
Die Forscher im Weltklimarat sind sich weitgehend einig, dass nur die menschengemachten Emissionen von Treibhausgasen den derzeitigen Klimawandel erklären können – auch wenn frühere Klimaveränderungen auf andere Ursachen zurückzuführen sind. Und sie sind sich ziemlich einig, dass CO2 die Hauptursache des gegenwärtigen Klimawandels ist. Und das obwohl die menschengemachten CO2-Emissionen relativ klein sind. Doch diese Menge reicht offenbar aus, um den natürlichen Kohlenstoffkreislauf durcheinander zu bringen. Kohlendioxid, das Tiere oder Menschen ausatmen, trägt allerdings nicht zum Klimawandel bei – denn es ist Teil eines natürlichen Kreislaufs.
Anteil der Schweizer Landwirtschaft
Auf globaler Ebene trägt die Produktion von Lebensmitteln zu rund einem Viertel zu den Treibhausgasemissionen bei. Das liegt vor allem an der Entwaldung zur Gewinnung von Ackerflächen sowie den Emissionen aus der Viehwirtschaft und den Methanemissionen aus dem Nassreisanbau, welche mit 10 Prozent der Methanemissionen einen grossen Anteil hat. In der Schweiz sieht die Situation anders aus: Da hierzulande weder Wald gerodet noch in nennenswertem Stil Nassreis produziert wird, stammt der grösste Anteil der Treibhausgasemissionen hierzulande aus der Viehhaltung. Insbesondere Methan (CH4) sowie das durch biologische Abbauprozesse von Stickstoffeinträgen auf Böden stammende Lachgas (N2O) sind für den Anteil der Landwirtschaft an den Treibhausgasen verantwortlich.
Am meisten Emissionen verursacht aber nach wie vor der Verkehr. Dabei wird in den nationalen Statistiken der internationale Flugverkehr nicht einmal berücksichtigt. Während die Emissionen der Landwirtschaft seit 1990 um 10 Prozent abgenommen haben, sind sie bei den Flügen im selben Zeitraum um 60 Prozent gestiegen. Wenn die Entwicklung weitergeht so steil aufwärts geht, wird allein der Flugverkehr der Schweiz künftig mehr Emissionen verursachen als die Landwirtschaft. Schon heute überflügelt der Flugverkehr die Emissionen aller Nutztiere.
Wenn es nur ein bisschen wäre
Der Klimawandel hat für die Schweizer Landwirtschaft nicht nur negative Seiten. Ein moderater Temperaturanstieg kann im Weinbau, Gemüsebau und bei Spezialkulturen sogar zu höheren Erträgen und besseren Ernten führen - zumindest solange es genügend Wasser hat. Wärmeliebende Kulturen wie Hirse, Soja oder Aprikosen können bei höheren Durchschnittstemperaturen in grösserem Umfang angebaut werden, auch in höheren Lagen. Dafür leiden gewisse Kulturen wie Wintergetreide oder Kartoffeln.
Wenig erfreulich ist auch, dass im Zuge des Klimawandels neue, hierzulande bislang unbekannte Schädlinge wie z.B. die Marmorierte Baumwanze den Bauern das Leben schwer machen. Und ganz allgemein könnte die Wasserverfügbarkeit am Ende darüber entscheiden ob die Anpassung an höhere Temperaturen gelingt oder nicht. Vermehrte Starkniederschläge könnten zu Erosion führen oder diese zumindest begünstigen. Es ist schwierig abzuschätzen, wie sehr sich die einzelnen Betriebe anpassen können, da die Veränderungen nicht in jeder Region gleich oder gleich stark ausfallen.
Begrenzte Anpassungsmöglichkeiten
Eine Studie von Agroscope zeigt, dass die technischen Möglichkeiten zur Einsparung von Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft ziemlich begrenzt sind. Die meisten gehen mit höheren Kosten einher. Teilweise ist auch nicht bekannt, welche Auswirkungen einzelne Massnahmen wie z.B. die Reduktion von Methan im Pansen auf die Tiergesundheit haben. Einzelne Massnahmen schliessen sich gegenseitig aus, so dass die Wirkung des Massnahmenpakets in der Regel kleiner ist als die Summe der Einzelpotenziale.
Treibhausgas-Reduktionspotenzial ausgewählter Massnahmen
Die Tabelle zeigt recht klar, dass sich namhafte Treibhausgasreduktionen nur erzielen liessen, wenn deutlich weniger Tiere gehalten und weniger Lebensmittel produziert würden. Aber das entspricht nicht dem Klimaabkommen von Paris. Und es bringt dem Weltklima nur dann etwas, wenn der Inlandkonsum entsprechend angepasst wird – ansonsten findet lediglich eine Verlagerung der Treibhausgase statt. Zum Vergleich: Die Emissionen der Landwirtschaft lagen 2017 bei 6'510 Kilotonnen CO2-Äquivalent.
Massnahme | Einsparpotential in Kilotonnen CO2-Äquivalent |
Optimierung der Futterration bei Schweinen und Geflügel (Phasenfütterung, NPr-Futter) und somit Reduktion der Stickstoffverluste | 31 |
Stickstoffoptimierte Fütterung beim Rindvieh durch ein ausgewogenes Energie-Protein-Verhältnis in der Futterration und Reduktion der Stickstoffverluste | 70 |
Verwendung von Futterzusätzen wie z.B. Leinsamen beim Rindvieh zur Hemmung der mikrobiellen Methanproduktion im Pansen der Milchkühe | 305 |
Verteilung der Emissionen der unproduktiven Aufzuchtphase bei Milchkühen auf eine längere Produktionsphase und effizientere Remontierung durch Erhöhung der durchschnittlichen Laktationszahl von 3,5 auf 4,5 Jahre | 200 |
Reduktion der Methanemissionen durch Züchtung auf hohe Futterkonvertierungseffizienz und tiefe Methanemissionen | 365 |
Reduktion der Methan- und Ammoniakemissionen aus offenen Güllelagern bei gleichzeitiger Erhöhung der Stickstoff-Effizienz | 44 |
Massive Reduktion der Methan- und Ammoniakemissionen aus der Güllelagerung und -Ausbringung bei gleichzeitiger Erhöhung der N-Effizienz | 480 |
Anaerobe Vergärung sämtlicher zur Verfügung stehender Rindvieh- und Schweinegülle und des gesamten zur Verfügung stehenden Rindviehmists | 242 |
Erhöhung der Stickstoffeffizienz in der Hofdüngerbewirtschaftung; Verhindern der systematischen Ausnutzung der Selbstdeklaration und der flexiblen Toleranzbereiche in der Suisse-Bilanz sowie Erhöhung des Basis-Ausnutzungsgrades der Hofdünger | 261 |
Umstellung der landwirtschaftlichen Strukturen (Flächenanteile, Tierbestände) gemäss Szenario ÖkOpt zur Erreichung der Umweltziele Stickstoff | 2077 |
Umstellung der landwirtschaftlichen Strukturen (Flächenanteile, Tierbestände) entsprechend einer ausgewogenen Ernährung gemäss der Lebensmittelpyramide der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung | 1544 |
Veränderung der landwirtschaftlichen Strukturen (Flächenanteile, Tierbestaände) bei Einführung einer Abgabe von 50 Franken pro t CO2eq in der Landwirtschaft | 763 |
Veränderung der landwirtschaftlichen Strukturen (Flächenanteile, Tierbestände) bei Einführung einer Konsumabgabe auf Fleisch und Milch | 243 |
Veränderung der landwirtschaftlichen Strukturen (Flächenanteile, Tierbestände) bei Einführung einer Lenkungsabgabe auf Stickstoffinputs (Mineraldünger und Futtermittel) | 58 |
Quelle: Reduktionspotenziale von Treibhausgasemissionen aus der Schweizer Nutztierhaltung, Agrarforschung; verkürzt und ergänzt
Humus als Kohlenstoffsenke
Eine ganz wichtige Massnahme fehlt in der Zusammenstellung der Reduktionspotentiale: Es ist die Erhöhung des Humusgehalts. Humus besteht zu 58% aus Kohlenstoff und ist biochemisch sehr stabil. Wird Humus hingegen Wind und Wetter ausgesetzt, so wird er fortgespült, weggeblasen oder oxidiert Wenn er nicht gepflügt oder durch andere Massnahmen gestört wird kann Humus 100 bis 5‘000 Jahre im Boden gelagert werden. Folglich ist Humus ein wichtiger Kohlenstoffspeicher. Er könnte deshalb einen wichtigen Beitrag gegen die Klimaerwärmung leisten. Dazu kommt, dass Humus die Bodenfruchtbarkeit erhöht und die Wasserspeicherkapazität verbessert. Die Erhöhung des Humusanteils im Boden um ein Prozent führt zur Speicherung von zusätzlich 160‘000 Liter Wasser pro Hektar. Mit jeder zusätzlich im Boden gebundenen Tonne Humus wird die Atmosphäre um ca. 1,8 Tonnen CO2 entlastet. Humus hat also ein unglaubliches Potential, das demjenigen des Waldes nicht nachsteht.
4 Promille fürs Klima
Die von Frankreich zur Pariser Klimakonferenz gestartete „4 Promille-Initiative“ hat nichts mit Alkoholkonsum zu tun, sondern verfolgt das Ziel des Humusaufbaus weltweit. Mit der Anreicherung von organischem Material in landwirtschaftlichen Böden um 0,4 Prozent (= 4 Promille) pro Jahr könnte nach Berechnungen des französischen Agrarforschungsinstituts INRA das derzeitige Wachstum der globalen CO2-Emissionen in der Atmosphäre kompensiert werden.
Möglich ist das deshalb, weil Pflanzen das CO2 aus der Luft aufnehmen. Durch gezielte Massnahmen in der Land- und Forstwirtschaft, sowie der Landschaftspflege würde wieder Humus aufgebaut und so mehr Kohlenstoff in den Böden gespeichert. Umweltschützer und Wissenschaftler weltweit begrüssen diese Initiative. Sie betonen aber auch, dass eine freiwillige Umsetzung durch Landwirte oft schwierig ist und nicht ausreichend honoriert wird. Damit sind wir wieder beim Kernproblem: Solange es keinen Markt für humusmehrende Massnahmen gibt werden sie nicht umgesetzt.
Einschränkend muss gesagt werden, dass es sich bei den 4 Promille um einen theoretischen Wert handelt. In der Praxis ist das Potenzial zur CO2-Bindung geringer, zeitlich begrenzt und – wie beim Wald – reversibel. Aus Kohlenstoff-Senken können auch wieder Kohlenstoff-Quellen werden. Dafür sind die Wirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit und auf weitere Bodenfunktionen in jedem Fall positiv.
Quelle: Die 4-Promille-Initiative „Böden für Ernährungssicherung und Klima“
Die Rolle der Biokohle
Wenn von Humus als Kohlenstoffsenke die Rede ist, kommt man früher oder später stets auch auf Biokohle zu sprechen. Bei der Herstellung von Biokohle oder Pflanzenkohle wird Biomasse durch Pyrolyse thermisch umgewandelt und nach dem Vorbild der „Terra Preta“ genannten Schwarzerde-Böden im Amazonasgebiet ausgebracht. Diese Böden haben im Vergleich zu anderen tropischen Böden eine aussergewöhnliche Fruchtbarkeit. Tatsächlich konnten in Versuchen mit Pyrolyse-Biokohle in tropischen, landwirtschaftlich genutzten Böden positive Effekte auf den Ertrag nachgewiesen werden. Seit 2007 werden auch in anderen Regionen Labor- und Freilandversuche zu Auswirkungen der Biokohle auf Bodeneigenschaften und Pflanzenwachstum durchgeführt. Ertragssteigerungen konnten dabei nur selten beobachtet werden.
Biokohle kann aus sehr verschiedenen biogenen Materialien herstellt werden. Die Herstellungsbedingungen sind ebenfalls sehr vielfältig, so dass auch die Eigenschaften und Wirkungen des Endproduktes Biokohle sehr unterschiedlich ausfallen kann. Allgemein haben Biokohlen, die durch Pyrolyse bei Temperaturen von mehr als 450 Grad Celsius hergestellt werden, einen stabilen Kohlenstoff-Anteil von 80 bis gegen 100 Prozent, wobei die Abbaustabilität auch von der Bodenart, Bodenstruktur, dem Bodenmilieu sowie dem Klima und Bewirtschaftung bestimmt wird. Begrenzend wirkt das Vorhandensein der Menge an Biomasse, die sich zur Verkohlung eignet.
Das grösste Potenzial besteht bei Waldrest- und Schwachholz, diese werden aber teilweise schon zur Energiegewinnung genutzt. Gülle und Gärreste sind zur Umwandlung in Pyrolyse-Biokohle nur mässig empfehlenswert, da sie einen hohen Düngewert aufweisen und besser als Dünger eingesetzt werden. Trotzdem schätzt der Weltklimarat, dass die Biokohle weltweit gesehen grosses Potential hat. Doch mehr dazu später.
Technik oder Beschränkung?
Ob die Auswirkungen des Klimawandels als gut oder schlecht angesehen werden, hängt natürlich vom Standpunkt ab. Die Brauereien freuen sich zum Beispiel, wenn es wärmer wird, der Bierkonsum steigt mit der Anzahl Sommertage an. Auch für die Landwirtschaft gibt es einige positive Aspekte: Die Anbausaison wird tendenziell verlängert, die Palette der anbauwürdigen Kulturen kann vergrössert werden und CO2 ist nicht nur ein Schadgas, sondern hat auch einen Düngeeffekt für Pflanzen. Dennoch dürften weltweit und langfristig gesehen die negativen Effekte überwiegen.
Es gibt grundsätzlich verschiedene Ansätze wie man dem Klimawandel begegnen soll. Verzicht und Einschränkungen sind meistens nicht so beliebt und Lenkungsmassnahmen, die von der Politik beschlossen werden müssten, lassen oft ewig auf sich warten. Deshalb tauchen immer wieder Vorschläge aus dem Bereich „Geo-Engineering“ auf. Der Begriff Geo-Engineering umfasst technische Eingriffe in (bio)geochemische Kreisläufe, die das Ziel haben, die Klimaerwärmung oder die Versauerung der Meere zu bremsen. (Dass die Versauerung der Meere ebenfalls ein Problem des Klimawandels ist, ist weitgehend unbestritten. Die Versauerung tritt auf, weil ein Teil des CO2 aus der Atmosphäre in den Meeren gelöst wird und so zu einem sinkenden pH-Wert führt.)
Geo-Engineering: Spiel mit dem Risiko
Die meisten Geo-Engineering Ideen sind aber noch kaum erforscht, wären relativ teuer und hätten nicht selten massive Nebenwirkungen. Ihre Verfechter verfolgen sie jedoch vor allem mit dem Argument, dass es möglicherweise zu spät ist, bis die Politik reagiert. Sie sind der Meinung mit technischen Massnahmen könnte man wenigstens das Schlimmste noch verhindern. Derzeit werden zwei verschiedene Ansätze verfolgt: Der erste Ansatz lautet, dass menschengemachte Treibhausgase aus der Atmosphäre gefiltert oder dieser entzogen werden sollen. Beim zweiten Ansatz geht es darum die Sonnenstrahlung zu dämpfen, damit sich die Erde weniger aufheizt.
Der zweite Ansatz setzt also nicht bei der Ursache an, sondern versucht nur die Folgen zu mildern, nämlich die Erwärmung infolge des verstärkten Treibhauseffektes, die bei Verminderung der Sonneneinstrahlung eben weniger stark ausfiele. So könnte man zwar erreichen, dass zum Beispiel Gletscher nicht so schnell schmelzen und die Meeresspiegel weniger rasch ansteigen. Andere Folgen des hohen CO2-Ausstosss – wie etwa die Versauerung der Weltmeere und das damit verbundene Absterben von Korallenriffen blieben aber gleich. Zudem würde mit solchen Massnahmen mindestens in einigen Regionen der Welt die Niederschlagsverteilung verändert.
Seit 2013 erkundet die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG im Rahmen eines Schwerpunktprogramms die Chancen und Risiken von Geo-Engineering, mehr als ein Dutzend wissenschaftliche Institute aus ganz Deutschland sind daran beteiligt. Doch je genauer die Vorschläge untersucht werden, desto weiter schrumpft das Potenzial, und desto mehr Risiken zeigen sich. Das gilt auch bei vermeintlich grünen Methoden wie der Aufforstung oder dem Anbau von Bioenergiepflanzen. Wenn überhaupt, könnten diese Technologien allenfalls einen kleinen Beitrag zur Beschränkung des Klimawandels leisten.
Keine der diskutierten Technologien ist in absehbarer Zeit in dem Massstab einsetzbar, wie es für ein deutliches Begrenzen des Klimawandels nötig wäre. Gleichzeitig sind die Kosten relativ hoch und die Risiken kaum abzuschätzen. Zahlreiche Forscher und auch die Wissenschaftsakademien der Schweiz kommen in einer Gesamtbewertung zu dem Ergebnis, dass grosstechnische Klima-Interventionen "in keinem Fall Ersatz für die Bemühungen um möglichst rasche und nachhaltige Emissionsminderungen sein können". Es führt also kein Weg daran vorbei, dass gehandelt werden muss.
Beispiele für Geo-Engineering
Die Vorstellungen zu Geo-Engineering basieren oft auf Methoden der Wetterbeeinflussung, die für kurzfristige landwirtschaftliche, politische oder militärische Zwecke verfolgt wurde. Beim Geo-Engineering soll aber nicht nur das lokale Wetter, sondern das globale Klima beeinflusst werden. Hier ein paar Beispiele für Verfahren, die diskutiert werden:
Versenken von Ernteabfällen. Ernteabfälle wie z.B. Stroh würden von Schiffen in Meerestiefen von 1000 bis 1500 Metern versenkt. Dort läuft die Zersetzung sehr langsam und das CO2 könnte über Tausende Jahr gebunden werden. Allerdings könnten durch den Transport der Ernteabfälle mehr CO2 entstehen als letztlich im Meer gebunden wird. Die ökologischen Auswirkungen auf die Tiefsee und die Freisetzung schädlicher Faulgase sind kaum abschätzbar. Ganz abgesehen davon, dass das versenkte Stroh dann zur Humusbildung fehlen würde.
Aufforsten von Wäldern. Bäume entziehen der Atmosphäre CO2. Neu gepflanzte Bäume könnten bis zum Jahr 2100 etwa ein Viertel des derzeit in der Atmosphäre enthaltenen CO2 aufnehmen. Allerdings würde dafür mindestens acht Millionen Quadratkilometer Land benötigt – das entspricht der Fläche Brasiliens. Und wo Wald wächst, gibt es keinen Ackerbau – die Nahrungsmittelversorgung würde gefährdet.
Direct Air Capture. CO2 könnte künstlich aus der Umgebungsluft herausgefiltert und anschliessend unterirdisch gespeichert oder für die Herstellung von Kohlefasern verwendet werden. Allerdings müssten wegen dem relativ geringen CO2-Gehalt enorme Mengen Luft gefiltert werden, das würde nur Sinn machen, wenn dafür nicht wieder fossile Energieträger eingesetzt werden. Ob und wie CO2 über lange Zeit sicher gelagert werden kann ist zudem unklar.
Reflektierende Aerosole im Weltraum. Schwebstoffe wie z.B. Sulfatpartikel könnten nach dem Vorbild von Vulkanen in die Stratosphäre ausgebracht werden und dort einfallendes Sonnenlicht reflektieren. Der Himmel würde sich verdunkeln und es würde wahrscheinlich mehr regnen (wenn auch nicht überall). Das Sulfat könnte jedoch auch den Ozonabbau in der Stratosphäre verstärken und nicht alle Tiere und Pflanzen würden die Veränderung gleich gut vertragen. Ausserdem bräuchte es dazu Unmengen Sulfat.
Quelle: Helmholtz.de
Klimabombe Permafrost
Vom weltweiten Klimawandel besonders betroffen ist die Arktis. Die Temperaturen steigen doppelt so stark wie im weltweiten Durchschnitt. Und der auftauende Permafrost treibt die globale Erwärmung weiter voran. Forscher des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven (AWI) schätzen, dass der Permafrost zwischen 1300 und 1600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff enthält. Zum Vergleich: Der Kohlenstoffgehalt der gesamten Atmosphäre beträgt rund 800 Milliarden Tonnen. Der Kohlenstoff stammt von Tier- und Pflanzenresten, die seit Jahrtausenden in der Erde lagern, zumeist in den oberen Bodenschichten. Tauen die Böden, beginnen Bakterien und Mikroorganismen das organische Material zu zersetzen. Der Permafrost könnte also eine tickende Klima-Bombe sein.
Die Welt steht auf der Kippe
Der Verlust des Permafrosts gilt als einer der Kipppunkte im Erdsystem. Werden sie erreicht, kippt die Welt in einen Zustand, der nicht mehr – oder höchstens sehr langfristig – umkehrbar ist. Bislang haben Wissenschaftler mehrere solcher Kipppunkte identifiziert:
- Abschmelzen des sommerlichen arktischen Meereises,
- Abschmelzen des Grönländischen Eisschildes,
- Abschmelzen des Westantarktischen Eisschildes,
- Erlahmen der atlantischen thermohalinen Zirkulation,
- Veränderung der El NiñoSouthern Oscillation,
- Zusammenbruch des indischen Sommermonsuns,
- Veränderungen im Westafrikanischen Monsunsystem mit Auswirkungen auf Sahara und Sahelzone (mit möglicherweise Ergrünen der Sahara als positivem Kippelement),
- Entwaldung des tropischen Regenwaldes,
- Rückgang borealer Wälder,
- Schwinden der tibetischen Gletscher,
- Methan-Ausgasung aus den Ozeanen und aus anderen Methanhydrat-Lagerstätten,
- Methan- und Kohlendioxidemissionen aus tauenden Dauerfrostböden
- und andere mehr.
Mit Rentieren gegen den Klimawandel
Der russische Forscher Nikita Zimov in Sibirien verfolgt einen speziellen Ansatz um die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen. Er will das Auftauen des Permafrosts verhindern, indem er in der Tundra wieder Rentiere, Wisente, Elche, Bisons und jakutische Pferde ansiedelt, die im Winter den Schnee niedertrampeln. Dadurch kann die Kälte tiefer ins Erdreich eindringen. Mehr Kälte = weniger Auftauen vom Permafrost = weniger CO2- und Methan-Emissionen.
In der Nähe von Chersky hat Nikita 20 Quadratkilometer Land eingezäunt. Gut hundert Tiere grasen hier bereits: Rentiere, Bisons, Elche und Yaks. 5'000 Pflanzenfresser sollen es einmal werden. Wenn die Tiere den Schnee zertrampeln, liegen statt einem Meter Schnee nur noch 10 bis 15 Zentimeter, die den Permafrostboden isolieren. Seine These kann Zimov mit Messungen beweisen. Ausserhalb des Parks, wo keine Tiere weiden, liegt im März die Bodentemperatur in einem halben Meter Tiefe bei minus zehn Grad. Dort, wo die Tiere den Schnee zertrampelt haben, waren es dagegen minus 24 Grad. Ein Unterschied von 14 Grad – der vieles zu einem stabileren Klima beitragen könnte.
Quelle: ARD 13.9.2019, Russland: Das Ende des Permafrosts