Die Schneeglöckchen blühen schon und bald erwachen auch die Wiesen aus dem Winterschlaf. Loipen, Schlittelhänge und Schneeballschlachtfelder werden dann wieder zum Fressplatz für Milchkühe. Das Fressen kann ziemlich unappetitlich werden, wenn das Land im Winter zur Abfalldeponie verkommen ist. Und wenn die Wiesen und Äcker den Sommer über mit einer Hundetoilette verwechselt werden, wird es definitiv problematisch, dass Landwirtschaftsland gleichzeitig Naherholungsgebiet ist. Denn Metallstücke oder PET-Flaschen können in Kuhmägen gelangen und im schlimmsten Fall zum Tode des Tieres führen. Liegen gelassene Holzprügel können Maschinen beschädigen und Hundekot macht das Gras ungeniessbar.
Ob Hundekot auch für Aborte – Fehlgeburten - verantwortlich ist, ist wissenschaftlich nicht gesichert. Zwar wird ein Viertel der Aborte durch den Erreger Neospora caninum verursacht und Hunde sind der Wirt dieses Erregers. Jedoch werden nur zehn Prozent der Neospora-Fälle vom Hund verursacht, wie Studien von Bruno Gottstein, Professor für Parasitologie an der Universität Bern, zeigen. Viel häufiger wird der Erreger von der Kuh direkt auf den Fötus übertragen (siehe Kasten).
Unverständnis schmerzt
Aber auch wenn der Zusammenhang zwischen Aborten und Hundekot in den Wiesen nicht bewiesen ist, die braunen Häufchen beeinträchtigen die Futterqualität, sind unappetitlich und haben in Wiesen nichts verloren. Die Achtlosigkeit von Spaziergängern und Hundehaltern macht Bäuerinnen und Bauern wütend. Zum Clinch zwischen Hundehaltern und Bauern kommt es am häufigsten in Gebieten, die bei vielen Hundehaltern beliebt sind. "Eine Minderheit von Hundehaltern bringt kein Verständnis für die Bauern auf", stellt der Stäfner Polizeisekretär Ruedi Haug fest. Und das schmerzt die Bauern oft noch mehr als materielle Schäden, obwohl diese im Einzelfall beträchtlich sein können.
Stäfa und die umliegenden Gemeinden haben die Hundehalter schon einzeln angeschrieben und beim Verkauf der Hundemarken geben sie ein Merkblatt ab. Die Zahl der Uneinsichtigen hat laut Haug deshalb nicht abgenommen. Auf Tafeln "Dankeschön für saubere Wiesen" verzichtet die Gemeinde. "Je mehr Tafeln aufgestellt werden, umso weniger werden sie beachtet", findet der Polizeisekretär.
Die Tafeln, herausgegeben vom Landwirtschaftlichen Informationsdienst (LID), sind aber ein Verkaufsschlager. Rund 1,300 Bauern und 200 Gemeinden haben in den letzten fünf Jahren über 7,000 Stück davon bestellt. "Wir haben letztes Jahr an verschiedenen Flurwegen Tafeln aufgestellt, weil sie kurz und knapp die wesentlichen Zusammenhänge aufzeigen", sagt Daniel Roos, Bauverwalter in Berikon AG. Konkrete Konflikte zwischen Hundehaltern und Bauern gab es nicht und Reaktionen auf die Aktion auch nicht, auch keine negativen. Das Bemühen um umweltgerechte Abfallentsorgung war ausschlaggebend.
Hunde als Hauptwirt
mo. Dass Kühe ein Kalb während der Trächtigkeit verlieren, ist bis zu einem gewissen Mass normal. Ist die Abortrate jedoch höher als zehn Prozent, können Viren, Bakterien, Schwermetalle oder einzellige Kleinstlebewesen die Ursache sein. Beim Rind verursacht der Erreger Neospora caninum die grössten Schäden: Er ist laut der Zeitung "Schweizer Bauer" für ein Viertel der Aborte verantwortlich. Entweder wird der Fötus von der Mutter angesteckt und bleibt lebenslang Träger oder die Kuh wird über kotverschmutztes Futter infiziert.
Die Hunde geraten unter Verdacht, weil Neospora caninum sich in ihrem Körper vermehrt. Die Hunde sind Hauptwirte des Erregers, werden selber aber fast nie krank. Bis jetzt konnte in der Schweiz aber noch in keinem Fall nachgewiesen werden, dass Hunde den Erreger ausscheiden. Eine Ansteckung über Hundekot kann aber auch nicht ausgeschlossen werden.
Nach heutigem Wissenstand haben es Bauern zum Teil selber in die Hand, den Zyklus zu unterbrechen. Kühe, die mehrfach verworfen haben, können auf Neospora untersucht und sollten bei positivem Befund geschlachtet werden. Ausserdem sollte die Nachgeburt sofort im Kadaverkübel entsorgt werden um zu vermeiden, dass Hofhunde oder Füchse davon Fressen und sich infizieren.
Nur teilweise spricht das Recht Klartext
"Im Aargau stehen relativ viele Tafeln", meint Ralf Bucher, Geschäftsführer des Bauernverbandes Aargau. Er nimmt an, dass diese etwas bringen, sonst gäbe es negative Rückmeldungen. Nicht alle Gemeinden fühlen sich aber für die Sauberkeit der Wiesen mitverantwortlich. Eine Aargauer Bäuerin aus einer Gemeinde nahe bei Zürich ist in ihrem Wohnort bis jetzt trotz mehrerer Vorstösse auf taube Ohren gestossen. Eine rechtliche Basis für ein Engagement ist nicht gegeben. Die kantonale Hundeverordnung regelt vor allem die Registrierung und den Kauf der Hundemarken. Sie verpflichtet die Hundehalter nur ganz allgemein, ihre Tiere genau zu beaufsichtigen.
Anders im Kanton Luzern. "Hunde sind so zu halten, dass sie keine Gehwege, Trottoirs, Parkanlagen, fremde Gärten oder landwirtschaftliche Kulturen verunreinigen", heisst es in der Hundeverordnung. Bäuerinnen und Bauern können uneinsichtige Hundehalter verzeigen. Auf dem Tisch des Surseer Amtsstatthalters André Graf landen jährlich einige Verzeigungen. Im Jahr 2001 bezifferte er die Zahl auf rund fünfzehn pro Jahr. Aktuell seien es eher weniger, meint er auf Anfrage. Eine Statistik gibt es aber nicht, dafür sind die Fälle zu unbedeutend.
Für den Stäfner Polizeisekretär Haug sind polizeiliche Kontrollen in Naherholungsgebieten denkbar. "Bis jetzt haben wir aber bewusst darauf verzichtet", erklärt er. Wenn sich die Situation nicht verbessere, wäre das aber eine Überlegung Wert. Aber es dürfte schwierig sein, die notwendigen Polizistinnen und Polizisten dann aufzubieten, wenn die Situation am schlimmsten ist: an Wochenenden.