Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, damit am 9. November im Golfstaat Katar eine neue Welthandelsrunde eingeläutet werden kann. Im Vorfeld werden an verschiedenen Orten Positionen bezogen und Koalitionen geschmiedet. Der Schweizerische Bauernverband (SBV) veranstaltete dafür am Mittwoch, 24. Oktober in der Nähe von Genf ein internationales Symposium. Er wollte möglichst viele Vertreter der Gruppe der so genannten Multifunktionalisten vereinen. Diese kämpfen dafür, dass es in der Welthandelsorganisation (WTO) nicht nur um möglichst freien Handel und günstige Produkte geht, sondern auch um Themen wie Landschaftspflege, Umweltschutz oder Produktequalität. Das Symposium wolle einen Gegenpunkt zu all jenen Akteuren setzen, die im Agrarbereich möglichst alles liberalisieren wollen, steht in der Eröffnungsrede von Hansjörg Walter, SBV-Präsident und Gastgeber. Gemeint hat er damit sowohl die Agrarvertreter der so genannten Cairns-Länder – sie wollen den Agrarhandel ganz liberalisieren –, als auch Wirtschaftsvertreter, die bereit sind für eigene Vorteile bei der Landwirtschaft Konzessionen zu machen.
Spielraum für jedes Land gefordert
Verbündete fanden die Schweizer Bäuerinnen und Bauern in Deutschland, Finnland, Irland, Italien, Japan, Norwegen und Österreich sowie bei den Bauernorganisationen der EU (COPA-COGECA). Rund 60 Personen fanden sich in Chavannes-de-Bogis ein, um gemeinsam Druck auf die WTO-Verhandlungsdelegationen zu machen.
Als Hauptpunkt der gemeinsamen Schlusserklärung wurde bekräftigt, dass die Landwirtschaft in jedem Land andere Rahmenbedingungen habe, nicht nur von der Geografie und dem Klima bedingt, sondern auch von den Wünschen der Bewohnerinnen und Bewohner. Vor diesem Hintergrund mache eine einseitige Liberalisierung und Uniformierung keinen Sinn. Vielmehr brauche es für die einzelnen Länder Gestaltungsspielraum, um das umzusetzen, was von der Gesellschaft als richtig und wichtig beurteilt werde.
Die bisherigen Welthandelsrunden hätten nur wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt, zitiert der Pressedienst Agir einen Vertreter aus Japan. Wenn man diesen Weg weiterverfolge, würde die Landwirtschaft überall weiter abnehmen. Er verwies dabei auf die Entwicklung im eigenen Land: Zwischen 1994 und 1998 habe Japan wertmässig 20 Prozent mehr importiert. Gleichzeitig sei der Wert der Inlandproduktion um 10 Prozent gesunken.
Verbündete auch ausserhalb gesucht
Das Symposium richtete sich jedoch nicht gegen die WTO. Es brauche internationale Handelsregeln und die WTO übe folglich eine wichtige Funktion aus, heisst es in der Eröffnungsrede von Hansjörg Walter weiter. Die Bauern hätten jedoch nach der letzte Welthandelsrunde in Uruguay erfahren, was WTO-Verhandlungen für sie bedeuteten. Liberalisierung drücke die Einkommen und bedrohe die Existenz der Landwirtschaft. Deshalb kämpfen die Schweizer Bauern vor Katar dafür, dass sie diese Mal nicht die Zeche für weitere Liberalisierungsschritte bezahlen müssen.
Verbündete suchen sie auch über den Bauernstand hinaus. Rückendeckung erhoffen sie sich von denen, welche die Agrarreform in der Schweiz mitgeprägt haben. Wer Ökologie und Tierschutz wolle, müsse gegen einseitige Liberalisierung antreten, findet der SBV-Präsident.
Ausführlichere Informationen zur Position der Schweiz und der Landwirtschaft in "Katar ist nicht Uruguay", im LID-Mediendienst Nr. 2536 vom 4. Oktober 2001