
Mit der digitalen Epoche verändert sich die Nahrungsmittelindustrie zunehmend. Die Arbeitsabläufe sind technologisiert und die Konsumenten erwarten mehr. Das stellt die Industrie vor neue Herausforderungen. Die vierte Lebensmitteltagung der ZHAW fand im November in Wädenswil statt und versuchte eine grundlegende Frage der Nahrungsmittelindustrie zu beantworten: "Wohin führt die vierte industrielle Revolution und was bedeutet sie für die Entwicklung unserer Tisch- und Esskultur?"
Neue Generation erlebt Wertewandel
Die heutzutage multimediale und noch nie dagewesene Präsenz der Tisch- und Esskultur führt zu einer neuen Wahrnehmung der Nahrungsmittelindustrie. Die Zubereitung von Essen wird heute unter anderem in TV-Sendungen, Food Blogs und Apps inszeniert. In den USA teilen 29 Prozent der Social Media-Nutzer ihre Gerichte online und 89 Prozent suchen im Internet nach Rezepten. Foodtrends wie Smart Food oder Regionalität stehen im Gegensatz zu einem "alles immer verfügbar"-Angebot mit Überproduktion und Massentierhaltung.
Die digitale Generation rückt von alten Verhaltensmustern wie Stabilität und Perfektion zu neuen Werten wie Schnelligkeit und Veränderungsbereitschaft. Dieser Kulturwandel verändert die Anforderungen der neuen Generation an die Lebensmittelindustrie. Der Foodexperte Jan Barthel spricht von einer "Food Revolution". Wichtig sind von nun an Transparenz, Veränderung, Innovation, eine unternehmerische Gesellschaft und das gemeinsame Erschaffen. Man wechselt vom "Do it yourself" hin zum "Do it together".
Der Konsument steht im Mittelpunkt
Mit dem Computerzeitalter beginnt für Unternehmen das Zeitalter von Big Data. Thomas Ott vom Institut für Angewandte Simulation an der ZHAW nennt Daten das "Öl der Zukunft". Hierbei geht es um die datengesteuerte Automatisierung von Produktionsabläufen oder das Sammeln von Konsumentengewohnheiten. Die schier unendliche Datenmenge hat ein grosses Potenzial für die Lebensmittelindustrie. Zentral ist, was aus den Daten gemacht wird.
Die Digitalisierung des Marketings führt immer mehr zu einem datengetriebenen Marketing. Unternehmen wie Migros oder Coop können anhand von Konsumentendaten ihre Produkte kundenspezifisch vermarkten. Noch nie war man so nah am Kunden. Die Kommunikation mit dem Konsumenten findet an Ort und Stelle statt und spricht jeden individuell an. Neue Technologien ermöglichen zum Beispiel das Zahlen per Smartphone oder sogar das direkte Senden von Nachrichten und Angeboten an die Konsumenten beim Einkauf.
Im Zentrum steht von nun an der Konsument, der im Dialog mit den Unternehmen steht. Dadurch greift der Kunde in den Produktionsprozess ein. Das Mitwirken an der Entwicklung von neuen Artikeln durch das Kommentieren auf sozialen Netzwerken und die gestiegenen Erwartungen wandeln die Rolle der grossen Konzerne. Diese diktieren den Kunden nicht mehr ein Produkt vor, sondern setzen deren Wünsche um. So verändert sich zunehmend die Art und Weise wie, wann und wo wir essen.
Die Gemeinschaft erschafft Neues
hb. Das sogenannte Crowdstorming steht im Zeichen des digitalisierten Zeitalters. Organisationen stellen ihre Fragen auf Plattformen an Kreative aus der ganzen Welt, die diese mit originellen Lösungen und innovativen Produktvorschlägen beantworten sollen. Schliesslich wird von der Community der beste Vorschlag gekürt und vom Unternehmen umgesetzt. Ein Beispiel ist das Unternehmen Dr. Oetker, das die Frage nach der Pizza der Zukunft gestellt hat und innerhalb von zwei Wochen über 2'000 Vorschläge erhalten hat. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit Produkte unterschiedlich nach Region zu entwickeln, um den kulturell unterschiedlichen Wünschen der Konsumenten nachzukommen.