Wenn auf einer ausländischen Lieferung mit pflanzlichen Produkten an einem Schweizer Flughafen ein Insekt gefunden wird, das potenziell Schaden verursachen könnte, ist die Identifikation eine langwierige Angelegenheit. Denn gerade im Larvenstadium lassen sich Insekten auch von geübten Personen kaum oder gar nicht identifizieren. Das Tier muss in Ethanol gelegt und an Agroscope gesendet werden. Dort wird es in einem Gerät mittels Molekulardiagnostik identifiziert. Insgesamt dauert dieser Vorgang 2 bis 3 Tage. Das ist oft zu lange, denn von der korrekten Identifikation hängt ab, ob ein ganze Warenlieferung vernichtet werden muss oder gefahrlos eingeführt werden kann. Selbst wenn eine Entwarnung vorliegt, können aufgrund der langen Wartezeit die betroffenen Produkte schon verdorben sein.
Test vor Ort
Diese Zeiten sollen der Vergangenheit angehören. Denn die Forschungsanstalt Agroscope hat im Rahmen des EU-Projekts Q-DETECT Tests entwickelt, die zusammen mit einem Gerät einer britischen Firma einen Schädling innert rund einer halben Stunde vor Ort identifizieren können. "Der Prozess wurde damit wesentlich beschleunigt und das Gerät kann auch von Nicht-Biologen eingesetzt werden", erklärt Molekularbiologe Andreas Bühlmann, der bei Agroscope in Wädenswil tätig ist. Bühlmann identifiziert spezifische Gene eines bestimmten Erregers oder eines Insekts, mit deren Hilfe dieses schnell identifiziert werden kann. In der EU und der Schweiz existiert eine Liste von rund 300 Arten, die nicht eingeführt werden dürfen. Etliche davon seien mittlerweile mit dem Genie II genannten Gerät identifizierbar, so Bühlmann.
Neben der höheren Geschwindigkeit ist Genie II auch deutlich günstiger als bisherige Diagnosegeräte. Er kostet mit ca. 10'000 Franken rund einen Zehntel eines stationären Sequenziergerätes. Während herkömmliche Geräte nach der Analyse sagen können, um was für einen Schädling es sich handelt, funktioniert Genie II nach dem Ja/Nein-Prinzip: Dem Gerät wird ein bestimmter Schädling auf Verdacht hin mitgeteilt und dieses zeigt an, ob es sich um den Verdächtigten handelt. In einem Folgeprojekt soll das Gerät nun noch weiter verbessert und benutzerfreundlicher gestaltet werden.
Einsatz in der Schweiz noch dieses Jahr geplant
In London Heathrow werden laut Bühlmann die Geräte bereits seit sechs Monaten erfolgreich benutzt. Die Anschaffung eines Genie II und dessen Implementierung am Flughafen Zürich sei grundsätzlich für die zweite Hälfte 2013 geplant, erklärt Jürg Jordi, Mediensprecher des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW). Das BLW will zuvor jedoch noch einige Unklarheiten bezüglich der verfügbaren Analysen und deren Einsatzbereitschaft abklären. "Eine Implementierung an den Flughäfen ist erst sinnvoll, wenn die Methoden für die spezifischen, besonders gefährlichen Organismen ausgetestet sind und die Methoden vor Ort einfach eingesetzt werden können", so Jordi.
Erst ab bestimmter Menge gefährlich
Als aktuelle Gefahren nennt Bühlmann derzeit die Kirschessigfliege und den Asiatischen Laubholzbockkäfer. Beide wurden in der Schweiz bereits festgestellt und haben Schäden verursacht. Bühlmann betont, dass es nicht möglich sei, sämtliche Waren, die in die Schweiz oder nach Europa gelangen, auf Schädlinge zu testen. Deshalb muss mit Stichproben vorliebgenommen werden. "Es braucht generell eine gewisse Startpopulation, bis ein Schädling wirklich Schaden verursachen kann", so der Molekularbiologe. Ein einzelnes eingeschlepptes Insekt birgt also noch keine grosse Gefahr.
Tage der offenen Tür bei Agroscope
Die Forschungsanstalt Agroscope in Wädenswil öffnet am 7. und 8. Juni 2013 ihre Türen für Besucher. An verschiedenen Infoständen können sich Interessierte über die Arbeit der Forscher bei Agroscope informieren. Agroscope in Wädenswil beschäftigt sich mit Obst- und Gemüsebau, unter anderem in der Qualitätsforschung und im Bereich des Pflanzenschutzes. Weitere Informationen zu den Tagen der offenen Tür sind unter www.agroscope-forschung-erleben.ch abrufbar.

