Lang ists her, seit Landwirtschaftsland für 15 Franken pro Quadratmeter gehandelt wurde. Seit Anfang der neunziger Jahre befinden sich die Preise für Boden in der Landwirtschaftszone auf Talfahrt. Wurde 1989 zum Teil für bis zu 20 Franken pro Quadratmeter gekauft, pendelten sich die Preise acht Jahre später bei durchschnittlich 7 Franken ein. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Sowohl landwirtschaftliche Faktoren als auch Einflüsse, die nicht in Zusammenhang mit der Landwirtschaft stehen, bestimmen den Preis des Bodens. Gianluca Giuliani, Mitarbeiter des Instituts für Agrarwirtschaft an der ETH Zürich, versuchte deshalb im Rahmen einer Untersuchung des landwirtschaftlichen Bodenmarktes im Kanton Zürich herauszufinden, welche Faktoren für den Landpreis verantwortlich sind.
Auch Bauernland unterliegt der Spekulation
Der Preis des "Bodens als derart komplexes Gut", so Giuliani, setzt sich aus mehreren Bestimmungsfaktoren zusammen. Zum einen spielt die wirtschaftliche Situation in der Landwirtschaft eine bedeutende Rolle: Im Moment ist laut Giuliani kaum ein Bauer bereit, für Boden deutlich mehr als acht Franken pro Quadratmeter zu bezahlen. Er kann sonst diesen Kauf auch auf lange Sicht nur schwer amortisieren. Tut er es trotzdem, geschieht dies vor allem aus persönlichen Gründen oder in der Hoffnung auf eine baldige Änderung des Zonenplans.
Für die Landwirtschaft ist jedoch in erster Linie die Qualität und die Lage einer Parzelle entscheidend. Für Land bester Qualität, das nicht weit vom Hof entfernt ist, sind Bauern eher bereit, mehr zu bezahlen.
Weiter lässt sich feststellen, dass der Preis für Bauernland auch spekulativen Aspekten unterliegt: Alleine die Distanz zu einer grösseren Stadt bewirkte, so die Untersuchung einem höheren Preis. Der Käufer gehe davon aus, dass die Siedlungsflächen (Häuser, Strassen, etc.) auch in Zukunft ausgedehnt werden. Deshalb bestehe die Chance, dass landwirtschaftliche Nutzfläche einmal zu Bauland werde. Je weiter Landwirtschaftsland von den Zentren entfernt ist, desto stärker nehmen Spekulationskäufen ab. Als Folge davon sind in weniger dicht bevölkerten Regionen die Grundstückspreise niedriger.
Neues Bodenrecht verstärkte das Sinken der Preis
Bei seinen Untersuchungen bezog Giuliani auch das neue Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) ein, welches 1991 angenommen wurde und 1994 in Kraft trat. Das neue Bodenrecht brachte gesetzliche Höchstpreise für den Verkauf von Bauernland. Ferner können potentielle Landkäufer aus nicht-bäuerlichen Kreisen seit 1994 kein Landwirtschaftsland mehr erwerben. Vor 1994 stammten rund 30 Prozent der Käufer von Bauernland aus der nicht-landwirtschaftlichen Bevölkerung. Diese Bestimmungen verstärkten die Tendenz der sinkenden Preise. Für den Bauern ist das ein zweischneidiges Schwert: Einerseits freut er sich über die tieferen Preise bei Landkäufen, andererseits will niemand mehr Land verkaufen, sei es wegen der tiefen Preise oder aus Angst davor, wegen des neues Bodenrechts nie mehr die Gelegenheit zu erhalten, landwirtschaftliche Fläche zu kaufen.
Der Bodenmarkt und seine Besonderheiten
lk. Mit dem Bodenbesitz sind sowohl private Interessen wie auch öffentliche Ansprüche verbunden. Unabhängig von der Schwierigkeit, letztere in Form von Mengen und Preisen auszudrücken, ist der Markt für Boden aus der Sich der Agrarwirtschaft unvollkommen. Das Angebot ist in einem breiten Spektrum der Bodenrente nahezu völlig unelastisch – und ein Ausdehnen der landwirtschaftlichen Nutzfläche kaum realisierbar. Boden ist also de facto "unvermehrbar". Wesentlich bedeutender bezüglich der Marktunvollkommenheit ist die Tatsache, dass jede Parzelle aufgrund ihrer Lage und Beschaffenheit "einmalig" ist und damit einem Anbieter oft viele Nachfrager gegenüberstehen. Zusätzlich verhindert fehlende Transparenz in Angebot, Nachfrage und Preis ein reibungsloses Funktionieren des Bodenmarktes.
Auch Immobilienpreise beeinflussen den Preis für Landwirtschaftsland
Das Absinken der Preise für landwirtschaftlich genutzten Boden in der betrachteten Zeitperiode und die damit verbundene Wertvernichtung – rund 50 Prozent – für alle Grundbesitzer ist nicht nur mit der Annahme des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht verbunden, sondern zumindest ebenso stark mit der Veränderung des gesamten Immobilienmarktes. Die Immobilienpreise und Kapitalzinsen hatten nicht zuletzt wegen der Rezession der 90er Jahre eine massive Abwärtstendenz. Im Sog dieser Tendenz musste sich der Markt für landwirtschaftlich genutzte Fläche fast zwangsläufig gleich verhalten, da er auch von nicht landwirtschaftlichen Faktoren geprägt wird.
1,800 Verkäufe untersucht
lk. Für sein Modell verwendete Gianluca Giuliani Zahlen der Jahre 1990 bis 1997 aus dem Kanton Zürich. Insgesamt wurden Datensätze von fast 1‘800 Handänderungsgesuchen für Landwirtschaftsland ausgewertet, welche vom Statistischen Amt Zürich und vom Landwirtschaftsamt Zürich zur Verfügung gestellt wurden. Anhand von mehreren Modellen und über 30 verschiedenen Erklärungsvariablen sollte herausgefunden werden, welche Variablen in welchem Ausmass den Preis von landwirtschaftlich genutztem Boden beeinflussen. In den verschiedenen Modellen traten im wesentlichen immer die gleichen Variablen auf. Das lässt darauf schliessen, dass die Modelle allesamt gut angepasst waren.
Tiefe Preise hemmen den Verkauf
Weil heute nur wenige Besitzer ihr Land zu diesen tiefen Preisen verkaufen wollen, können Bauern ihren Betrieb kaum durch Landkauf vergrössern. Als Möglichkeit bleibt vor allem das Pachten von Land. In der Zukunft könnte sich das jedoch ändern: Experten gehen davon aus, dass – zumindest im Talgebiet – die Preise für Bauernland wieder steigen. Dies könnte Bewegung in den Bodenmarkt bringen und für die Bauern den Weg frei machen, ihre Struktur noch weiter zu verbessern.
Vortrag "Landwirtschaftlicher Bodenmarkt: Eine empirische Untersuchung" von Gianluca Giuliani, Institut für Agrarwirtschaft, Sonneggstrasse 33, 8092 Zürich. Tel: 01632 53 95, Fax: 01/632 1086 E-Mail: gianluca.giuliani@iaw.agrl.ethz.ch