
Doch vorerst muss die Zukunft warten. Jetzt ist Krisenmanagement bei der Emmentaler Schweiz angesagt. Der Emmentaler ist von der Frankenstärke stark getroffen, denn 2013 wurde rund 2,2 Mal mehr Schweizer Emmentaler AOP im Ausland verkauft als im Inland.
Schnelle Reaktion auf den Euro
Als erste Massnahme in Reaktion auf den Euro beschloss der Vorstand, die auf dem Markt verfügbare Menge zu reduzieren. Die Produktionsfreigabe für Januar und Februar ist von 67 Prozent der Basis-Menge auf 63 Prozent gefallen.
In einem zweiten Schritt, einigte sich der Vorstand der ES am 28. Januar 2015, einen Währungsfonds für die Exportunterstützung zu äufnen. Insgesamt müsse ein zirka 20-prozentiger Preisaufschlag kompensiert werden, sagt Heinz Wälti, Präsident der ES. Klar sei, dass der Handel die Preise in der Europäischen Union markant anheben müsse. Weiter habe sich der Vorstand darauf geeinigt, das 50 Rappen pro Kilo Käse für den Fonds her müssen. Diesen Teil tragen die Bauern und Käser. Am Ende des Monats, können die Exporteure ihre verkaufte Menge anmelden. Die währungsbedingten Verluste können dann aus dem Fonds teilweise ausgeglichen werden. Die restliche Diskrepanz wird von allen drei Familien der ES, also den Bauern, Käsern und dem Handel getragen.
Für Wälti ist klar, dass der Fonds eine temporäre Lösung darstellt. Wie sich der Markt in den kommenden Monaten entwickelt, geschweige denn im Jahr 2015, ist fast unmöglich vorherzusagen. Für Wälti wäre es daher ein Fehler, vorschnelle oder zu frühe Entscheidungen zu fällen.
Die Milchbranche wagte am 29. Januar eine Prognose des Verlustes an Wertschöpfung durch den teuren Franken: Sie erwarten mit dem aktuellen Kurs Verluste für die Milch- und Käsebranche in der Höhe von 100 bis 150 Millionen Franken (hochgerechnet auf ein Jahr).
Klares Ja zur Mengensteuerung
Trotz unerwarteten Komplikationen, dürfen die Pläne für eine langfristig stabile Zukunft des Emmentalers nicht aufs Eis gelegt werden. Dafür fand eine ausserordentliche Delegiertenversammlung am 23. Januar 2015 statt.
Der Vorstand der ES hatte zu diesem Zweck zwei Statutenänderungen vorbereitet. Einerseits soll die Produktion von Emmentaler weiterhin durch eine Mengensteuerung bestimmt werden. Diese soll auch nach Ablauf der staatlich verordneten Allgemeingültigkeit Ende Juni 2015 auf privatrechtlicher Basis weiter geführt werden.
Koordiniertes Handeln bringt Stabilität
Als zweiter Vorschlag soll der Branche ein neues Werkzeug in die Hände gelegt werden: der standardisierte Käsekaufvertrag (KKV). Dieser sieht es vor, eine Preisstabilität zu schaffen, ohne die individuelle Verhandlungsfreiheit der Vertragspartien zu sehr einzuschränken. Hierfür wird ein Richtpreis vom ES vorgegeben, anhand welchem Käufer und Verkäufer ihren Basis-Preis bestimmen können. Ist der Basis-Preis erstmals abgemacht, gilt er für ein Jahr sofern keine Richtpreisänderung stattfindet. In den Statuten hält sich die ES ausserdem eine Ausschlussmöglichkeit für Mitglieder vor, die den KKV bis Ende 2015 nicht unterschrieben haben.
Die Statutenänderungen wurden mit einem grossen Mehr der Delegierten durchgewunken. Für vereinzelte Teilnehmer kam die hohe Akzeptanz überraschend, es zeichnete sich jedoch eine allgemeine Erleichterung im Saal ab.
Hallo, ich bin die Michelle!
Der Wunsch nach Stabilität bedeutet für den Präsidenten der ES, Heinz Wälti, noch lange nicht, dass alles wie gehabt weiter gehe. Denn nur indem Veränderungen gewagt werden, könne sich das Blatt zum Guten wenden. Und wenn es um das Marketing des Emmentalers geht, gibt Wälti frei zu, dass dort noch viel mehr gemacht werden müsse, als bisher.
Bühne frei für Stefan Gasser, Direktor der ES, der die neue Marketingkampagne mit viel Schwung präsentierte. Grossverteiler in Deutschland und Italien durften sich bereits einer Videobotschaft von Michelle Hunziker erfreuen, welche mit viel Überzeugung die Vorzüge des Schweizer Emmentaler AOP anwarb. Laut Gasser seien sehr viele positive Reaktionen gekommen und die Grossverteiler zeigten Interesse daran, den Emmentaler AOP zu listen. Die Kampagne sieht vor allem eine "Point-of-Sale" - Strategie vor. Darin werden die Produkte und Werbebotschaften strategisch in den Läden platziert.
Der Beginn der Werbekampagne in den Läden ist für Ende April 2015 angesetzt. Ab dann strahlt Michelle Hunzikers Gesicht auf kleinen Fähnchen direkt aus der Käsetheke und lädt den italienischen und deutschen Ladenbummler dazu ein, für den originalen Schweizer Emmentaler AOP den Geldbeutel zu zücken.
Wieso eine privatrechtliche Mengensteuerung?
Mit der Mengensteuerung will die ES eine Überproduktion und den daraus resultierenden Preiszerfall vermeiden. Jährlich erhalten Käsereien eine zugelassene Basismenge. Je nach Marktlage, kann diese von Monat zu Monat angepasst werden.
Die Geschichte der Mengensteuerung hat viel Höhen und Tiefen. Die Branche hatte in der Vergangenheit vor allem Schwierigkeiten, die Interessen der Bauern, der Käser und des Handels unter einen Hut zu bringen. Seit der Auflösung der Exportsubventionen des Emmentalers zu Zeiten der Käseunion (1999), wurde die Idee einer Kontingentierung immer wieder von der ES aufgenommen und wieder verworfen. 2012 ist sie wieder in Kraft getreten und kann sich seit 2013 der Unterstützung des Bundes erfreuen. Dieser erklärte die Mengensteuerung als Allgemeinverbindlich, wonach alle Produzenten des Schweizer Emmentalers AOP die Mengenvorgaben der Sortenorganisation Emmentaler Schweiz respektieren müssen. Somit wurde das Problem vorläufig gelöst, dass Produzenten, die sich nicht an die Mengensteuerung halten wollten, einfach aus der ES austraten.
Die Allgemeinverbindliche Mengensteuerung läuft nun Ende Juni 2015 ab. Dank dem Entscheid an der Delegiertenversammlung des 23. Januars 2015, wird diese nun privatrechtlich weitergeführt.