
Obwohl das aktuelle Jahr ein schwieriges sei und das kommende herausfordernd werde, wolle er nicht Trübsal blasen, sondern halte daran, dass es am Ende gut komme, sagte der SBV-Präsident im Berner Kursaal, wo sich die Delegierten des Bauernverbandes trafen. „Und wenn es noch nicht gut ist, ist es nicht das Ende", so Ritter.
Widersprüchliche Bevölkerung
In der aktuellen Situation sei es besonders wichtig, dass die Landwirtschaft auf einem soliden Fundament an Goodwill und Vertrauen aufbaue, so der SBV-Präsident. Gemäss zwei aktuellen Umfragen ist das durchaus vorhanden, zeigen diese doch, dass die Landwirtschaft weiterhin viel Sympathie und Rückhalt in der Bevölkerung geniesst. Aber trotz einer mehrheitlich positiven Beurteilung sei die Landwirtschaft vehementer Kritik ausgesetzt, so Ritter.

Im Gespräch mit den Wasserversorgern
Die beiden Initiativen zum Thema Pflanzenschutz stehen nächstes Jahr, voraussichtlich im September oder im November, zur Abstimmung an. Die "Trinkwasser-Initiative" will, dass nur noch jene Landwirte Direktzahlungen erhalten, die keine Pestizide einsetzen. Sie spricht aber auch andere Themen an, so die Futtermittel. Diese müssten künftig vom eigenen Betrieb stammen können, damit die Bäuerinnen und Bauern noch Direktzahlungen erhielten. Die "Verbots-Initiative" hingegen fordert ein völliges Verbot von synthetischen Pestiziden in der Schweiz sowie ein Importverbot für Produkte, die mit Hilfe solcher hergestellt werden.
Markus Ritter sagte vor den Delegierten, dass es sich nicht um Trinkwasser-Initiativen handle, sondern um Importförderungs-Initiativen. Es sei wichtig, dass man dies der Bevölkerung aufzeigen könne.
Zuletzt hatten verschiedene Wasserversorger ein Verbot von Chlorothalonil sowie weitere Massnahmen gefordert. Hintergrund ist, dass in einigen Wasserfassungen die Grenzwerte von Chlorothalonil-Abbauprodukten überschritten worden waren. Chlorothalonil wird seit langem gegen Pilzbefall eingesetzt und galt bisher als nicht relevant - also als unbedenklich. Wegen einer neuen Risikobewertung der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) werden die Metaboliten (Abbauprodukte) neu als relevant eingestuft. Das bedeutet, dass eine gefährliche Wirkung derzeit nicht ausgeschlossen werden kann. Aktuell wird geprüft, ob die Zulassung in der Schweiz widerrufen wird.
Man sei diesbezüglich in Kontakt mit dem Wasserversorgern und führe Gespräche, erklärte Markus Ritter gegenüber dem LID. Der Bauernverband nehme die Sorgen der Wasserversorger ernst, so der SBV-Präsident. Auch aus diesem Grund habe man die Landwirte dazu aufgerufen, Chlorothalonil bis zum Entscheid des Bundes nicht mehr einzusetzen.
„Seit wir keine existenziellen Nöte und Hunger mehr kennen, spiegeln die Erwartungen an die Landwirtschaft die gesellschaftlichen Entwicklungen wider“, sagte Ritter. Essen sei zu einem Lifestyle geworden. Die Erwartungen der Bevölkerung seien aber alles andere als einhellig und konsequent: Obwohl die meisten Konsumenten sagten, dass sie eine noch umweltfreundlichere Landwirtschaft wollten, harze der Absatz von Bio-Produkten und von anderen Labeln, so Ritter.
Eindruck, die Landwirtschaft mache alles falsch
Als enormes Frustpotenzial bezeichnete Ritter mediale Attacken. Man habe den Eindruck gewonnen, dass die Schweizer Landwirtschaft alles falsch mache und alleinige Verantwortliche für alle Probleme sei, so Ritter. Das Medienbashing habe als Hauptgrund aber nicht zuletzt die häufigen Erfolge der Landwirtschaft auf dem politischen Parkett. "Die Medien wollen uns, angefeuert von unterschiedlichen Interessensorganisationen, in den Senkel stellen", kritisierte der Bauernpräsident. Er betonte auch die Eigenverantwortung der Bäuerinnen und Bauern. Es brauche nicht in erster Linie neue Gesetze und Verordnungen, vielmehr müsse sichergestellt werden, dass alle Betriebe die bestehenden einhielten: "Jeder Vorfall und Gesetzesverstoss schadet unserem Image und damit uns allen."

Bourgeois tritt als Direktor ab
Jacques Bourgeois hat an der Delegiertenversammlung seinen Rücktritt als Direktor des Schweizer Bauernverbandes bekannt gegeben. Im Nationalrat will er sich weiterhin für die Landwirtschaft einsetzen.
Bourgeois führt den SBV seit 2002 als Direktor, zuvor war er als Leiter des Departementes Pflanzenbau und Umwelt beim Verband tätig. An der DV gab er nun seinen Abschied vom Verband bekannt. Der 61-jährige betonte aber, dass er als Nationalrat weiterhin die Anliegen der Schweizer Landwirtschaft vertreten werde.
Allein in der Agrarpolitik habe Bourgeois vier grosse Reform-Etappen begleitet und bei diesen die Interessen der Landwirtschaft und der Bauernfamilien eingebracht und vertreten, würdigte SBV-Präsident Markus Ritter den langjährigen Direktor. Ein herausragendes Ereignis während Bourgeois' Amtszeit sei die Annahme des Gegenvorschlags zur Ernährungsinitiative gewesen. Eine wichtige Eigenschaft von Bourgeois sei auch das Bauen von Brücken zwischen der Deutsch- und der Westschweiz. Nicht zuletzt habe er sich stets mit grossem persönlichen Einsatz für die Anliegen der Bauernfamilien eingesetzt.
Über Nachfolge wird am 12. Dezember entschieden
Für die Nachfolge von Bourgeois wird es eine interne Lösung auf dem Berufungsweg geben. Der Vorstand wird am 12. Dezember darüber beraten und einen Beschluss fassen. Gewählt wird der neue Direktor schliesslich von der Landwirtschaftskammer am 26. Februar 2020, der Stellenantritt ist am 1. April 2020.
Auf Fragen nach potenziellen Nachfolgern von Bourgeois betonte Ritter, dass jetzt der Tag von Jacques Bourgeois und nicht des Nachfolgers sei. Für den Verband sei sehr wichtig, dass die kommenden Abgänge in der Geschäftsführung gestaffelt erfolgten, sagte Ritter aber. Denn der stellvertretende Direktor Urs Schneider hat denselben Jahrgang wie Bourgeois, und Francis Egger, Leiter Wirtschaft, ist nur drei Jahre jünger.