
Auf dem grossen Hof im Wehribach hat zur Zeit zwar noch Vater Hanspeter mehrheitlich das Sagen. In spätestens drei Jahren wird sich das aber ändern. Dann wird der Bauernhof, der mit Milchwirtschaft, Viehzucht, Pensionspferden und Ackerbau betrieben wird, der Junior übernehmen. Vater und Sohn haben aber ein gutes Einvernehmen und jeder lässt dem anderen seinen Raum und seine Art, wie er an die Dinge herangeht.
Alexander Schmitz ist nach der Betriebsleiterschule nun auf dem Weg zur Meisterprüfung. Er besucht einmal pro Woche das Inforama Rütti in Zollikofen. Da lernt er vieles, was er schon anders machen würde als sein Vater. In Bezug auf die Arbeitseffizienz beispielsweise. Wenn Vater Hanspeter noch den Hof wischt, ist Alexander längst wieder um die Ecke. Spannungen entstehen deshalb nicht. Alexander findet es gut, einander gegenseitig den Raum zu lassen und empfindet seinen Vater als offen und auch immer wieder bereit, Neues aufzunehmen, sich neue Strategien zu überlegen. Eine Eigenschaft, die heute jeder Bauer mitbringen muss, um im schwierigen Markt überleben zu können.
Die Bauern von morgen
Die Schweizer Landwirtschaft sucht Nachwuchs. Der LID porträtiert in einer monatlich erscheinenden Serie Jungbäuerinnen und Jungbauern, die ihre Zukunft in der Landwirtschaft sehen.
Stall vergrössern
Die Ziele der beiden ambitionierten Bauern sind dieselben: immer noch besser werden, die Kosten senken, den ganzen Betrieb immer wieder optimieren. Und das tun sie aktuell auch: der Kuhstall wird demnächst von bestehenden 45 Plätzen um rund 24 ausgebaut. Ganz ohne Zweiteinkommen geht’s aktuell allerdings nicht. Alexander arbeitet daneben noch an zwei Tagen als Landschaftgärtner. Für ihn eine sehr willkommene Abwechslung und ein existenziell wichtiger Punkt bei der Familie Schmitz, die zur Zeit zu viert im Betrieb arbeiten: Alexander, seine beiden Eltern und eine Lehrtochter. Auch in Zukunft sollen Lernende auf dem Hof ausgebildet werden, deshalb absolviert Alexander derzeit die Meisterprüfung.
Genetik ist entscheidend
Im Stall tummeln sich Holstein- und Redholstein Kühe. Vom zwei Wochen alten Kälblein, über Munis, Rinder und Kühen. „Diese hier befinden sich sozusagen im Mutterschaftsurlaub“, sagt Alexander augenzwinkernd, „das sind die Galtkühe.“ Eine Kuh wird in 5 Tagen zudem ein Kälblein auf die Welt bringen. Sie steht abgesondert von den anderen Kühen, ist aber ruhig. Die Zucht ist neben der Milchwirtschaft eine weitere wichtige Einnahmequelle des Hofes. Alexander hat die Aufgabe, für die Zucht jeweils die perfekten Stiere auszusuchen. Eine grosse Verantwortung, die ihm der Vater bereits jetzt übertragen hat. Von der richtigen Auswahl des Stieres mit einer guten Genetik hängt die gesamte Qualität der Herde ab. „Hier können sich die Kühe frei bewegen und entscheiden, ob sie fressen, liegen, an der drehenden Kuhbürste gestriegelt werden möchten oder einfach nur im Laufhof die Sonne geniessen wollen. Alexander zeigt auf den Laufstall. „Den Kühen muss es auf den Rücken regnen können und im Sommer müssen sie eine bestimmte Anzahl Tage auf die Weide, das ist Vorschrift. Misten muss Alexander da nicht gross, das übernimmt der surrende Roboter, der permanent zwischen den Kühen unterwegs ist. Im Zentrum des Stalles ist die Melkanlage, die für acht Kühe gleichzeitig Platz bietet.
Bubentraum Bauer
Alexander Schmitz wusste schon im Kindergarten, dass er Bauer werden wollte. Schon als Knirps war er fasziniert von den grossen Maschinen. Wenn sein Vater im Stall die Kühe versorgen musste, war Alexander immer mit draussen auf dem Hof. Auch seine beiden Schwestern halfen bereits früh tüchtig mit. Wenn es dann um die Nachfolge und Hofübernahme ging, sagte Vater Hanspeter immer spasseshalber: „Der, der mir am meisten bietet, der kann ihn haben“. Die Schwestern überliessen Alexander die Wahl. Und er packte die Chance. „Die Arbeit als Bauer ist zwar streng, die Arbeitsbelastung hoch“, meint er. „Wer von der Milchwirtschaft leben will, darf nicht faul sein“.
Sein eigener Chef sein
Die Stunden zählt er schon lange nicht mehr. Das Gefühl, am Montag den Freitag herbeizusehnen, wie viele es tun, kennt er nicht. Er liebt seine Arbeit und freut sich darauf, sein eigener Chef sein zu können, seine Tage selber einteilen, sich selber verwirklichen und seine eigenen Ziele stecken zu können. Oder sich auch mal während der stilleren Winterzeit einen Skitag zu gönnen oder baden zu gehen. Im Sommer liegen solche Alltagsfluchten weniger drin. Dann ist Hochbetrieb und jede helfende Hand wird gebraucht. Auch die von Alexanders Freundin Claudia. Auch sie ist auf dem Weg, Bäuerin zu werden, besucht die Bäuerinnenschule Waldhof in Langenthal. „Dass sie sich für die Landwirtschaft interessiert, ist gut“, findet Alexander, „aber die Mithilfe auf dem Hof ist nicht zwingend. Sie soll – wie ich – das machen können, was ihr Spass macht, das ist viel wichtiger.“ Letztendlich wisse man nie, was das Leben so bringt. Doch sicher ist: Ohne Landwirtschaft kein Leben. Weitblick ist und bleibt gefordert, ist und bleibt eine Herausforderung. „Das Wichtigste ist, den Überblick zu bewahren, immer am Ball zu bleiben und nicht betriebsblind zu werden“, findet der Jungbauer. „Und auch soziale Kontakte
ausserhalb des Bauernhofes zu pflegen. Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“ Lacht und verschwindet im Stall.