht war der Verpächter nicht verpflichtet, die Kündigung separat beiden Ehegatten zuzustellen.Der Pächter eines Bauernbetriebes bewohnte zusammen mit seiner Familie die ebenfalls zum Pachtgut gehörende Wohnung. Nachdem die Pacht gekündet worden war, weigerte sich die Familie auszuziehen.Nach ihrer Meinung war die Kündigung nichtig, unter anderem weil sie nicht beiden Ehegatten separat zugestellt worden war, wie dies im Obligationenrecht (OR) bei der Miete von Familienwohnungen verlangt wird. Gemäss Bundesgericht schweigt sich aber das in diesem Fall anwendbare Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht (LPG) mit Absicht des Gesetzgebers über eine doppelte Zustellung der Kündigung aus. Eine Lückenfüllung mit den entsprechenden Regelungen des Mietrechts sei deshalb nicht zulässig. Artikel 266 n&o des OR sehen vor, dass die Kündigung der gemieteten Familienwohnung nicht nur dem Mieter, sondern separat auch dem Ehegatten zugestellt werden muss. Andernfalls ist die Kündigung nichtig. Die Neuenburger Richter gingen davon aus, dass diese Bestimmungen auch bei der landwirtschaftlichen Pacht anzuwenden seien, wenn eine Familienwohnung zum Pachtgut gehört. Dass das OR keine entsprechende Regelung enthalte, sei vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt; die Lücke sei deshalb zu füllen.Das Bundesgericht kam in Auslegung der fraglichen Normen zu einem anderen Schluss: Der Gesetzgeber habe bei der landwirtschaftlichen Pacht bewusst auf eine analoge Regelung zum Mietrecht verzichtet (qualifiziertes Schweigen). Für eine Lückenfüllung sei deshalb kein Platz.
Mediendienst Nr. 2444 vom 16. Dezember 1999