Fredy Zwimpfer hat derzeit beide Hände voll zu tun. Denn mit der Ernte hat für den Obstproduzenten aus dem luzernischen Oberkirch die arbeitsintensivste Zeit des Jahres begonnen. Tausende Apfelbäume stehen auf knapp fünf Hektaren feinsäuberlich geordnet in Reih und Glied, vor Hagel geschützt durch ein Netz. Die ersten Elstar- und Gala-Äpfel sind bereits gepflückt. „Die Qualität ist hervorragend”, schwärmt Zwimpfer. Die Äpfel seien zwar etwas kleiner, dafür süsser als im Vorjahr. Rund zwei Wochen später habe heuer die Ernte begonnen, die spätreifen Braeburn werde er voraussichtlich erst Anfang November pflücken, so Zwimpfer. Herausfordernd war in diesem Jahr der Pflanzenschutz. Aufgrund des nassen Frühjahrs sei der Schädlings- und Krankheitsdruck besonders gross gewesen, erklärt Zwimpfer. Doch ein Blick in die Obstanlage zeigt: Der Obstproduzent hatte die Schädlinge im Griff, lauter makelloser Äpfel hängen an den Bäumen.
Überschüssige Tafeläpfel drücken auf Preise
Insgesamt erwarten die Schweizer Obstbauern 133‘000 Tonnen Tafeläpfel. Das entspräche einem Minus von zehn Prozent gegenüber einem durchschnittlichen Jahr. Was auf den ersten Blick nach einem schlechten Ernte-Jahr aussieht, entpuppt sich als Segen für die Obstproduzenten. Denn seit Jahren produzieren sie im Durchschnitt mehr Tafeläpfel, als der Markt aufnehmen kann. Dies, obwohl die Anbaufläche in den letzten Jahren gar leicht reduziert wurde. Dass dennoch im Schnitt zu viel produziert wird, hat mit dem Fortschritt im Obstbau zu tun. Neue, ertragreichere Sorten, effizienterer Pflanzenschutz, besserer Dünger und Netze, welche die Äpfel vor Hagel schützen: Als Folge stieg der Flächenertrag stetig an. Mit anderen Worten: Auf der gleichen Fläche wachsen immer mehr Äpfel. Erntemengen aus Apfelkulturen sind denn auch in den letzten Jahren stetig angestiegen, während die Nachfrage stabil blieb.
Aufgrund des Überangebotes sind die Produzentenpreise etwas gesunken in den letzten Jahren. Diejenigen Äpfel, die sich nicht als Tafeläpfel absetzen lassen, werden zu Saft verarbeitet. Für die Obstbauern ein wenig lukratives Geschäft: Denn Tafeläpfel sind arbeitsintensiv und aufwendig zu produzieren, die Vermarktung als Mostäpfel ist bestenfalls kostendeckend.
Äpfel – die beliebtesten Früchte
Rund 15 kg Äpfel isst jeder Schweizer durchschnittlich pro Jahr. Damit sind Äpfel das beliebteste Obst. An der Spitze der Sortenhitparade liegt Gala, gefolgt von Golden Delicious, Braeburn und Jonagold. Tafeläpfel werden fast ausschliesslich in Niederstamm-Anlagen produziert, während Mostobst grossmehrheitlich auf Hochstammbäumen wächst. Der Selbstversorgungsgrad bei Äpfeln liegt bei rund 95 Prozent.
Verkäufe steigern oder Anbaufläche reduzieren
Wie lässt sich das Angebot der Nachfrage anpassen? Laut dem Schweizer Obstverband gibt es drei Möglichkeiten: Erstens, den Export ausbauen. Derzeit werden im Durchschnitt lediglich 1‘600 Tonnen Schweizer Tafeläpfel pro Jahr im Ausland abgesetzt. Zweitens, den Absatz im Inland fördern. Der Pro-Kopf-Konsum hat in den letzten zwei Jahrzehnten leicht abgenommen und liegt derzeit bei rund 15 kg. Insbesondere bei jüngeren Personen bestünde noch Steigerungspotenzial. Diese essen deutlich weniger Äpfel als Menschen, die 45 Jahre und älter sind. Massnahmen, die auf eine Erhöhung des Konsums abzielen, erfordern Investitionen ins Marketing, Wirkung entfalten sie eher mittel- als kurzfristig. Schneller wirksam wäre eine dritte Option, die Reduktion der Anbaufläche. Rund 400 Hektaren müssten verschwinden, was rund 10 Prozent der Anbaufläche entspricht. Dem Obstverband sind diesbezüglich allerdings die Hände gebunden. Eine Reduktion liesse sich nur umsetzen, wenn sich alle Obstproduzenten solidarisch zeigen.
Äpfel selber vermarkten
Auch Fredy Zwimpfer war unglücklich über die Entwicklung der Produzentenpreise. Er ging deshalb über die Bücher, liess Kühllager auf seinem Betrieb bauen und nahm den Verkauf seiner Äpfel selbst in die Hand. Heute beliefert er nicht mehr den Grosshandel, sondern Läden im Raum Sursee, die nahe bei seinem Betrieb gelegen sind. Das sei lukrativer, so Zwimpfer. Mit seinem Geschäftsmodell liegt der Obstbauer voll im Trend: „Konsumenten suchen immer mehr die Nähe zum Produzenten”, erklärt Zwimpfer.
