Was und wieviel Kühe, Schweine, Hühner und andere Nutztiere fressen, beeinflusst nicht nur ihr Wachstum, sondern auch die Qualität von Milch, Fleisch und Eiern. Das Futter alleine macht es aber nicht aus. Das Erbgut der Tiere, das Geschlecht, das Alter und die Haltung sind weitere Einflussfaktoren. Bei den verschiedenen Tiergattungen sind die Zusammenhänge zwischen Fütterung und Qualität zudem unterschiedlich ausgeprägt. An einer Fachtagung des Instituts für Nutztierwissenschaften der ETH Zürich wurden verschiedene Beispiele vorgestellt.
So produzieren Kühe, die auf botanisch vielfältigen Alpweiden grasen, eine Milch mit einem höheren Anteil an spezifischen geschmacklichen Inhaltsstoffen (zum Beispiel Terpene oder Kohlenwasserstoffe). Zudem führt die extensive Fütterung im Berggebiet (ohne Kraftfutter) zu einer unterschiedlichen Zusammensetzung der Milch bei Fettgehalt und Spurenelementen. Dies belegt eine umfangreiche Untersuchung verschiedener Forscher, welche Jacques Olivier Bosset von der Forschungsanstalt für Milchwirtschaft (FAM) vorstellte.
Je höher über Meer, desto mehr Arten
Eine Erklärung dafür ist, dass mit der Höhe über Meer die Zahl der Pflanzenfamilien und der -arten auf einer Wiese zunimmt. Während sich die Wiesen in Posieux FR, auf 600 Meter über Meer, aus zwei Pflanzenfamilien mit sechs Arten zusammensetzten, wuchsen in L’Etivaz VD, auf 1‘300 bis 2‘100 Meter über Meer, bis 56 Pflanzenarten aus 17 bis 19 Pflanzenfamilien. Zudem sind verschiedene Pflanzen des Berggebietes reich an Terpenen. 35 dieser sehr aromatischen sekundären Pflanzeninhaltsstoffe fanden die Forscher. In der Milch konnten sie noch deren fünf nachweisen. Jacques Olivier Bosset zeigte zudem, dass anhand des Vorkommens gewisser Inhaltsstoffe eindeutig beurteilt werden kann, ob Milch oder Käse aus dem Berggebiet stammt oder nicht.
Was das Huhn pickt, findet sich im Ei
Noch enger hängen Futterzusammensetzung und die Zusammensetzung von Eiern und Fleisch beim Huhn zusammen. Hans Peter Pfirter vom Institut für Nutztierwissenschaften der ETH ist überzeugt, dass die Möglichkeiten in Zukunft noch bedeutender werden, um Eier und Geflügelfleisch von optimaler Produktbeschaffenheit zu produzieren. Genutzt werden sie heute zum Beispiel schon für die Produktion von Omega-3-Eiern. Diese enthalten mehr langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, denen ein hoher Gesundheitswert nachgesagt wird.
Teilweise ähnlich ist es beim Schwein. Daniel Schwörer von der schweizerischer Mast- und Schlachtleistungsprüfungsanstalt (MLP) führte aus, dass die Qualität des Schweinefettes in erster Linie sehr stark und unmittelbar von der Fütterung abhänge. Grosse Qualitätsfortschritte wurden hier in den letzten 25 Jahren aber auch durch die Zucht erreicht. 1974 begann die MLP in Sempach nämlich, routinemässig die Fleischqualität von Tieren aus der Hochzucht zu beurteilen.
Umsetzung in der Zucht
Dank dem Umsetzen der Resultate in der Zucht ist der Anteil wertvoller Fleischstücke am Schwein in zwanzig Jahren von 52 auf 57 Prozent gestiegen. Gleichzeitig hat das Fett an Rücken, Schulter und Schinken von 17 auf 13 Prozent abgenommen. Noch eindrücklicher ist der Erfolg beim Anteil stressempfindlicher Tiere (PSE-Tiere). Das Fleisch dieser Tiere ist unerwünscht, weil es "wässrig" ist und in der Pfanne übermässig schrumpft. Bevor die Tiere systematisch getestet wurden, betrug der PSE-Anteil bei der Rasse Schweizer Landschwein 28,8 Pro-zent, heute null Prozent. "Ein hervorragendes Erbgut ist die Grundlage für eine Qualitätsproduktion", betonte Daniel Schwörer. Er ergänzte aber, dass eine Massnahme allein nicht zu hochwertigem Schweinefleisch führe.
Labelfleisch muss nicht zarter sein
Komplizierter sind die Zusammenhänge zwischen der Produktionsart und der Qualität beim Rindfleisch. So führt Labelproduktion nicht automatisch zu zarterem, saftigerem Fleisch mit schönerer Farbe und besserem Geschmack. Zu diesem Schluss kommt Pierre-Alain Dufey von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Nutztiere (RAP). Auf der Grundlage von Versuchsergebnissen könne man zur Zeit nicht zeigen, welche Haltungs- und Fütterungsvorschriften zu welcher Fleischqualität führten. "Es ist illusorisch zu glauben, dass die Wahl eines bestimmten Produktionssystems genügt, um im Verkauf ein Qualitätsprodukt zu erhalten", betonte er.
Zudem sind das Tier sowie dessen Haltung und Fütterung nicht allein für die Fleischqualität verantwortlich. Pierre-Alain Dufey zeigte, dass es für die Qualität ebenso wichtig ist, wie das Tier transportiert und sein Schlachtkörper behandelt wird. Wie schnell der Schlachtkörper abkühlt und wie lange man ihn reifen lässt, ist zum Beispiel entscheidend. "Fehler in diesen Bereichen können die Anstrengungen von Züchter und Bauer zunichte machen", betonte er. Wer ein Produktionskonzept ausarbeite, müsse deshalb alle Faktoren vom Stall bis auf den Teller beachten und ganz besonders die Metzgerschaft mitbeteiligen, regte Pierre-Alain Dufey an.
Labelkonsumenten sind anspruchsvoller
mo. Laut Pierre-Alain Dufey, Forschungsanstalt für Nutztiere, sind die Konsumenten bereit, gewisse Qualitätsschwankungen, zum Beispiel in der Zartheit, zu tolerieren. Bei Labelprodukten aber sei die Toleranzschwelle sehr viel tiefer. In Untersuchungen über Konsumverhalten und Bevorzugung sei beobachtet worden, dass eine negative Reaktion umgekehrt proportional zu den geweckten Erwartungen eines Produktes ausfalle. "Der Konsument reagiert bei Labelprodukten bei gleicher Zartheit enttäuschter oder sogar mit Ablehnung", stellte Pierre-Alain Dufey fest.
Die ausführlichen Referate der Fachtagung erschienen in der Schriftenreihe des Instituts für Nutztierwissenschaften unter dem Titel "Beitrag der Tierernährung zur Besonderheit der CH-Produkte". Adresse: Institut für Nutztierwissenschaften, Ernährung-Produkte-Umwelt, ETH-Zentrum, CH-8092 Zürich.