In der Schweiz sind medizinisch nicht notwendige Eingriffe, sogenannt zootechnischen, wie Enthornung oder Kastration nur unter Anästhesie erlaubt. "Gegenüber der EU haben wir die deutlich bessere Gesetzgebung zugunsten der Nutztiere", stellt Prof. Adrian Steiner, Leiter der Nutztierklinik an der Vetsuisse-Fakultät der Uni Bern, fest. Dasselbe gilt auch im Vergleich mit den USA, wo Regeln zu zootechnischen Eingriffen kaum existent sind.
Delegation an Halter
Einzigartig in der Schweiz ist zudem, dass Eingriffe an die Tierhalter delegiert werden können, nachdem diese entsprechende Kurse absolviert haben. In diesem Bereich gibt es aber Möglichkeiten zur Verbesserung, wie eine von Steiner durchgeführte Umfrage unter den Schweizer Nutztierärzten zeigt. Bei der Enthornung sind die Tierärzte zwar hauptsächlich der Meinung, dass die Bauern diese korrekt vornehmen und zeigen sich dementsprechend auch einverstanden damit, dass diese den Eingriff selbst vornehmen können. Anders bei der Kastration von Lämmern: Viele Tierärzte gehen davon aus, dass in ihrem Einzugsgebiet Lämmer nach wie vor ohne Anästhesie kastriert werden. Laut Adrian Steiner gilt dasselbe Problem auch für die Kupierung der Schwänze beim Lamm. Ein Grund dafür sieht Steiner in der verbreiteten Hobbyhaltung von Schafen. Während etwa Rinder praktisch nur von Profis gehalten werden, sind Schafhalter oft nebenbei noch zu hundert Prozent berufstätig. Er ist deshalb der Meinung, dass die Schafhalter oft gar nicht wissen, dass sich strafbar machen, wenn sie solche Eingriffe ohne Anästhesie vornehmen. Um die Situation zu verbessern, hält er deshalb eine verbesserte Information sämtlicher Schafhalter für nötig.
Erfolgreiche Mutterkühe
Urs Vogt, Geschäftsführer von Mutterkuh Schweiz, stellte an der Tagung die Erfolgsgeschichte der Mutterkuhhaltung und deren Vorteile in Bezug auf das Tierwohl vor. Seit Jahren nimmt der Absatz der Produkte zu. Auch das Kalbfleisch, seit 2008 unter dem Namen Natura-Veal im Verkauf, läuft gut. Und dies entgegen dem Vorurteil, dass Konsumenten weisses Kalbfleisch wollen. Denn aufgrund der Weidehaltung und der entsprechenden Nahrung ist das Fleisch rötlich oder kalbsrot, wie Urs Vogt es nennt. "Wenn das Fleisch gut ist, spielt die Farbe keine Rolle", ist Vogt denn auch überzeugt. Einzig im Gastrosektor ortet er noch Skepsis gegenüber rötlichem Kalbfleisch. Dort wäre ein Umdenken angebracht, denn künftig wird aufgrund neuer Fütterungsvorschriften sämtliches Schweizer Kalbfleisch rötlicher sein.
"Nur wenn die gesamte Schweiz Bio ist, sind wir zufrieden", erklärte Daniel Bärtschi, Geschäftsführer von Bio Suisse, die ehrgeizigen Verbandsziele. Er stellte zudem klar, dass sich auch die Biobauern nicht auf den Lorbeeren ausruhen dürfen, sondern stetig weiter entwickeln müssen. Unter anderem steht Bio Suisse in finalen Verhandlungen mit dem STS um Tiertransportkontrollen.
Optimistisch für die Zukunft zeigte sich STS-Geschäftsführer Hansuli Huber. "Im Unterschied zu früher haben wir eine Top-Ausgangslage und können aus den negativen Erfahrungen von früher lernen", so Huber. Er forderte zudem auf, sich nicht durch die globale Intensivproduktion beirren zu lassen und zeigte sich überzeugt, dass diese nicht die Zukunft sein wird.
