
Milder Winter und trockener April
Der Winter 2019/20 war laut Meteo Schweiz der Mildeste seit Messbeginn im Jahr 1864. Der Frühling 2020 knüpfte dort an und präsentierte sich als drittwärmster Frühling ebenfalls warm. Ausserdem gab es in vielen Regionen eine rekordnahe Sonnenscheindauer. Es fiel wenig Niederschlag, was in einigen Gebieten zu Trockenheit und Sorgenfalten in der Landwirtschaft sorgte. Die Bise verstärkte den Austrocknungseffekt.
Auch der Sommer gehörte zu den wärmeren mit dem Hitze-Höhepunkt Ende Juli und Anfang August. Der Juni war eher nass und Starkniederschläge Ende August sorgten für eine überdurchschnittliche Niederschlagsumme.
Im Herbst war es dann wechselhaft: Während September und November niederschlagsarm waren, gab es im Oktober auf der Alpensüdseite massiven Starkregen. Insgesamt war der Herbst wie im Vorjahr mild.
Viel gutes Heu
Das Jahr 2020 brachte eine grosse Futterernte und füllte die Scheunen. Folglich war der Heumarkt zum Jahresbeginn gut versorgt. Der Monat April war trocken, aber auch das brachte den Futtermarkt nicht aus dem Gleichgewicht, denn die Bauern verfügten noch über Reserven aus dem Vorjahr. Die Heupreise blieben stabil.
Das Frühjahr 2020 war warm und ab Mai mit dem einsetzenden Regen wüchsig. Im Herbst zeigte sich, dass die Scheunen mit viel gutem Heu und die Silos mit Gras und Mais bester Qualität gefüllt sind.
Zudem sind die Rindviehbestände sinkend und weniger Kühe bedeutet automatisch weniger Nachfrage nach Heu. Der Richtpreis des Schweizerischen Raufutterverbandes für in Ballen gepresstes, am Stock belüftetes Heu beträgt nach wie vor 29 bis 32 Franken je 100 Kilo, ab Hof und auf Wagen verladen.
Bio Suisse hat einen eigenen Richtpreis für Bioheu. Dieser liegt für die beste Qualität bei 38 bis 42 Franken pro 100 Kilo, gepresst in Ballen, verladen auf Wagen und ab Hof. Der Importzoll für Heu lag im November auf tiefen zwei Franken je 100 Kilo Heu, was auf einen entspannten Markt hindeutet.
Obst & Beeren: Hohe Zwetschgenernte
Gefragte Sommerfrüchte
Die Nachfrage nach Sommerfrüchten war 2020 ausserordentlich hoch. Dies lag laut Schweizer Obstverband (SOV) vor allem daran, dass viele Schweizerinnen und Schweizer aufgrund der schwierigen Situation im Inland geblieben waren und vermehrt frische Früchte konsumierten. Die marktkonformen Mengen trugen dazu bei, dass die Vermarktung ohne grössere Probleme ablief. Eine Herausforderung stellten dabei die rekordhohen Mengen an Zwetschgen dar.
Nach dem milden Winter präsentierten sich die Kulturen in einem sehr guten Zustand. Der zeitige Vegetationsbeginn hat dazu geführt, dass die Kulturen in ihrer Entwicklung rund 10 bis 14 Tage Vorsprung hatten. Dies zog sich durch die gesamte Ernte. Die tiefen Temperaturen Ende März und Anfang April führten bei einigen Produzenten zu Frostschäden in den Kulturen. Diese waren regional und sortenabhängig unterschiedlich stark ausgeprägt. Die weitgehend überdurchschnittliche Sonnenstunden wirkten sich positiv auf die Qualität der Früchte aus.
Mehraufwand und beliebte Selbstpflückfelder
Wegen der Corona-Pandemie war Ende März nicht klar, ob und wieviele Erntehelfer einreisen können. In Zusammenarbeit mit den Behörden wurden Lösungen erarbeitet, die schliesslich dazu führten, dass die erforderlichen Erntehelfer rekrutiert werden konnten. Doch war dies für die Betriebe mit einem höheren Aufwand verbunden. Wegen der Coronavirus-Krise waren die Selbstpflückfelder beliebter als üblich. Einige Erdbeerproduzenten mussten deshalb ihre Selbstpflückfelder früher schliessen oder striktere Zeiten am Wochenende festlegen.
Gute Apfel- und Birnenernte
Die Wetterbedingungen im Sommer begünstigten das Wachstum der Tafelkernfrüchte, sodass die Ernte rund zehn Tage früher beginnen konnte. Die Ernte 2020 war gross und qualitativ hochstehend, wie der Schweizer Obstverband (SOV) meldet. Die Tafelapfellager beliefen sich per 31. Oktober auf 62’344 Tonnen, 2’801 Tonnen höher als im Vorjahr. Der Lagerbestand per Ende November ist markkonform. Die Tafelbirnenlager betrugen Ende Oktober 11’615 Tonnen und entsprachen damit dem Zielwert von 10’000 bis 12'000 Tonnen. Bio-Birnen sind sehr gefragt. Trotz der grossen Ernte konnte das Angebot die starke Nachfrage nicht decken.
Die Mostobstlager sind voll
Insgesamt wurden 11’293 Tonnen Mostbirnen und 90’835 Tonnen Mostäpfel in die Schweizer Mostereien geliefert und verarbeitet. Die Früchte sind aufgrund der Witterungsverhältnisse von sehr guter Qualität. Die Konzentratlager sind derzeit gefüllt und können den Marktbedarf von über zwei Jahren abdecken. Die Gründe sind vielfältig: einerseits übersteigen die diesjährigen Erntemengen den Bedarf und nach wie vor sind die Nachwirkungen der Rekordernte 2018 zu spüren. Andererseits ist der Absatz von Apfelsaft bei den gewerblichen Mostereien seit Jahren rückläufig. Erschwerend hinzu kommt die pandemiebedingte Schliessung von Gastronomie und Events als Absatzkanäle in diesem Frühjahr. Die erneuten Verschärfungen der Massnahmen im Oktober haben wiederum für einen deutlichen Absatzrückgang gesorgt.
Ein stabiles Gemüsejahr
Die Gemüseproduktion entwickelte sich 2020 generell sehr stabil, wobei wie jedes Jahr regionale Unterschiede vorhanden sind. Trotz verhältnismässig trockenem Winter startete die Saison gut. Im Frühling habe es teilweise ein bisschen viel Regen gegeben, wodurch im Freiland später angesetzt werden konnte, sagt Markus Waber vom Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP).
Das Sommerloch blieb aus
Im Sommer gab es hingegen gegenüber dem Vorjahr weniger heisse und trockene Perioden. Ein übliches Sommerloch sei nicht entstanden, weil viele ihre Ferien zu Hause verbracht haben, so Waber. Der Konsum von Schweizer Gemüse blieb stabil bis dieser durch das Saisonende vieler Kulturen abnahm.
Die Covid-19-Situation hatte grossen Einfluss auf die Nachfrage von Schweizer Gemüse. Die Importmenge war im Frühjahr auf einem Rekordtief und blieb es bis ins Sommerende. Die Nachfrage nach Schweizer Gemüse habe sich zwangsläufig im Markt in den Detailhandel und in den Direktverkauf verlagert, da der Absatzkanal in die Gastronomie weggebrochen sei, erklärt Waber.
Gutes Zusammenspiel zwischen Handel und Produktion
So konnten im Frühjahr alle Schweizer Spargeln über die Direktvermarktung und den Detailhandel abgesetzt werden. «Das Zusammenspiel von Produktion und Handel funktionierte sehr gut und die Versorgung der Bevölkerung mit frischem Schweizer Gemüse konnte jederzeit gewährleistet werden», so Markus Waber. Ein schönes Beispiel dafür: Grössere Kaliber sind normalerweise für den Gastrokanal vorgesehen. Da dieser aber zum Ende der Lagergemüse-Saison immer noch sehr eingeschränkt funktionierte, konnte diese Ware über den Detailhandel verkauft werden.
Auch die Wochenmärkte waren im Frühjahr vorübergehend geschlossen. Es mussten kurzfristig Alternativen gefunden werden. «Die Leute gingen direkt in den Hofladen oder bestellten Gemüseabos. Teilweise stellten geschlossene Restaurants den Gemüsegärtnern ihr Lokal als Verkaufsmöglichkeit zur Verfügung», so Waber.
Die Gemüsegärtnerinnen und Gemüsegärtner leisteten in diesem Jahr sehr viel. Die Arbeitskräfte konnten mit einem zusätzlichen Effort in die Schweiz einreisen, aber auch auf das inländische Personal wurde kurzfristig gesetzt.
«Die Solidaritätswelle in der Schweizer Bevölkerung hat uns überwältigt», freut sich Markus Waber. Viele die einmal im Gemüsebau arbeiten wollten, konnten diese Erfahrung machen und stellten teilweise sehr schnell fest, dass sie dieser körperlich anstrengenden Arbeit nicht gewachsen sind. Die Einhaltung und Umsetzung der Schutzkonzepte sorgte für die Produzenten für einen Mehraufwand. Trotz aller Herausforderungen, konnten die Betriebe viele neue Erfahrungen sammeln und können generell auf eine gute Saison zurückblicken.
Wein: Kleiner, aber guter Jahrgang
Die sehr frühe Weinernte lieferte 2020 in der ganzen Schweiz Trauben von guter Qualität, allerdings waren die Mengen geringer als in anderen Jahren. Die Coronavirus-Krise traf die Winzer aufgrund der Schliessung der Gastronomie und Absagen von wichtigen Veranstaltungen wie der Fête des Vendanges in Neuenburg hart, aber es gab auch eine positive Entwicklung: die Zahl der Privatkunden hat zugenommen.
Der heisse und relativ trockene Sommer hat dazu beigetragen, dass die Früchte sehr gesund und reif geworden seien. Die Zuckermengen der Trauben waren dabei sehr hoch. Doch sind die Erntemengen etwas tiefer als im Durchschnitt der vergangenen Jahre. Dies gilt für die Westschweiz ebenso wie für das Wallis, wo insbesondere beim Pinot Noir die Erntemengen unterdurchschnittlich sind. Im Kanton Bern wurde die zweitkleinste Traubenernte des Jahrzehntes verzeichnet.
Kartoffeln: Corona sorgt für Turbulenzen
Die Kartoffelernte 2020 liegt laut Schätzungen der Branchenorganisation Swisspatat bei knapp 490'000 Tonnen. Das sind rund 76'000 Tonnen mehr als im Vorjahr. Die Anbaufläche lag mit 10'985 Hektaren ungefähr auf Vorjahresniveau, der Ertrag lag bei geschätzt 446 Kilo pro Are und damit über dem Durchschnitt der letzten Jahre.
Die Corona-Krise sorgte für starke Turbulenzen auf dem Kartoffelmarkt. Während des Lockdowns im Frühjahr legten die Frischkartoffel-Verkäufe massiv zu haben, während wegen der geschlossenen Gastronomie der Pommes-Frites-Markt einbrach. Für einen ähnlichen Effekt sorgte die erneute Verschärfung der Regeln ab November.
Zuckerrüben: Ertragsausfälle wegen Viröser Vergilbung
Schätzungsweise 220'000 Tonnen Zucker produzieren die beiden Fabriken der Schweizer Zucker AG in Aarberg und Frauenfeld dieses Jahr. 90 Prozent davon wird aus Schweizer Zuckerrüben hergestellt. Die Menge reicht nicht, um die Nachfrage zu decken. Über 100'000 Tonnen Zucker müssten aus der EU importiert werden, erklärte CEO Guido Stäger.
Für viele Rübenbauern war es ein schwarzes Jahr. Die von Blattläusen übertragene Krankheit Viröse Vergilbung sorgte für gelbe Felder, kleine Rüben und damit tiefe Erträge. Einbusse bis zu 50 Prozent waren die Folgen. Die Branche forderte erfolglos eine befristete Wiederzulassung des Beizmittels Gaucho, mit dem die Blattläuse unter Kontrolle gebracht werden könnten. Das Bundesamt für Landwirtschaft bewilligte stattdessen für nächstes Jahr zwei Blattbehandlungsmittel. Ob diese gegen die Viröse Vergilbung ankommen, zeigt sich nächstes Jahr.
Auch in der Fabrik sorgten die kleinen Rüben für Probleme. Die Rollenabstände der Reinigungsanlagen bei den Ernte- und Verlademaschinen musste angepasst werden. Dadurch landen auch Steine in der Fabrik. Das sorgte für Schäden an den Schnitzel-Schneidmaschinen.
Guido Stäger hofft, die Anbaubereitschaft der Rübenbauern erhalten zu können. «Wir werden intensiv mit den Pflanzern kommunizieren, um ihnen die Chancen des Ansatzes neuer Wirkstoffe und dem Blattlausmonitoring zu erklären. Damit hoffen wir, viele von ihnen zu überzeugen, auch 2021 wieder Rüben anzubauen.»
Getreide: Stabile Ernte beim Brotweizen
Die Brotweizen-Ernte war mit rund 385'000 Tonnen annähernd gleich gross wie in den beiden Vorjahren. Die für die Müller wichtigen Protein- und Feuchtglutengehalte lagen in der Ernte 2020 tiefer als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Die Gesamt-Ernte von backfähigem Brotgetreide liegt laut provisorischen Zahlen von Swiss Granum mit 418'094 Tonnen (ohne vom Schweizerischen Getreideproduzentenverband SGPV deklassierte sowie aus Qualitätsgründen nicht backfähige Brotweizenmengen) in der gleichen Grössenordnung wie im Vorjahr.
Die Futtergetreide-Ernte liegt mit 528'535 Tonnen deutlich über dem Vorjahreswert von gut 481'000 Tonnen. Zurückzuführen ist dies auf vor allem auf eine höhere Futterweizen- und Körnermais-Ernte (letzteres ist erst eine Schätzung). Die Futterweizenfläche lag so hoch wie seit 2010 nicht mehr. Mit rund 9'700 Hektaren ist der von der Branche gewünschte Zielwert von 20'000 Hektaren aber weiterhin weit entfernt. Um diesen zu erreichen bräuchte es auch höhere Preise für den Futterweizen.
Ölsaaten: Höchste Rapsernte seit 2014
Die Rapsernte fiel mit gut 88'000 Tonnen so hoch aus wie seit 2014 nicht mehr. Mit verantwortlich dafür ist eine wegen der hohen Nachfrage um rund 1800 Hektaren ausgebaute Anbaufläche. Die geschätzte Sonnenblumen-Ernte lag mit rund 14'000 Tonnen unter dem Vorjahr, wobei auch die Anbaufläche abgenommen hat. Mit fast 6'000 Tonnen liegt die Sojaernte auf einem neuen Rekordwert.
Viel Holz auf dem Markt – viele Menschen im Wald
Zwei Trends prägten das Jahr in der Waldwirtschaft: Infolge Klimastress und Borkenkäfer gelangte weiterhin viel Schadholz auf den Holzmarkt und drückte die Preise. Und während dem Corona-Lockdown strömten in Stadtnähe viele Menschen in die Wälder, wo sie auch Spuren hinterliessen.
Trotz der Pandemie konnte die Waldarbeit unter Einhaltung der Schutzvorschriften weitergeführt werden. Nach den Klimaextremen im Vorjahr entwickelte sich die Witterung im Verlaufe des Jahres 2020 für den Wald günstiger. Allerdings herrschte im Frühjahr noch weitverbreitet Waldbrandgefahr und es musste eine Explosion der im Vorjahr gewachsenen Borkenkäferpopulationen erwartet werden. Die Käfer wüteten dann weniger schlimm als befürchtet, weil es in der zweiten Jahreshälfte regelmässig Niederschläge gab. Trotzdem fiel gebietsweise viel Schadholz an, in der Ostschweiz mehr als im Westen. Der Trend in Richtung Energieholz hielt an; landauf, landab werden neue Holzenergiezentralen erstellt. In Les Breuleux JU ging 2020 das neue Verarbeitungswerk für Buchenholz der Fagus Suisse SA in Betrieb. Stark wie Stahl und Beton, hat die Buche als Baustoff der Zukunft ein grosses Potenzial, dies weckt in Forstkreisen Hoffnungen für einen lukrativen Absatz von Laubholz.
Zur Jahresmitte wurde der Ergebnisbericht zum vierten Landesforstinventar veröffentlicht. Er zeigt auf, dass sich der Schweizer Wald insgesamt positiv entwickelt, dank umsichtiger Pflege. Die Bestandesaufnahme zeigt allerdings auch, dass immer mehr Wälder, besonders in schwer zugänglichen Gebieten, seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet werden und diese in der Folge nicht mehr alle Funktionen optimal erfüllen können. Ursache für eine rückläufige Holzernte ist die verzwickte Lage der Waldeigentümer: Die Einnahmen des Holzverkaufs vermögen oft den Aufwand für die Holzerei nicht mehr zu decken. In einer Motion fordert WaldSchweiz-Präsident Daniel Fässler, dass der Bund Gegensteuer gibt und die Waldeigentümer mit jährlich 25 Millionen Franken bei der Bewältigung des Klimawandels unterstützt. Der Ständerat stimmte dem Vorstoss deutlich zu, die Debatte im Nationalrat erfolgt anfangs 2021.
Nichtsdestotrotz zählen viele Landwirte auf einen Nebenerwerb aus der Waldarbeit. Viele von ihnen absolvieren zurzeit einen Auffrischungskurs in der sicheren Holzerei, wie es das neu Waldgesetz vorschreibt. Text: WaldSchweiz, Urs Wehrli