
Wälder sind gut fürs Klima: Sie entziehen der Luft CO2, das als Holz gespeichert wird. Rund 11 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr absorbieren die Wälder weltweit, wie Jürgen Blaser, Dozent Internationale Waldwissenschaft und Klimawandel an der Hochschule HAFL, sagt.
"Wälder sind derzeit die einzigen vom Menschen direkt beeinflussbaren CO2-Senken", so der Wald-Experte am Medienanlass des Berner Bauernverbandes im Forst nahe des Schüpbergs. Mit grossflächiger Aufforstung und nachhaltiger Waldbewirtschaftung liessen sie sich weiter fördern, womit ein wesentlicher Beitrag gegen die CO2-bedingte Erderwärmung erbracht würde.
Allerdings könnte gerade der Klimawandel dem entgegenstehen. Zwar sei derzeit in vielen Erdregionen wegen längerer Vegetationsperioden und einem erhöhten CO2-Gehalt in der Atmosphäre ein höheres Wachstum zu verzeichnen, so Blaser. Ein fortschreitender Klimawandel hätte in den kommenden Jahrzehnten jedoch zum Teil dramatische Konsequenzen für viele Wälder.
Wird der Wald zur CO2-Quelle?
Blaser verweist dabei auf das bereits jetzt beobachtbare Absterben von Wäldern wegen Trockenheit, Waldbränden, Stürmen und Schädlingen. Er geht deshalb davon aus, dass die Senkenleistung der Wälder in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts abnehmen wird oder dass Wälder insgesamt gar zu einer CO2-Quelle werden könnten.
Für den Experten ist deshalb klar, dass Massnahmen ergriffen werden müssen, um die Wald-Ökosysteme an den Klimawandel zu adaptieren. "Diesem Aspekt wird in der internationalen Waldpolitik - im Gegensatz zur Schweiz - noch zu wenig Beachtung geschenkt", konstatierte der HAFL-Dozent.

Eine Möglichkeit für die Schweiz ist es, klima-anfällige Baumarten wie die Fichte im Schweizer Mittelland durch resistentere Arten wie die Douglasie zu ersetzen. Bei Baumarten wie der Buche könne auf Buchen aus trockeneren Herkünften ausgewichen werden. "Aufgrund der vielen Unsicherheiten sollte auf ein möglichst breites Baumartenportfolio gesetzt werden", meint Blaser. Auch der Einbezug von Gast-Baumarten sollte in die Planung einbezogen werden.
Eine zweite Möglichkeit gäbe es: Abwarten und den Wald den natürlichen Faktoren aussetzen. Das würde wohl in den nächsten Jahrzehnten zu einem abrupten Absterben führen, über einen sehr langen Zeitraum würden aber wieder Wälder mit anderen Baumarten entstehen. Für die Schweiz ein wenig praktikabler Weg: Denn während dieser Zeit würde der Wald viele Funktionen wie die Schutz- und Erholungsfunktion nicht mehr erfüllen.

Im Rahmen des Medienanlasses fand eine Baumpflanzaktion mit Kindern aus der Umgebung statt. Trotz strömendem Regen - der für den Wald eine Wohltat ist - liessen sie es sich nicht nehmen, rund 100 Douglasien und Stiel- und Traubeneichen zu pflanzen, den Wald damit aufzuforsten und etwas fürs Klima zu tun.
Waldbewirtschaftung - das heisst immer langfristiges Denken. Denn vom Sämling bis zum ausgewachsenen Baum vergehen rund 100 Jahre. Nationalrat Erich von Siebenthal ist Präsident der Berner Waldbesitzer (BWB). Auch für ihn ist klar, dass der Wald im Kampf gegen den Klimawandel einen wichtigen Teil beiträgt. In der Schweiz wächst derzeit mehr Holz nach als genutzt wird und der Wald ist in seiner Ausdehnung geschützt.
"Ölheizungen brauchen wir nicht mehr"
Schweizer Wald trage daher direkt zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bei, so von Siebenthal. Er hält eine nachhaltige Nutzung des Waldes für die beste Lösung. Denn mit der Holznutzung werde Kohlenstoff langfristig in Bauten und Möbeln gespeichert. Und: "Ölheizungen braucht es in der Schweiz nicht mehr", ist für von Siebenthal klar. Mit Holzschnitzel- und Pelletheizungen könne heute geheizt werden, ohne auf fossile Brennstoffe zurückgreifen zu müssen, so der Nationalrat.

Schwierige wirtschaftliche Lage
Martin Schlup, Präsident der Holzproduzenten Lyssbach, plädiert dafür, bei den forstlichen Massnahmen den Grat zu finden zwischen Anpassung an die erwartete klimatische Veränderung und dem, was wirtschaftlich tragbar ist. So sollen seiner Ansicht nach Baumarten gewählt werden, die voraussichtlich die nächsten Baumgeneration lang vital sind, einen Beitrag zur Stabilität des Ökosystems Wald leisten und gleichzeitig wirtschaftlich nutzbares Holz liefern können.
Allerdings lassen sich nötigen Massnahmen nicht mehr durch die Holzwirtschaft finanzieren. Deshalb seien die Waldbesitzer auf gute Rahmenbedingungen angewiesen, so Schlup. So etwa bei der Unterstützung von Walderschliessungen, einfachem Handeln in Extremsituationen oder bei der Finanzierung der Neophyten-Bekämpfung.
"Effekte nicht aus Selbstzweck"
Land- und Forstwirtschaft seien von klimatischen Veränderungen in jedem Fall betroffen und mehr als alle anderen Branchen auf eine intakte Umwelt angewiesen, sagte Hans Jörg Rüegsegger, Präsident des Berner Bauernverbandes, "Es ist unbestritten, dass die Landwirtschaft Auswirkungen auf die Umwelt hat und auch für einen Teil der problematischen Emissionen verantwortlich ist", so Rüegsegger. "Es ist aber zentral, dass diese Effekte nicht aus einem Selbstzweck der Landwirtschaft entstehen, sondern als Nebeneffekt bei der Produktion von Lebensmitteln für die ganze Bevölkerung." Das entbinde die Landwirtschaft nicht davon, sich zu verbessern, unterscheide sie aber massgeblich von anderen Branchen.