"Die agrarische und die industrielle Produktion basieren auf völlig unterschiedlichen Ressourcen": Das ist die Botschaft der Route Agricole an der Expoagricole in Murten. Begonnen hat die Industrialisierung der Landwirtschaft vor Anfang des 19. Jahrhunderts. Der Vater dieser Entwicklung ist der deutsche Arzt Albrecht Daniel Thaer, der vor 250 Jahren in Niedersachsen geboren wurde. Er prägte den Satz: "Die Landwirtschaft ist ein Gewerbe wie jedes andere auch." Damit initiierte er nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz die agrarwissenschaftliche Forschung und Ausbildung.
Mit besserer Ernährung Krankheiten vermeiden
Zur Landwirtschaft kam Thaer über die Medizin. Nach dem Studium in Göttingen liess er sich in seiner Heimatstadt Celle (Niedersachsen) als praktizierender Arzt nieder und wurde bald in kurfürstliche Dienste gestellt. Der ständige Umgang mit kranken und leidenden Menschen habe ihn jedoch bedrückt und er habe Ausgleich in der Natur gesucht, schreibt ein Biograph. Aus Liebhaberei begann Thaer Blumen zu züchten und wandte dabei sein naturwissenschaftliches Wissen an.
Als Arzt stellte er aber auch fest, dass eine unzureichenden Ernährung viele Menschen krank macht. Angeregt durch die Gedanken der Aufklärung wandte er sich deshalb der Landwirtschaft zu. Dabei las er viel über die englische Landwirtschaft und veröffentlichte 1798 das Buch "Einleitung zur Kenntnis der englischen Landwirtschaft". Daneben gab er sein Wissen in Kursen weiter und gründete 1802 in seiner Heimatsadt sein erstes Lehrinstitut – alles neben seiner Tätigkeit als Arzt.
Ganz der Landwirtschaft widmet sich Thaer erst 1804 nach seinem Umzug nach Preussen. Dazu eingeladen hatte ihn König Friedrich Wilhelm III., angeregt durch seinen Minister Karl August von Hardenberg, ein Bekannter Thaers aus der Studienzeit. Der Arzt kaufte das Rittergut Möglin, das je nach Quelle 250 bis 400 Hektaren Land umfasste.
Thaer machte die Kartoffel heimisch und schaffte die traditionelle Dreifelderwirtschaft mit Wintergetreide, Sommergetreide und Brache ab. Er regte an, die Felder abwechslungsreicher und intensiver zu bepflanzen, führte Klee und Ölsaaten ein. Er propagierte die Stallfütterung der Kühe und die Auswahl von Zuchttieren sowie Geräte aus Eisen und Stahl statt aus Holz. Für die Bodenbearbeitung bevorzugte er den Pflug nach englischem Vorbild.
Thaers Werk wirkt bis heute nach
Um seine Ideen zu verbreiten, eröffnete Thaer 1806 das landwirtschaftliche Lehrinstitut, das später Königlich-preussische Akademie des Landbaus wurde. Vier Jahre später wurde er Professor an der neugegründeten Berliner Universität. Der Agrarwissenschafter schrieb rund 400 Bücher, darunter sein Hauptwerk "Grundsätze der rationellen Landwirtschaft" (1809- 1812) und "Leitfaden der allgemeinen Landwirtschaftlichen Gewerbslehre" (1815). "In seinem Hauptwerk entwickelte er das in seinen Grundzügen noch heute gültige System der Landbauwissenschaften und realisierte die Einheit zwischen den aufstrebenden Naturwissenschaften und der bis dahin fast ausschliesslich empirisch betriebenen Landwirtschaftslehre", schreibt ein Biograph. Damit habe er als erster in Deutschland die Landwirtschaft systematisiert. Auch in der Schweiz hat er die agrarwissenschaftliche Forschung und Ausbildung beeinflusst.
Albrecht Thaer starb 1928 und wurde in Möglin beerdigt, wo heute noch ein Museum an ihn erinnert. Zu seinem 250. Geburtstag gab die Deutsche Post am 29. April eine Briefmarke heraus. Er wurde jedoch auch schon zu Lebzeiten geehrt: Zu seinem 50-jährigen Doktorjubiläum verfasste Johann Wolfgang Goethe ein Gedicht.