Gegen den Widerstand der Optikerzunft schuf Günter Fielmann vor einigen Jahren den Discountmarkt für Brillen, was sich als äusserst lukratives Geschäft herausstellte. Seit diesem Jahr hat er auch Filialen in der Schweiz, u.a. in Basel und Zofingen. 1989 kaufte sich Günter Fielmann in Lütjensee im Bundesland Schleswig-Holstein einen 90 Hektar grossen landwirtschaftlichen Betrieb. Da er eine ökologische Ader in sich trägt, liess er den Betrieb nach den Richtlinien des biologischen Landbaus bewirtschaften. 1990 pachtete er in der ehemaligen DDR in Mecklenburg-Vorpommern zusätzliche 600 Hektaren Landwirtschaftliche Nutzfläche. Heute wird auf dem Betrieb in Mecklenburg auf einer Fläche von über 800 Hektaren vor allem Bio-Getreide angebaut. Diese Fläche entspricht etwa der fünfzigfachen Grösse eines durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betriebes in der Schweiz.
Keine Altlasten aus der DDR-Zeit
Im Gegensatz zu anderen Nachfolgebetrieben von Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) aus der DDR, hat der Betrieb von Günter Fielmann nicht mit Altlasten aus der sozialistischen Zeit zu kämpfen. Der Boden enthält keinerlei giftige Stoffe, was alljährliche Bodenproben zeigen. Die beiden Betriebe, die achtzig Kilometer auseinander liegen, werden gemeinsam unter dem Namen Hof Lütjensee geführt. Auf beiden Betrieben ist je ein Betriebsleiter verantwortlich für die Produktion. Der Betrieb in Schleswig-Holstein soll in Zukunft die Funktion eines Musterbetriebes einnehmen, der nach den neusten Erkenntnissen des biologischen Landbaus geführt wird und nicht zuletzt auf diesem Weg für Hof Lütjensees Produkte Werbung machen soll. Zu diesem Zweck wurden neue Ställe für eine Mutterkuhherde, für Schweine und Geflügel gebaut, die nach den neusten ethologischen Forschungsergebnissen erstellt wurden. Der Betrieb in Mecklenburg soll dagegen in erster Linie gewinnorientiert produzieren. Vor allem das Biogetreide soll auf dem Biomarkt zu einem guten Preis verkauft werden und die Gesamtunternehmung Hof Lütjensee wirtschaftlich tragen. Zur Vermarktung der jährlich etwa 2000 Tonnen Getreide wurde ein Verwalter eingesetzt, der für den Absatz und die Organisation zuständig ist.
Eigenes Label für Hof Lütjensee-Produkte
Langfristig soll für die Produkte ein unabhängiges Label entwickelt werden. Ziel soll es sein, mit Hilfe von verständlichen und werbetechnisch geschickt verarbeiteten Richtlinien eine solide Kundschaft zu gewinnen. Die Richtlinien sollen bedeutend weitergehen als jene der offziellen Biolandbauorganisationen oder als die EU-Richtlinie. Zum Beispiel soll die Haltung, der Transport und die Schlachtung von Tieren klar geregelt werden.
Biolandbau vor allem mit Gründüngung
Bei Fachleuten tritt schnell einmal die Frage auf, wie auf 800 Hektaren Land ohne namhafte Tierhaltung überhaupt biologisch produziert werden kann. Im Biolandbau, wie er in der Schweiz verbreitet ist, wird der Düngerbedarf hauptsächlich über Mist und Jauche aus der betriebseigenen Tierhaltung gedeckt, da künstliche Düngemittel nicht erlaubt sind. Auf dem grossen Betrieb in Mecklenburg wird mit einer speziellen Fruchtfolge ein besonderes Anbauverfahren angewendet. Rund ein Viertel der Anbaufläche ist jeweils von Leguminosen wie Ackerbohnen, Erbsen oder mehrjährigen Kleegraswiesen bedeckt. Diese Kulturen haben die Fähigkeit, den für Pflanzen lebenswichtigen Stickstoff aus der Luft zu binden und im Boden zu fixieren. Oberstes Ziel ist es, eine gute Humusschicht mit vielen Mikroben und anderen Lebewesen zu erhalten, die dem Boden weitere Nährstoffe liefern und somit den Kulturen in der Vegetationszeit zur Verfügung stehen. Das Stroh, das nach der Getreideernte anfällt, wird zu einem grossen Teil zerkleinert und in den Boden eingearbeitet, was einer guten Humusschicht ebenfalls sehr dienlich ist. Die 800 Hektaren werden mit fünf Arbeitskräften und einem modernen Maschinenpark bewirtschaftet.
Industrieller biologischer Landbau ist möglich
Auf der Hälfte der Fläche werden Weizen und Roggen geerntet. Zusätzlich sind Dinkel und Hafer im Anbau. Auf rund 20 Hektaren wird Flachs angebaut, deren Fasern von einem bekannten Kleiderhersteller genutzt werden. Die Erträge liegen beim Weizen bei etwa 3 Tonnen pro Hektar, also nur etwa halb so hoch, wie in der konventionellen Landwirtschaft üblich. Dafür wird auf dem Markt ein höherer Preis gelöst. Vor zwei Jahren wurde eine neue moderne Getreidelagerhalle erstellt, die deutliche Zeit- und Kosteneinsparungen gebracht hat. Dies zeigt, dass auch im Biogeschäft immer effizienter und kostensparender gearbeitet wird. LID
EU-Verordnung "ökologischer Landbau" soll überarbeitet werden
be. Der Deutsche Bundesrat ist der Auffassung, dass der von der Europäischen Kommission nach langer Wartezeit vorgelegte Verordnungsvorschlag für den Bereich der ökologischen Tierhaltung noch einmal überarbeitet werden muss. Insbesondere soll die Verwendung von gentechnischen Verfahren im biologischen Landbau, wie ihn die EU-Verordnung vorsieht, ausnahmslos verboten werden. Zudem ist der Deutsche Bundesrat der Meinung, dass Landwirtschaftsbetriebe gesamtbetrieblich nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden müssen. Betriebsteilungen mit der Folge, dass konventionelle neben ökologischer Tierhaltung betrieben wird, sollten verhindert werden. Probleme mit der klaren Abgrenzung gefährdeten nach der Meinung der Länderkammer die Glaubwürdigkeit und das positive Ansehen des Biolandbaus. LID