Direktzahlungen bilden in der Schweiz seit ein paar Jahren das Hauptinstrument der Agrarpolitik. Doch bis zur Einführung und allgemeinen Akzeptanz der Direktzahlungen bedurfte es eines langen Entwicklungsprozesses und vieler Diskussionen, die in den frühen 70er Jahren ihren Anfang nahmen. Schon damals war ersichtlich, dass die Politik der Preis- und Absatzgarantien mit ihrer daraus entstandenen Überproduktion ihre Grenzen erreichen würde. Namhafte Ökonomen veranlassten 1971 den damaligen Bundesrat Ernst Brugger, eine Expertenkommission zum Studium der Frage von Direktzahlungen als Instrument der Einkommenspolitik in der Landwirtschaft einzusetzen.
1973 wurden Direktzahlungen in der Landwirtschaft noch abgelehnt
Im Frühjahr 1973 wurde ein Expertenbericht veröffentlicht, der eine Vielzahl möglicher Ausgleichszahlungssysteme vorstellte; auf den Begriff Direktzahlungen wurde darin aber bewusst verzichtet. Der Bericht stiess damals auf wenig Gegenliebe in bäuerlichen Kreisen. Die Agrarkreise profitierten in diesen Jahren immer noch von den Lorbeeren der gewonnenen Anbauschlacht in den Kriegsjahren. Deshalb sorgte die Ablehnung des von der Expertenkommission vorgelegten Konzeptes auch für wenig Reaktionen in der Bevölkerung. Die Kreise - vornehmlich Hochschul-Ökonomen, Umweltschützer oder Grossverteiler -, die sich für eine Änderung des Systems einsetzten, waren den Agrarpolitikern von Anfang an suspekt. Vor allem die Bauern in den Talgebieten wehrten sich erfolgreich gegen das "Hebammenwartgeld" aus Bern. Bei den damaligen Agrarpolitikern bestand der unerschütterliche Glaube an die Vorzüge eines stark vom Staat geprägten agrarpolitischen Umfeldes weiter. In späteren Jahren wurden zwar vereinzelt Direktzahlungen zum Beispiel in Form von Bewirtschaftungs- oder Tierhalterbeiträgen eingeführt, doch an der Agrarpolitik der Preis- und Absatzgarantien wurde festgehalten. Dadurch wurde der Strukturwandel in der Landwirtschaft in den folgenden zwei Jahrzehnten weiter gehemmt, und die Preisdifferenz zum Ausland vergrösserte sich. Ende der 80er Jahre wendete sich das Blatt dann allmählich in Richtung Entkoppelung der Einkommens- von der Preispolitik. Mit dem Ende des kalten Krieges verlor die Versorgungssicherheit als agrarpolitisches Argument zudem an Bedeutung. Die Ablehnung des Zuckerbeschlusses im Jahr 1986, die beinahe erfolgte Annahme der Kleinbauerninitiative 1989 durch das Volk sowie ein zunehmender Einkaufstourismus waren zusätzliche deutliche Signale, dass eine Agrarreform unumgänglich war. Zur endgültigen Aufweichung der bäuerlichen Haltung gegenüber den Direktzahlungen führten dann die Diskussionen im Rahmen der Uruguay-Runde des Gatt, aus denen der Abbau von Exportsubventionen, der internen Marktstützung sowie des Grenzschutzes hervorgingen.
Neue Agrarpolitik wurde 1993 eingeläutet
Gestützt auf den Bericht der 1987 von Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz eingesetzten Kommission Popp, unterbreitete der Bundesrat dem Parlament 1992 die Botschaft für die beiden Artikel 31a und 31b im Landwirtschaftsgesetz, die im Oktober 1992 vom Parlament verabschiedet wurden. In diesen beiden Artikeln ist seither die Ausrichtung der ergänzenden Direktzahlungen geregelt. Mit ihnen sollten fortan die Einkommensverluste, die aus der beschlossenen Herabsetzung der administrierten Preise resultieren, aufgefangen werden. Die Trennung von Preis- und Einkommenspolitik und mit ihr ein fundamentaler Richtungswechsel in der Schweizer Agrarpolitik waren zwanzig Jahre nach der ersten Ablehnung von Direktzahlungen im Jahre 1973 also doch noch Tatsache geworden.
Direktzahlungen gehen in Richtung mehr Ökologie
de. Gegenwärtig befinden wir uns in der Schweiz bereits in der zweiten Etappe der 1993 eingeleiteten Agrarreform. Im neuen Landwirtschaftsgesetz wurden im bisherigen Direktzahlungssystem einige entscheidende Änderungen vorgenommen. Vorausgesetzt, dass die Agrarreform AP 2002 und somit auch das neue Landwirtschaftsgesetz nicht durch die Annahme der hängigen VKMB-Initiative abgeblockt wird, werden in der Schweizer Landwirtschaft künftig zwei Hauptformen von Direktzahlungen unterschieden:
- Ergänzende, allgemeine und nicht produktgebundene Direktzahlungen mit primär einkommenspolitischer Zielsetzung zur Ergänzung einer vermehrt marktwirtschaftlich orientierten Preispolitik sowie zur Abgeltung gemeinwirtschaftlicher Leistungen.
- Direktzahlungen für besonders umweltschonende, naturnahe und tiergerechte Produktions- und Bewirtschaftungsformen. Gefördert werden ökologische Ausgleichsflächen und der biologische Landbau. Bei der Tierhaltung profitieren Bauern, welche die Voraussetzungen der Kontrollierten Freilandhaltung (KF) und der besonders tierfreundlichen Stallhaltungssysteme (BTS) erfüllen.
Im neuen Landwirtschaftsgesetz werden die allgemeinen Direktzahlungen an die Erfüllung eines ökologischen Leistungsnachweises gebunden. Dieser entspricht weitgehend den heutigen Voraussetzungen der Integrierten Produktion (IP). Dazu kommt das Kriterium der tiergerechten Haltung der Nutztiere.
Direktzahlungen machen volkswirtschaftlich Sinn
In Ökonomenkreisen herrscht Einigkeit darüber, dass Direktzahlungen volkswirtschaftlich betrachtet die optimale Lösung für eine Unterstützung der Landwirtschaft darstellen. So kommen die aus der früheren Agrarpolitik resultierenden Überschüsse und ineffizienten Kostenstrukturen eine Volkswirtschaft teurer zu stehen, als der direkte produkteunabhängige Transfer von Geldern, die als Abgeltung für von der Landwirtschaft erbrachte gemeinwirtschaftliche Leistungen betrachtet werden. Zu diesen gehören zum Beispiel der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen oder die Pflege der Kulturlandschaft. Ein Auftrag übrigens, der auch in der Verfassung so festgeschrieben ist. Die Vorteile von Direktzahlungen liegen darin, dass sich die Preise für Agrarprodukte am Markt orientieren können, dadurch im Vergleich zu den in der Vergangenheit garantierten Preisen sinken, und auf diesem Weg das Überschussproblem lösen. Tiefere Preise sorgen zudem dafür, dass weniger Anreize zur Intensivierung der Produktion bestehen. Werden die Direktzahlungen zudem an die Erfüllung bestimmter Kriterien gekoppelt, lassen sich noch höhere Ziele erreichen. U.a. deshalb wird der Bezug von Direktzahlungen in Zukunft an das Erbringen eines ökologischen Leistungsnachweises gebunden.
Entwicklung der Direktzahlungen ist unklar
Mit den Direktzahlungen sollen die Einkommensverluste, die aufgrund der tieferen Produzentenpreise entstehen, aufgefangen werden. Der Anteil der Direktzahlungen an den gesamten Ausgaben des Bundes für die Landwirtschaft stieg in den letzten Jahren deutlich an und beträgt in diesem Jahr rund 60 Prozent. Bis zum Ende der Agrarreform wird der Anteil rund zwei Drittel betragen. Die Ausgaben für Preis- und Absatzsicherung werden sich dann noch auf knapp 800 Mio. Franken oder ein Fünftel der Ausgaben belaufen. Insgesamt wurden die Direktzahlungen seit 1993 um 1 Milliarde Franken erhöht. In den letzten Jahren haben zudem nur noch die ökologischen Direktzahlungen zugenommen. Die durch tiefere Produktepreise entstandenen Einkommensausfälle - die Bauern verloren seit 1992 rund zwei Milliarden Franken - werden durch diese Direktzahlungen aber kaum vollständig abgedeckt werden können. Zusätzlich verstärkt wird der Rückgang der bäuerlichen Einnahmen noch durch ungünstige Marktverhältnisse bei Produkten ohne festgelegte Preise wie beim Schlachtvieh, sowie durch die grundsätzliche Tendenz zu tieferen bäuerlichen Einkommen. In der gegenwärtigen Wirtschaftslage ist es trotzdem eher unwahrscheinlich, dass die Direktzahlungen noch gross aufgestockt werden. Mit Anpassungen in ihren Betriebsstrukturen werden die Bauern deshalb künftig zusätzlich die Senkung der Produktionskosten anstreben müssen, um langfristig auf positive Betriebsergebnisse zu kommen. Der Strukturwandel bleibt deshalb trotz Direktzahlungen unumgänglich.