Trotz erheblicher Produktivitätsfortschritte ist die Landwirtschaft in der EU im Vergleich zur Industrie und zum Dienstleistungssektor noch immer durch eine erheblich höhere Arbeitszeit gekennzeichnet. Wie eine in allen Mitgliedstaaten durchgeführte Erhebung über Arbeitskräfte ergab, brachten es die Erwerbstätigen in der Landwirtschaft 1997 im EU-Mittel auf durchschnittlich 44,8 tatsächlich geleistete Arbeitsstunden pro Woche. Die Industrie kam nach Angaben des Statistischen Amtes der EU (Eurostat) auf wöchentlich 39,7 Arbeitsstunden, also rund 5 Stunden weniger, wie die nachrichtenagentur Agra-Europe (AgE) mitteilt. Der Dienstleistungssektor bildete das Schlusslicht mit 36,8 Stunden.
In der Schweiz sieht dieses Verhältnis ein wenig anders aus. Zwar arbeiten auch hier die Landwirte mit 43,6 wöchentlichen Arbeitsstunden am meisten, der Unterschied zur Industrie mit 41,7 Stunden und zum Dienstleistungssektor mit 42 Stunden ist allerdings nicht so markant wie in der EU.
Viele Selbständige in der Landwirtschaft
Die höhere Arbeitsbelastung in der Landwirtschaft gegenüber der Industrie und dem Dienstleistungssektor basiert unter anderem auf dem relativ hohen Anteil an Selbständigen im Agrarbereich. Während der Anteil der Selbständigen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft in der EU über 53 Prozent beträgt, sind es in der Industrie nur 11 % und im tertiären Bereich knapp 14 %. Selbständige leisten aber generell mehr Arbeitsstunden als angestellte Erwerbstätige.
Für die einzelnen Mitgliedsländer zeigt sich bei der Anzahl der Selbständigen in der Landwirtschaft ein sehr heterogenes Bild. Ihr Anteil an den insgesamt im Agrarsektor Beschäftigten schwankte 1997 zwischen gut 79 % in Portugal und lediglich 31 % in Deutschland. Einen vergleichsweise hohen Selbständigenanteil in der Landwirtschaft weisen neben Portugal noch Irland, Finnland, Belgien und Österreich auf. Entsprechend niedrig ist in diesen Ländern der Anteil der Arbeitnehmer in der Landwirtschaft, der in Deutschland im Berichtsjahr in Deutschland mit 53 % am höchsten war.
Grosse Unterschiede von Land zu Land
Auch bei den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden pro Woche weist die Landwirtschaft in den einzelnen Mitgliedsländern sehr grosse Unterschiede auf. Spitzenreiter bei dieser Rangliste ist Irland mit durchschnittlich 57,1 Stunden, vor Belgien mit 54,7 Stunden. Dagegen arbeiteten die Erwerbstätigen in der Landwirtschaft Portugals 1997 im Mittel nur 39,4 Stunden pro Woche. Die anderen "Südländer" der EU verzeichnen ebenfalls eine relativ niedrige Wochenarbeitszeit. Im Berichtsjahr waren es in Italien 41,5 Stunden und in Griechenland 41,7 Stunden. Die Schweizer Landwirte liegen mit 43,6 Stunden unter dem EU-Mittel, zwischen Schweden mit 42,4 Stunden und Dänemark mit 44,6 Stunden.
Quelle: AgE, Bundesamt für Statistik (BFS) |