

Von Helena Barth
Regionale Produkte und gesunde Ernährung sind heute im Trend. Das nützt auch dem Tourismus. Murten Tourismus hat diese Gelegenheit am Schopf ergriffen und das touristische Angebot erweitert, indem Gewächshausbesichtigungen angeboten werden. Zusammen mit dem Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) und der Migros soll sich der Gemüsetourismus in Kerzers und im Grossen Moos entwickeln, wie Stephane Moret, Geschäftsführer von Murten Tourismus, sagt. Am Beispiel des Südtirols, wo der Wein- und Obsttourismus erfolgreich ist, möchte die Region Murten neue Akzente setzen.
Der vor 26 Jahren entstandene Gemüsepfad lockt zwischen Mai und Mitte Oktober bereits zahlreiche Besucher ins Grosse Moos, das eine der grössten Gemüseregionen der Schweiz ist. Neu soll die Besichtigung eines Gewächshauses den Ausflug abrunden.
Besichtigung eines Gewächshauses den Ausflug abrunden
Heute sei die Landwirtschaft trendiger denn je, sagt Gemüseproduzent Pascal Gutknecht, der vermehrt Anfragen von Besuchern erhielt, ob man seinen Betrieb besichtigen könne. "Das Ziel ist es, langfristig die regionale Produktion zu fördern, die Kunden zu sensibilisieren regionale Produkte einzukaufen und die Nähe zum Produzenten zu vermitteln", sagt Pascal Gutknecht zum neuen Gewächshausangebot.
Selbst geerntet schmeckt am besten
In einem Gewächshaus können die idealen Bedingungen für ein bestmögliches Gemüsewachstum geschaffen werden. Die Temperatur, das Substrat, die Wasser- und Nährstoffzufuhr, die Sortenwahl und die Anzahl der Sonnenlichtstunden beeinflussen das Endprodukt. Alles beginnt mit der Bestäubung der Pflanzen durch Hummeln im Januar. Von April bis Ende November kann das Gemüse anschliessend geerntet werden. Dazu gehören bei Gutknecht 16 verschiedene Sorten Tomaten, von kleinen Rispentomaten bis hin zu grossen Fleischtomaten, drei Arten Auberginen, diverse Paprika- und Gurkensorten.
Im Unterschied zum Freiland wachsen die Pflanzen in Gutknechts Gewächshaus nicht in der Erde, sondern in einem Substrat aus Kokosfasern. Alles weitere wird den Pflanzen automatisch zugeführt. Bis auf das Sonnenlicht, das nicht reguliert werden kann. Bei zu wenig Sonneneinstrahlung kann es in der Produktion zu Verzögerungen von mehreren Wochen kommen. Pascal Gutknecht betont denn auch, dass die Automatik kein Ersatz für die menschliche Kontrolle sei und nach wie vor natürliche Schwankungen vorkämen.
Alternative Gemüse- und Obstverarbeitung
In den Sommermonaten kann es zu einer gewissen Überproduktion an Gemüse und Obst kommen. Anstatt die Produkte verkommen zu lassen, gibt es alternative Verarbeitungsmethoden, um möglichst alles zu nutzen und das gesamte Jahr hindurch zu geniessen. Das Beispiel der Gewächshausproduktion des Gutknecht-Hofs verfolgt das Ziel, ökologisch sauber zu sein und möglichst wenig Abfall zu verursachen. Reifes, abgefallenes Gemüse wird gesammelt und sofort im Hofladen verkauft, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Für eine Lösung der Gemüseüberproduktion im Sommer hat sich Pascal Gutknecht mit Anbietern aus der Region zusammengetan und verarbeitet einen Teil des Sommergemüses in Saucen oder Suppen.
Bei der Führung im Gewächshaus kann der Besucher selbst das Gemüse ernten und sogleich kosten. Die Degustation sei ein besonders wichtiger Teil der Führung, so Gutknecht. Besonders Kinder und Schüler sollen während des Verzehrs auch die moderne Gemüseproduktion kennenlernen. "Der Geschmack steht im Vordergrund und die Besucher sollen das Gefühl von frischen Produkten erhalten", erklärt Gutknecht. Sie lernen wie die Gemüsesorten an der Pflanze wachsen und schlussendlich im Geschäft auf der Gemüsetheke zu finden sind. Auch Lehrlingsbetriebe und Hauswirtschaftsschulen kommen mit ihren die Schülern. Sie lernen woher die Produkte kommen, die sie zum Kochen benötigen.
Im Sommer ist die Gemüsehauptsaison für den Betrieb Gutknecht. Im eigenen Hofladen können die frisch geernteten Produkte gekauft werden. Die Kunden schätzen die Nähe und die Qualität der Produkte. "Unsere Kunden sagen uns, dass die Tomaten vom Grossverteiler keinen Geschmack mehr haben und unsere Tomaten die besten sind", sagt Gutknecht. Die Transportdauer ist entscheidend, denn Gutknechts liefern auch an Grossverteiler. Der Zuckergehalt in der Frucht wird aufgrund der tiefen Temperaturen beim Transport verändert und somit auch der Geschmack. Beim nächsten Einkauf im Hofladen lohnt es sich, eine zusätzliche Gewächshausbesichtigung einzuplanen und mehr über den Anbau zu erfahren.
Agrotourismus in der Schweiz
Agrotourismus ist in Ländern wie Italien, Deutschland und Österreich etabliert und verzeichnet in Gegenden wie dem Südtirol und Bayern grossen Umsatz. Auch in der Schweiz wächst die Branche und hat in den vergangen Jahren an Bedeutung gewonnen. Die Angebote reichen von Urlaub auf dem Bauernhof und Gästebewirtung bis hin zu unterschiedlichen Events und Attraktionen auf dem Hof. Ein wichtiges Gästesegment für den Agrotourismus sind Familien mit Kindern, die Urlaub auf dem Bauernhof erleben wollen.