"Die Migros weigert sich, die von den Bauern dringend benötigten drei Rappen zu bezahlen. Für dieses hinterhältige und unfaire Verhalten zeigen wir der Migros die rote Karte". Mit diesen klaren Worten wandte sich Martin Haab, Co-Präsident von BIG-M, an die rund 300 Bauern vor der Migros-Zentrale am Limmatplatz mitten in Zürich. Die Milchbauern hatten zuvor einen Alpaufzug durch die Stadt veranstaltet. Grund für die Kundgebung ist der Unmut unter den Bauern über die Migros und ihre Milchverarbeiterin Elsa aus Estavayer-le-Lac. BIG-M ist der Ansicht, dass die Migros und Elsa im ausser Kontrolle geratenen Milchmarkt eine unrühmliche Hauptrolle spielen, weil sie die von der Branchenorganisation Milch (BOM) im Juni beschlossene Richtpreiserhöhung um drei Rappen pro Kilogramm Milch verweigern.
Die Migros widerspricht dem in einer Medienmitteilung: Richtpreise seien keine Fixpreise und die Elsa bezahle ohnehin schon substantiell höhere Preise als andere Milchverarbeiter. "Deshalb muss die Richtpreiserhöhung der BOM auch nicht nachvollzogen werden", führte Jürg Maurer, stellvertretender Leiter Wirtschaftspolitik der Migros, gegenüber dem Schweizer Fernsehen weiter aus.
In der Kritik steht auch die Rolle der Migros bei der BOM. So habe die Migros – als einziger Marktakteur doppelt in der BOM vertreten – der Richtpreiserhöhung zugestimmt, sehe sich selbst aber keineswegs in der Verantwortung, dies auch umzusetzen, sagte Martin Haab an der Kundgebung.
Anders sieht das wiederum Jürg Maurer in einem Interview mit dem Schweizer Bauer. Die Migros setze sich sehr wohl dafür ein, dass die Beschlüsse der BOM umgesetzt würden. Es sei eine schon vor dem BOM-Beschluss gefällte interne Entscheidung der Migros, die Verkaufspreise für Milchprodukte auch bei einer Richtpreiserhöhung stabil zu halten. Wegen des bereits überdurchschnittlich hohen Milchpreises, den die Elsa bezahle, sei deshalb der Handlungsspielraum äusserst eingeschränkt.
Höhere Margen bei der Elsa
Die Elsa verarbeitet in Estavayer die Milch vorwiegend zu Produkten mit hoher Wertschöpfung wie Joghurt, Desserts oder Trinkmilch, die direkt verkauft werden können. Dies im Gegensatz zu anderen Milchverarbeitern wie Cremo oder Emmi, welche auch Butter fabrizieren, wo die Margen tiefer sind. Die Beschränkung auf lukrativere Milchprodukte erlaubt der Elsa die Bezahlung höherer Preise. Das macht es aber für die Bauern noch schwerer verständlich, dass trotz höherer Marge die Richtpreiserhöhung nicht vollzogen wird. Migros-Mediensprecherin Monika Weibel sagte gegenüber dem LID, dass man sich kurz vor dem Beschluss der BOM zur Richtpreiserhöhung bereits mit den Milchlieferanten über den Milchpreis und die Umsetzung des BOM-Richtpreises geeinigt habe und den Preis nach dem neuen BOM-Beschluss nicht weiter erhöhen könne.
Auch MIBA kritisiert Migros
Fraglich ist, ob mit dieser Einigung auch tatsächlich alle Lieferanten der Elsa zufrieden sind. So hatte der Milchverband der Nordwestschweiz (MIBA) seinen Unmut über die Milchpolitik der Migros bereits vorige Woche ausgedrückt. Insbesondere, dass in der Migros nur der Butterpreis erhöht wurde, dies trotz vollen Lagern, stiess dem MIBA sauer auf und führte dazu, dass der MIBA den Abbau des Butterberges nicht mehr finanziell unterstützt.
Diplomatischer gibt sich Stefan Hagenbuch von den Schweizer Milchproduzenten (SMP): "Es ist grundsätzlich wichtig, dass die Beschlüsse der BOM in der praktischen Umsetzung Spuren hinterlassen. Ansonsten verliert die BOM an Glaubwürdigkeit".
