LID. Nach dem Scheitern der Welthandelskonferenz in Seattle hat EU-Handelskommissar Pascal Lamy die USA scharf angegriffen. Die USA habe keine Konzessionen gemacht, sagte der aus Frankreich stammende Kommissar in Brüssel vor den Medien. Der Konferenztermin zu Beginn des US-amerikanischen Präsidentenwahlkampfes sei falsch gewählt worden, beklagte Lamy.
Bundesrat Pascal Couchepin sagte in Bern, er glaube nicht, dass die gastgebenden USA den Misserfolg gesucht hätten. Die USA als Agrarexportland gehörten zusammen mit den ärmsten Ländern, mit den Nichtregierungsorganisationen und der Internationalen Arbeitsorganisation zu den Verlierern. Es sei offen, ob auf der Basis der in Seattle vorgestellten Papiere weitergefahren werde oder ob man bei Null beginnen müsse. Für die Schweiz sei wichtig, dass sie ihre Agrarpolitik im bisherigen Stil weiterführen könne. Nicht die WTO sei gescheitert, sondern eine schlecht vorbereitete Konferenz.
Wichtigste Streitpunkte waren in Seattle bis zuletzt die Agrarsubventionen, die Verknüpfung von Handel und Sozialstandards und das Themenspektrum der nächsten Freihandelsrunde. Die EU weigerte sich, einen Kompromiss zur Landwirtschaft unter Dach und Fach zu bringen, weil die USA keine detaillierten Vorschläge zu anderen Themen wie Investitionen und Umweltschutz auf den Tisch legten.
Die Entwicklungsländer wiederum waren nicht bereit, Gespräche über Sozialstandards und Arbeitnehmerrechte zu akzeptieren und forderten Neuverhandlungen von bereits geschlossenen Abkommen, bei denen sie sich zu kurz gekommen sahen.
Mediendienst Nr. 2443 vom 09. Dezember 1999