Regierung und Milchverband machen im Aargau in Sachen Landwirtschaft trotz der bekannten misslichen Lage der Bauernfamilien auf Optimismus. "Wir haben Trümpfe, die es geschickt auszuspielen gilt", meinte Regierungsrat Ulrich Siegrist an der Delegiertenversammlung des Aargauer Milchverbandes am vergangenen Freitag in Lenzburg. Als bedeutendste Stärken sieht Siegrist die Lage mitten in einem Gebiet mit mehr als einer halben Million Konsumenten. Die Branchenvielfalt im Kanton ergebe für die Bauern interessante Möglichkeiten für einen Nebenerwerb. Die dezentrale Wirtschaft sei eng mit der dezentralen Landwirtschaft verknüpft. Positiv auswirken dürfte sich auch das angelaufene Agrarmarketing. In den nächsten zwei Jahren wird der Milchverband dem "Gemeinsamen Marketing Aargau" (GMA) denn auch je 70’000 Fr. zur Verfügung stellen.
Milchmangelgebiet Aargau
Ins Umfeld einer erfolgreich produzierenden Aargauer Landwirtschaft gehört für Verbandsdirektor Gregor Emmenegger auch die gute Geschäftslage der Aargauer Zentralmolkerei. Der AZM-Umsatz konnte 1995/96 trotz Milchpreissenkung um 3 Mio. Fr. auf 187 Mio. Fr. gesteigert werden. Ein Anteil von über 50 Mio. Fr. wurde mit zugekauften Milchprodukten erzielt, da der Kanton Aargau ein Milchmangelgebiet ist. Gemäss dem Pro-Kopf-Verbrauch an Milch und Milchprodukten ist ein Jahresbedarf von über 200 Millionen Kilogramm erforderlich. Demgegenüber steht eine Verkehrsmilchproduktion von lediglich 171 Mio. kg Die Milchbauern müssen sich also zurzeit über eine mangelnde Nachfrage nach ihrem Produkt keine Sorgen machen.
Keine Liberalisierung ohne Kostensenkung
Reinhard Müller, Präsident des Aargauer Milchverbandes, forderte den Bundesrat auf, bis im Frühjahr eine "Lex Landwirtschaft" zu schaffen. "Diese muss die Kosten der Produktion senken", betonte Müller. Ferner müssten verschiedene Vorschriften angepasst werden, beispielsweise in der Raumplanung und in der Umwelt- und Tierschutzgesetzgebung. Die Schweizer Sondernormen seien mit den Bestimmungen in der EU zu harmonisieren. Im weiteren kritisierte Müller die von der Nationalratskommission vorgeschlagene Variante zur Bewältigung der BSE-Krise. "Damit ist das Überschussproblem im Fleischsektor überhaupt nicht gelöst." Es müssten in dieser Hinsicht andere Wege gefunden werden. Vom Bundesrat erwartet Müller zudem schärfere Massnahmen beim Fleischimport und ein energisches Durchgreifen beim Fleischschmuggel. Der Bundesrat habe es ferner in der Hand, bei den Ländern, die Schweizer Vieh boykottierten, entsprechende Gegenmassnahmen zu treffen. LID