
Urs Berger produziert in Oberbottigen, das zur Stadt Bern gehört, unter anderem Weizen und betreibt eine Getreide-Sammelstelle. Aus diesem Getreide wird Mehl, aus dem das regional-zertifizierte Brot "100% BERN" entsteht. "Höchste Qualität reicht nicht aus. Wir müssen die Konsumenten für unsere Produkte begeistern", so Berger. Um ein solches Projekt zu stemmen, brauche es eine koordinierte Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette.
Heute werde ein Praxisbeispiel gezeigt, wie in der ganzen Kette Mehrwerte geschaffen werden könnten, sagte auch Hans Jörg Rüegsegger, Präsident des Berner Bauernverbandes, diese Woche auf dem Betrieb Schneeberger und Berger anlässlich einer Medienkonferenz zum Brot-Label.
Berger liefert das Getreide an die Mühle Burgholz in Oey-Diemtigen. "Wenn man sich nur auf den Preis konzentriert, hat man schon verloren", sagt deren Geschäftsführer Diego Della Ca. Mit 100% Bern hätten es die Beteiligten geschafft, aus einem austauschbaren Produkt ein Produkt mit Mehrwert und Emotionalität zu schaffen. Damit hinter dem Label nicht ein leeres Versprechen steht, ist zusammen mit der Zertifizierungsstelle Procert ein Reglement entwickelt worden. Procert kontrolliert zudem, dass sämtliches verarbeitetes Getreide tatsächlich aus dem Kanton Bern stammt. Aus den jährlich rund 6'000 Tonnen verarbeiteten Weizen wird 5'000 Tonnen Berner Mehl.
100% Schweizer Schwein in Planung
Ab Frühling 2019 will der Betrieb Schneeberger und Berger auf 100% Schweizer Schweine setzen. Dabei wird auf Soja verzichtet, Eiweissträger ist heimisches Rapskuchenmehl. Wie das Fleisch vermarktet wird sei noch offen, erklärte Urs Berger.

Erfolg bei den Städtern
Daraus Brot bäckt unter anderem die Bäckerei Reinhard, die in der Stadt Bern mehrere Läden betreibt. Das mit Erfolg, wurde doch das "Houdäge-Brot" kürzlich am Salon Goûts et Terroirs in Bulle mit Gold ausgezeichnet und ist bei der städtischen Kundschaft sehr begehrt. Inhaber Alexander Reinhard sprach von einem Missverständnis, wenn Produzenten oder Verarbeiter dächten, der Kunde sei einfach der nächste in der Kette. Der Kunde sei nämlich stets die Endkonsumentin und der Endkonsument. Nur so könne man die Wertschöpfungskette den Käuferinnen und Käufern näherbringen und daraus eine Geschichte machen. "Ich wünschte mir, dass die Landwirtschaft eine höhere Präsenz beim Endkunden hätte", so Reinhards Appell.
Die Präsenz beim Endkunden ist für Urs Berger selbstverständlich. Nicht nur ist sein Betrieb direkt am Stadtrand, er sucht auch selbst das Gespräch. Kürzlich habe er bei Reinhard ein Houdäge-Brot gekauft. Der Kunden neben ihm habe gesagt, das koste aber auch noch viel. "Nein, das kostet nicht viel", habe er diesem erwidert. "Ich habe mit dem regional produzierten Brot einen Mehrwert". Daraus habe sich ein längeres Gespräch entwickelt mit dem Ende, dass auch der zunächst preis-kritische Kunde ein Houdäge kaufte.
"Produkte unersetzlich machen"
Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbandes (SBV), ging an der Medienkonferenz auf die Problematik ein, dass ein immer kleinerer Anteil am Konsumentenfranken bei den Bäuerinnen und Bauern landet. Seinen Aussagen zufolge machen die Rohstoffkosten im Schnitt noch 30 Prozent des Konsumentenpreises aus. Die Gründe dafür seien vielfältig und teils auch begründet, so Ritter. Eine Ursache ist der stärkere Verarbeitungsgrad der Produkte, wie etwa geschnittener und gewaschener Salat.
Eine grosse Herausforderung sieht Ritter bei austauschbaren Produkten wie Milch oder Getreide. "Wir müssen die Produkte der Schweizer Landwirtschaft unersetzlich machen und so ihre Austauschbarkeit minimieren", sagt Nationalrat Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbandes. Genau an diesem Punkt setze 100% Bern an. Wer 100% Bern bieten wolle, müsse 100% auf Bern setzen und 100% Berner Rohstoffe kaufen. Das Projekt habe damit zusammen mit anderen Projekten wie dem "Bündner Buurechalb" Modelcharakter.
Ein zweiter Schritt, der getan werden müsse, sei die Konsumenten für diese Angebote zu begeistern, so Ritter. "Dass die Bauern dabei einen fairen Preis erhalten, ist ein Mehrwert, der sich gut als Verkaufsargument eignet." Umfragen zeigten, dass das Bewusstsein für faire Preise bei der Bevölkerung da sei. "Wir müssen es besser nutzen", so Ritter.
