Manche Bauern bleiben Bauern, obwohl ihr Betrieb nicht mehr rentiert. Einer der Gründe, weshalb ausstiegswillige Bauern trotzdem nicht aussteigen, ist, dass sie es sich nicht leisten können. Denn wenn sie ihren Betrieb auflösen, gilt ihre Liegenschaft nicht mehr als Geschäfts-, sondern als Privatvermögen, und die Liquidationsgewinnsteuer fällt an. Der Liquidationsgewinn wird zum Einkommen addiert, was wegen des hohen Steuersatzes und der Steuerprogression zu hohen Steuerbeträgen führt, die bezahlt werden müssen. Viele Betriebsleiter schieben deshalb den Entscheid, den Betrieb aufzugeben, möglichst lange hinaus.
Die hohen Steuern seien besonders stossend, wenn der Betrieb nicht aufgegeben, sondern innerhalb der Familie übergeben werde, sagt Ulrich Ryser, Leiter des Bereichs Treuhand und Schätzungen beim Schweizerischen Bauernverband. "Bei Hofübergaben werden oft die Abtreter, die sowieso den Betrieb zu günstigen Konditionen an die Nachkommen verkaufen, nochmals via Steuern zur Kasse gebeten."
Bauern, die das Land verpachten, selber aber im Wohnhaus bleiben
wollen, sollen künftig von den Steuerbehörden weniger stark
zur Kasse gebeten werden. (sbv)
Andere können nicht wachsen
In den Fällen, in denen ein Betrieb irgendwann ganz aufgegeben wird, sind durch die aktuell geltenden Regeln möglicherweise auch die Nachbarn betroffen. Denn dadurch, dass der Entscheid zur Betriebsaufgabe hinausgezögert wird, wird das Land oft jahrelang anderen Bauern vorenthalten, die ihren Betrieb gerne vergrössern würden.
Wie gross dieser Effekt auf die Entwicklung der betrieblichen Strukturen ist, sei sehr schwierig zu beurteilen, sagt Ryser. Derzeit stehe ein Ausstieg wohl für weniger Bauern im Vordergrund als noch vor ein paar Jahren, weil die Aussichten momentan wieder positiver beurteilt würden.
Für Alex Pfiffner, Agro-Treuhänder und Sekretär des Schweizerischen Agro-Treuhänder-Verbandes, ist klar, dass es nicht nur Bauern betrifft, die altershalber aufhören möchten, sondern auch viele Nebenerwerbsbauern: "Es gibt Bauern, die 100 Prozent auswärts arbeiten und auf dem Hof nur etwas Ackerbau betreiben", sagt er. "Sie verdienen damit nur wenig und hören mit dem Ackerbau nur deshalb nicht auf, weil bei einem Verkauf oder einer Verpachtung des Betriebs eine hohe Liquidationssteuer anfällt."
In manchen Kantonen führt schon die Verpachtung des Landes dazu, dass das Haus, in dem die Bauernfamilie wohnen bleibt, vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen übergeht und deshalb die Liquidationsgewinnsteuer anfällt. "Wenn ein Betriebsleiter verunfallt oder krank wird und aufhören muss, der Sohn aber noch nicht alt genug ist, um den Betrieb zu übernehmen, gibt es ein Problem", veranschaulicht Pfiffner. "Eine Verpachtung wäre die beste Lösung, kommt aber teuer, weil bei der Überführung der Liegenschaft vom Geschäfts- ins Privatvermögen die Liquidationssteuer anfällt, selbst dann, wenn frankenmässig kein Gewinn realisiert wird. Das ist sehr störend."
Die Kantone entschärfen die Probleme zum Teil, indem die Bauern auf Gesuch hin den Transfer vom Geschäfts- ins Privatvermögen verhindern können, so dass ein Aufschub um fünf Jahre möglich ist. "Bei einer Verpachtung ist das aber auch keine Lösung, denn die gesetzliche Mindestdauer für die Verpachtung einer Parzelle ist sechs Jahre, bei einem landwirtschaftlichen Gewerbe sogar neun Jahre", hält Pfiffner fest. In einigen Kantonen haben die Bauern die Möglichkeit, den Behörden schriftlich erklären, dass die Liegenschaft auch künftig im Geschäftsvermögen bleibt. Allerdings fehlt in der Regel dazu die gesetzliche Grundlage. Angesichts unterschiedlicher kantonaler Regelungen sei es nicht nur wichtig, dass die Liquidationssteuer an sich entschärfte werde, meint Pfiffner, sondern, dass aufgrund des Steuerharmonisierungsgesetzes in den Kantonen ähnliche Regeln herrschten.
Wer umstellt, verliert
Problematisch ist die Steuergesetzgebung auch für Bauern, die ihren Betrieb umstellen. Wer aus der Milchproduktion aussteigt und die Anlagen verkauft, muss den Erlös versteuern. Damit steht für Einrichtungen für den neuen Betriebszweig – sei es ein Hofladen oder eine Ferienwohnung für Agrotourismus – weniger Geld zur Verfügung.
Betroffen ist schliesslich auch die private Vorsorge der Betriebsleiter. Die Bauern haben wie andere Selbständige an Stelle einer eigenen privaten Altersvorsorge das Geld im Betrieb investiert. Weil bei eine Betriebsaufgabe die resultierenden Gewinne voll als Einkommen besteuert werden, bleibt für die Altersvorsorge weniger Geld übrig.
Die Steuerreform hilft
Die Unternehmenssteuerreform, über die am 24. Februar abgestimmt wird, bringt in all diesen Fällen Abhilfe: Sie soll den Bauernbetrieben und auch den gewerblichen KMU die Übergangsphasen erleichtern. Der Schweizerische Bauernverband kämpft deshalb Schulter an Schulter mit Economiesuisse und dem Gewerbeverband für die zweite Unternehmenssteuerreform.
Neu fällt die Liquidationsgewinnsteuer erst dann an, wenn der Betriebsleiter mit seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit definitiv aufhört und die Überführung der Liegenschaft vom Geschäftsvermögen ins Privatvermögen selber beantragt. Der Liquidationsgewinn wird zum tieferen Vorsorgesteuersatz besteuert, nicht mehr zum Einkommenssteuersatz. Damit bleibt auch für die Altersvorsorge mehr Geld übrig.
Die Verpachtung des Betriebes löst bei der Liegenschaft keine Liquidationsbesteuerung aus. Lediglich beim Verkauf des Inventars ist der Gewinn, sofern effektiv ein Gewinn erzielt wird, steuerlich abzurechnen.
Auch die Situation von Bauern, die ihren Betrieb neu ausrichten wollen, verbessert sich: Gewinne aus dem Verkauf von Anlagen können in neue Einrichtungen investiert und übertragen werden, ohne dass diese steuerlich abgerechnet werden müssen.
Umstrittene Dividendenbesteuerung
wy. "Es ist Zeit, etwas für die kleinen und mittleren Unternehmen zu tun. Wir wollen die steuerliche Situation von über 300‘000 KMU und mehr als 60‘000 Landwirtschafts-Betrieben verbessern – mitsamt ihren zwei Millionen Arbeitsplätzen", sagte Finanzminister Hansrudolf Merz am 14. Januar an einer Medienkonferenz zur Unternehmenssteuerreform II.
Diese steuerliche Entlastung der KMU und der Bauernbetriebe ist unbestritten – ganz im Gegensatz zu den Änderungen bei den Dividendensteuern. Aktionäre, die einen Aktienanteil von mehr als zehn Prozent halten, sollen ihre Dividenden nur noch zu 60 Prozent versteuern müssen. Diese Ungleichbehandlung hat die SP, die Grünen und die Gewerkschaften dazu bewogen, das Referendum zu ergreifen. Auch eine Reihe von Rechtsprofessoren beurteilen die geplante Regelung als ungerecht oder gar verfassungswidrig. Der Präsident der Wettbewerbskommission, Walter Stoffel erklärte im "SonntagsBlick": "Die Unternehmen, ob gross oder klein, profitieren nicht von der Vorlage. Die Reform entlastet die Aktionäre."
Kleinbauern sind skeptisch
Der Bauernverband stehe auch hinter den anderen Massnahmen der Unternehmenssteuerreform II, sagt Ryser vom SBV (siehe Kasten). Die Dividenden-Teilbesteuerung sei in den meisten Kantonen schon realisiert. "Es ist auch richtig, dass mit der Reform ein wirtschaftlich attraktives Umfeld entsteht." Die Kampagne werde mit guten Argumenten geführt, deshalb ist er optimistisch, dass die Reform angenommen wird. Falls nicht, müsse man versuchen, die Steuererleichterungen in der Agrarpolitik 2015 zu realisieren.
Etwas anders sehen es die Kleinbauern. Man werde die Parole zwar erst am Samstag, 19. Januar fassen, sagt Herbert Karch von der Kleinbauern-Vereinigung VKMB. "Aber es gibt einen Antrag auf Ablehnung, der gute Chancen hat." Die Reform führe zu Steuerausfällen, unter denen letztlich wieder die Landwirtschaft leide, wenn beim Agrarbudget gespart werde. Der Teil der Vorlage, der die Gewerbe und Bauernbetriebe entlaste, sei aber an sich unbestritten.