
Definition Pflanzenschutzmittel
Pflanzenschutzmittel sind chemische oder biologische Wirkstoffe, die Pflanzen oder Ernteprodukte vor dem Befall von Schadorganismen schützen. Sie vernichten un-erwünschte Pflanzen oder hemmen ihr Wachstum und sie beeinflussen oder verändern Wachstumsvorgänge von Pflanzen beispielsweise mit Wachstumsregulatoren. Pflanzenschutzmittel können vorbeugend oder erst bei Befall eingesetzt werden. Pflanzenschutz ist ein Sammelbegriff für viele Massnahmen, die zu gesunden Pflanzen mit ansprechender Qualität und guten Erträgen führen. Im weiteren Sinne werden sämtliche Pflanzenschutzmittel sowie die Mittel zur Schädlingsbekämpfung auch als Pestizide bezeichnet.
Produktgruppe | Wirkungsbereich |
---|---|
Insektizide | Insekten |
Akarizide | Milben |
Nematizide | Nematoden (Fadenwürmer) |
Molluskizide | Schnecken |
Fungizide | Pilze |
Bakterizide | Bakterien |
Herbizide | Unkraut, Pflanzen |
Saatbeizmittel | Schädlinge und Krankheiten beim Saatgut |
Phytoregulatoren | Wachstumsregulatoren, die das Pflanzenwachstum steuern |
Insektizide
Weltweit haben es Tausende von Schädlingen auf unsere Nutzpflanzen und deren Früchte abgesehen. Bekämpft werden sie mit einer Vielzahl von Insektiziden. Aufgrund ihrer Wirkungsweise lassen sie sich in Frass-, Kontakt-, und Atemgifte einteilen.
Frassgifte gelangen über die Nahrung ins Insekt. Kontaktgifte werden mit der Spritzbrühe verabreicht, die Insekten nehmen es über einzelne Körperteile auf. Bei den gasförmigen Atemgiften erfolgt die Aufnahme über die Atmung.
Weiter wird unterschieden zwischen Insektiziden mit Oberflächen- oder Tiefenwirkung. Im ersten Fall bleibt der Wirkstoff auf der Pflanzenoberfläche haften und dringt nicht ins Gewebe ein, was typisch für viele Insektizide auf pflanzlicher Basis ist. Insektizide mit Tiefenwirkung dringen ins Gewebe ein, werden aber nicht weitertransportiert, wie bei den systemisch wirkenden Präparaten. Diese verbreiten sich über die Leitgefässe in der ganzen Pflanze und werden für alle Schädlinge zur Falle, die sich an der Pflanze gütlich tun.
Am häufigsten werden synthetisch hergestellte organische Insektizide verwendet. Die Palette an heute zugelassenen synthetischen Insektiziden ist viel breiter als früher und reicht von sehr selektiv bis zu sehr breit wirkenden Hilfsmitteln.
Die zurzeit umsatzstärkste Gruppe von Insektiziden bilden die Neonicotinoide (siehe Textbox). Dabei handelt es sich um Nervengifte, die systemisch wirken und vor allem gegen saugende Schädlinge wie Blattläuse oder Weisse Fliegen eingesetzt werden.
Zu den natürlichen Insektiziden zählen das in Chrysanthemenarten enthaltene Pyrethrum oder das Neem-Extrakt aus dem Neembaum. Solche alternativen Wirkstoffe sind auch im Biolandbau zur Schädlingsbekämpfung zugelassen.
Streitpunkt Neonicotinoide
Update vom 30. April 2018:
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat Ende Februar 2018 in einer neuen Risiko-Bewertung die Gefährlichkeit von Neonicotinoiden für Bienen bestätigt. Daraufhin kündigte die EU am 27. April an, dass der Einsatz der Neonicotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam ab 2019 im Freiland verboten werden. Das Bundesamt für Landwirtschaft gab daraufhin bekannt, dass das Verbot von der Schweiz übernommen werde.
Im Zusammenhang mit dem in den letzten Jahren weltweit beobachteten Bienensterben sind Wirkstoffe der Gruppe der sogenannten Neonicotinoide als mögliche Ursache bezeichnet worden. Nach Bekanntwerden neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse über subletale Auswirkungen der Wirkstoffe auf Bienen schränkte die EU-Kommission im Jahr 2013 die Verwendung der neonicotinoiden Wirkstoffe Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam in Pflanzenschutzmitteln ein. Als Folge hat auch das Bundesamt für Landwirtschaft in der Schweiz die Bewilligung für die drei Insektizide zur Behandlung von Raps- und Maisfeldern auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.
Währendem Umweltschutzkreise diese Massnahme begrüssen, warnen landwirtschaftliche Kreise vor gravierenden Folgen: So seien heute keine vergleichbaren Substanzen in Mais- und Rapskulturen zugelassen. Die schlechter wirkenden Alternativmittel müssten höher dosiert verabreicht und zudem gespritzt werden. Zudem gefährdeten sie das beim Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln nötige Resistenz-Management zur Bewahrung der Wirksamkeit der Hilfsmittel, so die Argumente.
Die Neonicotinoide wirken systemisch und sehr spezifisch gegen Insekten, und gelten deshalb als wenig problematisch für Säugetiere und Vögel. In der Schweiz waren diese Wirkstoffe bis 2013 als Saatbeizmittel bewilligt. Diese haben den Vorteil, dass der Schutz der Pflanze von Anfang gewährleistet ist. Spätere Spritzungen sind nicht mehr nötig, weshalb die Wirkstoffmenge pro Hektar um einiges geringer ist als mit einer herkömmlichen Spritzapplikation.
Fungizide
Pilzkrankheiten sorgen Jahr für Jahr nicht nur für massive Ernteausfälle, sondern können auch negative Folgen auf die Gesundheit von uns Menschen haben. Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Leute nach der Einnahme von verdorbener Ware starben. In unserem relativ feuchten Klima ist die Gefahr von Pilzbefällen grösser als in anderen Teilen der Welt.
Behalfen sich die Landwirte früher mit Schwefel, Asche oder Kalk und etwas später mit Kupfer, kamen Mitte des letzten Jahrhunderts die ersten selektiv wirkenden Fungizide auf den Markt. Bei Fungiziden wird unterschieden zwischen protektiven, kurativen und eradikativer Wirkung.
Protektiv steht für schützend, das heisst, der Wirkstoff wirkt vorbeugend und verhindert die Sporenkeimung oder das Eindringen des Pilzes in die Pflanze. Kupfer- und Schwefelprodukte zählen dazu, beide sind in begrenzten Mengen im biologischen Landbau zugelassen. Da dieser Fungizidtyp durch Regen abgewaschen wird, müssen die Anwendungen wiederholt werden und führen deshalb zu mehr Aufwand.
Effizienter wirken selektive, systemisch wirkende Fungizide, die die Stoffwechselfunktionen der Pilze hemmen. Der Wirkstoff verteilt sich über die Leitsysteme in der ganzen Pflanze und wirkt auch eradikativ, das heisst Pilze können auch noch nach den ersten Befallsymptomen eliminiert werden.
Herbizide
Unkraut behindert die Kulturpflanzen am Wachstum oder kann Pilze und Krankheiten übertragen. Mit Unkrautbekämpfungsmitteln (Herbiziden) entledigen sich die Bauern diesem Problem schnell und wirkungsvoll.
Es wird unterschieden zwischen selektiven Herbiziden, die gegen bestimmte Pflanzen wirken und Totalherbiziden, die gegen alle Pflanzen wirken. Die in der Schweiz zugelassenen Totalherbizide werden über die grünen Pflanzenteile und nicht über die Wurzel aufgenommen und haben keine chemische Dauerwirkung. Die Keimung und der Wuchs werden selbst kurz nach der Spritzung nicht negativ beeinflusst.
Selektiv wirkende Herbizide nutzen beispielsweise die unterschiedlichen Formen und Strukturen von Pflanzen, spezielle Stoffwechseleigenschaften, unterschiedliche Wurzeltypen wie Flach- oder Tiefwurzler oder das Alter der Pflanzen, beispielsweise keimendes Unkraut.
Unkrautbekämpfungsmittel werden in Blattherbizide und Bodenherbizide eingeteilt. Erstere dringen über das Blatt ein und schädigen das Unkraut dort, wo es mit der Spritzmittelbrühe in Kontakt gekommen ist, sie werden vor allem gegen einjährige Unkräuter eingesetzt. Andere Blattherbizide wirken systemisch und verteilen sich über die Leitbündel in der ganzen Pflanze.
Bodenherbizide werden über die Wurzel aufgenommen und verteilen sich in der ganzen Pflanze, sie kommen vor allem vor der Saat oder im Vorauflauf zum Einsatz.
Glyphosat: Umstrittene Mutter aller Herbizide
In den 1970er-Jahren brachte die heutige Firma Monsanto die Substanz Glyphosat als aktiven Wirkstoff im Herbizid Roundup erstmals auf den Markt. Der Wirkstoff greift bei der Pflanze in die Produktion bestimmter für das Wachstum bestimmten Aminosäuren ein. Dieser Stoffwechsel existiert nur in Pflanzen, Pilzen und Bakterien. Deshalb gilt der Wirkstoff aus wissenschaftlicher Sicht als relativ wenig toxisch, weist eine geringe Mobilität auf und baut sich schnell ab.
Wie umweltverträglich Glyphosat aber wirklich ist, darüber streiten sich Forscher und Hersteller seit Jahren. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) bezeichnete Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend". Alle Zulassungsbehörden der Welt - inklusive der Schweiz - sowie die Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und die europäische Chemiekalienagentur ECHA kommen hingegen zum Schluss, dass Glyphosat für den Menschen ungefährlich sei, wenn es vorschriftsgemäss ausgebracht wird.
Die EU-Länder stimmten im letzten Herbst der Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat für weitere fünf Jahre zu. Auch die Schweizer Zulassungsbehörden sehen keinen Grund, das Pflanzenschutzmittel vom Markt zurückzuziehen. Schweizer Untersuchungen an 230 Lebensmitteln zeigten zwar bei 40 Prozent der Lebensmittel messbare Spuren, allerdings weit unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.
Die höchsten Werte enthielten Teigwaren aus kanadischem Hartweizen. Der Grund liegt hier in unterschiedlichen Anwendungs-Vorschriften: Während Glyphosat in der Schweiz nur als Herbizid vor der Aussaat der Hauptkultur eingesetzt werden darf, ist in zahlreichen anderen Ländern die Besprühung beispielsweise von Getreide kurz vor der Ernte erlaubt, um eine gleichmässige Abreife zu erhalten.
Eine Alternative zu Glyphosat ist die mechanische Unkrautbekämpfung mit Hackgeräten und Pflug, die aber deutlich energieintensiver ist und durch den höheren Dieselverbrauch mehr CO2 in die Atmosphäre freisetzt. Zudem würden Erosionsschäden tendeziell zunehmen. Ein Rückzug des Glyphosats hätte unter diesen Aspekten durchaus auch negative ökologische Auswirkungen.
Saatbeizmittel
Um die Pflanze gleich vom ersten Stadium an vor Pilzen und Schädlingen zu schützen, werden heute Fungizide und Insektizide mit speziellen Maschinen direkt auf den Samen aufgebracht. Sie sind mit auffälligen Farben eingefärbt, damit sie von nicht-behandeltem Saatgut unterschieden werden können. Gebeiztes Saatgut wirkt effektiv an der Quelle. Flächiges Spritzen oder das Streuen von Granulaten wird dadurch im optimalen Fall nicht mehr nötig.
Wachstumsregulatoren
Zur Verbesserung der Standfestigkeit beispielsweise bei Getreide werden Wachstumsregulatoren eingesetzt. Diese Phytohormone bewirken in diesem Fall eine Verkürzung der Halmlänge. In Gemüse- und Obstkulturen können sie zur Beschleunigung der Reife oder zur Steuerung des Fruchtansatzes verwendet werden.
Wie werden Pflanzenschutzmittel im Boden abgebaut?
Im Boden sorgen Mikroorganismen begünstigt von Licht für den Abbau von Pflanzenschutzmitteln. Idealerweise erfolgt der Abbau vollständig zu Kohlendioxid, Wasser und Nährstoffen (Mineralisierung). Neben der Substanz selbst entscheiden Temperatur, Feuchtigkeit im Boden und dort lebende Mikroorganismen über die Abbaugeschwindigkeit.
