6.1 Resultate der OECD-Studie zur Förderung von Biotreibstoffen
Die EU, die USA und Kanada fördern Biotreibstoffe mit jährlich 11 Mrd. Dollar. Bis 2015 sollen die Gelder auf 25 Mrd. Dollar anwachsen. Dies schrieb die OECD in einem Bericht, der Mitte Juli 2008 veröffentlicht wurde. (1) Im OECD-Bericht werden drei Instrumente genannt, mit denen Regierungen Biotreibstoffe fördern:
- Finanzielle Unterstützung, entweder in Form von Steuererleichterungen für die Hersteller von Biotreibstoffen (Raffinerien), die Händler und die Konsumenten oder in Form direkter Subventionen für die Herstellung und Mischung von Biotreibstoffen. Diese Massnahmen belasten den öffentlichen Haushalt entweder durch entgangene Steuereinnahmen oder durch zusätzliche Ausgaben.
- Beimischungsquoten für Biotreibstoffe. Die Kosten für diese Massnahme tragen normalerweise die Konsumenten.
- Handelshemmnisse, vor allem durch Importzölle, um die inländische Biotreibstoff-Produktion vor kostengünstigerer ausländischer Konkurrenz zu schützen.
Der Bericht hält fest, dass die Förderprogramme für Biotreibstoffe dringend überprüft werden müssten, weil sie die Treibhausgasemissionen nur minim, nämlich nicht einmal um 1 Prozent, reduzierten, und auch nur wenig zu einer sicheren Energieversorgung beitrügen. Laut OECD wäre es deshalb sinnvoll, ein Moratorium für Biotreibstoffe einzuführen. Eine weitere Forcierung der Biotreibstoffe habe mittelfristig höhere Nahrungsmittelpreise und eine unsichere Versorgungslage bei den Lebensmitteln zur Folge. Dies stellen auch die UNO, die Weltbank und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen fest. Die OECD gibt in ihrem Bericht folgende Empfehlungen ab:
- Anstatt Biotreibstoffe weiterhin zu fördern, sollte Energie gespart werden. Es koste weniger, die Treibhausgasemissionen durch Energie-Einsparungen als durch die Förderung von Biotreibstoffen zu senken
- Wenn schon, dann sollten Biotreibstoffe auf Flächen angebaut werden, die nicht für die landwirtschaftliche Produktion genutzt werden.
- Die Märkte sollten für Rohstoffe zur Herstellung von Biotreibstoffen sowie für die Biotreibstoffe selbst geöffnet werden
- Die aktuellen Förderpolitiken für Biotreibstoffe sollten so geändert werden, dass eine weiteres Ansteigen der Nahrungsmittelpreise verhindert wird.
6.2 Schweiz
In seinem "Positionspapier biogene Treibstoffe" (5) hält das Bundesamt für Energie (BFE) fest, dass gut 10 Prozent des heutigen Primärenergieverbrauchs ökologisch vertretbar mit Biomasse gedeckt werden könne. Damit könnte die Biomasse einen wichtigen Beitrag zu Erreichung der CO2-Re-
duktionsziele und der Ziele von Energie-
Schweiz zur Reduktion der Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Energien leisten. Mit der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls hat sich die Schweiz verpflichtet, die Emissionen der Treibhausgase zu reduzieren. Das CO2-Gesetz verlangt, dass der Ausstoss bis ins Jahr 2010 gegenüber 1990 um zehn Prozent reduziert wird. Um diese Ziele besser zu erreichen, sind am 1. Juli 2008 die Verordnungen zum revidierten Mineralölsteuergesetz in Kraft getreten. Die Treibstoffe Bioethanol, Biodiesel, Biogas, Biomethanol, Biodimethylether, synthetische Biotreibstoffe, Biowasserstoff, pflanzliche und tierische Öle oder pflanzliche und tierische Altöle sowie der Treibstoff Biogas werden von der Mineralölsteuer befreit, wenn sie die folgenden Kriterien erfüllen:
- Reduktion der CO2-Emissionen vom Anbau bis zum Verbrauch von mindestens 40 Prozent (bezogen auf fossiles Benzin)
- Keine erheblich höhere Umweltbelastung als fossiles Benzin
- Keine Gefährdung der biologischen Vielfalt und des Erhalts von Regenwäldern
- Einhaltung der Sozialgesetzgebung des Produktionslandes, mindestens aber der in den Kernkonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation enthaltenen Normen beim Anbau und bei der Produktion.
Die detaillierten Anforderungen an den Nachweis einer positiven ökologischen Gesamtbilanz müssen in einer entsprechenden UVEK-Verordnung noch festgelegt werden.
Die Steuererleichterung erhält nur, wer den Nachweis erbracht hat, dass diese Mindestanforderungen erfüllt sind. Treibstoffe aus biogenen Abfällen und Rückständen aus der Verarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Produkten erfüllen nach heutigem Stand des Wissens die ökologischen Mindestanforderungen, wenn sie "nach dem Stand der Technik hergestellt" sind. Ausserdem konkurrenzieren sie die Nahrungsmittelproduktion nicht. Sie können deshalb ohne Nachweis der positiven ökologischen Gesamtbilanz von der Steuer befreit werden und werden auf eine "Positivliste" gesetzt.
Biodiesel aus Schweizer Raps erfüllt zwar knapp die Anforderungen punkto CO2-Emissionen, schneidet aber bei den Gesamt-Umweltbelastungen etwa 80 Prozent schlechter ab als konventionelles Benzin. Deshalb erhalten Treibstoffe aus Raps nur eine Steuererleichterung, wenn sie im Einzelfall den Nachweis einer positiven ökologischen Gesamtbilanz erbringen können.
Treibstoffe aus Zuckerrohr erfüllen zwar die Anforderungen an die Treibhausgasemissionen und liegen bei den Umweltbelastungspunkten gerade knapp bei den 25 Prozent über denen von fossilem Benzin, die noch erlaubt sind. Aber die Ausweitung der Anbaufläche von Zuckerrohr kann den Regenwald gefährden. Deshalb muss für Bioethanol aus Zuckerrohr ebenfalls fallspezifisch eine positive ökologische Gesamtbilanz erbracht werden.
Keine Steuererleichterung werden im Normalfall Treibstoffe aus Palmöl, Soja und Getreide erhalten. Der Anbau dieser Kulturen bedroht den Regenwald und die Biodiversität oder konkurrenziert Futter- oder Nahrungsmittel.
Mit dem Inkraftsetzen dieser strengen Auflagen nimmt die Schweiz europaweit und international eine Vorreiterrolle ein. Auch in der EU werden zurzeit vergleichbare Nachhaltigkeitskriterien diskutiert; entsprechende Anforderungen wurden aber noch nicht beschlossen.
Das BFE zieht in seinem Positionspapier zu biogenen Treibstoffen folgendes Fazit: " Die Schweiz vertritt eine restriktive Haltung gegenüber biogenen Treibstoffen. Damit unterstreicht die Schweiz auch, dass die Nahrungsmittelproduktion Vorrang hat. (….) Eine landwirtschaftliche Produktion von biogenen Treibstoffen im grossen Stil ist in der Schweiz nicht erwünscht. Sie hätte zur Folge, dass die einheimische Nahrungs- und Futtermittelproduktion verdrängt würde und diese mehr durch Importe ersetzt werden müsste. Ökologisch schneidet die Produktion von biogenen Treibstoffen aus
Abfall-Biomassen gut ab. Ausserdem konkurrenziert sie die Nahrungsmittelproduktion nicht.
Aufgrund der ökologischen und sozialen Risiken von biogenen Treibstoffen ist eine Vorgabe von Quoten zur Beimischung von biogenen Treibstoffen nicht sinnvoll. Quoten können zudem einer rationelleren Verwendung entgegenstehen. Grundsätzlich ist der eingesparte Treibstoff der Beste. Die sparsame und rationelle Energieverwendung haben Priorität, auch in der Mobilität".
Bei der Diskussion der ökologischen Bewertung von Biotreibstoffen muss auch dieser Aspekt unbe-dingt berücksichtigt werden: Wird aus Biomasse Strom anstatt Treibstoff hergestellt, ist der Wirkungsgrad oft besser. Und Holz kann beim Heizen doppelt so viel Energie liefern wie als Kraftstoff nach einer ziemlich aufwendigen Umwandlung zu Ethanol oder Methanol.
Mitte 2008 stellte der Bundesrat einen Bericht über die Entwicklungsperspektiven der Bioethanolproduktion in der Schweiz vor. Im Bericht berücksichtigt wurde die Steuerbefreiung von biogenen Treibstoffen im revidierten Mineralölsteuergesetz. Selbst wenn man von Extremhypothesen ausgehe, könne die Produktion biogener Treibstoffe auf der Basis von Importen, landwirtschaftlichen Rohstoffen, organischen Abfällen und von Restholz allerhöchstens einen Zehntel des gesamten Treibstoffverbrauchs abdecken. Es sei kaum wahrscheinlich, dass grössere Anbauflächen für die Produktion biogener Treibstoffe umgenutzt würden.
6.3 EU
In der EU werden Biotreibstoffe von den einzelnen Mitgliedstaaten gefördert. Eine Richtlinie schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten einen Minimal-Anteil von Biotreibstoffen in den konventionellen Treibstoffen gesetzlich festsetzen müssen. Als Leitplanke setzt die Biotreibstoff-Richtlinie den Wert von 5,75 Prozent, der bis Ende 2010 erreicht sein muss.
Zur Erreichung dieser Ziele sind flankierende Massnahmen notwendig. Deshalb erlaubt die EU ihren EU-Mitgliedstaaten, alle Biotreibstoffe von der Mineralölsteuer zu befreien. Diese Regelung gilt sowohl für reine Biotreibstoffe als auch anteilmässig für die Beimischung biogener Komponenten zu fossilen Treibstoffen. Im Durchschnitt beträgt die Mineralölsteuer für Biotreibstoffe etwa 50 Prozent der Steuer für konventionelle Treibstoffe.
Auf EU-Ebene sind zwei Unterstützungs-Massnahmen von Bedeutung:
- Importsteuern auf Bioethanol und Biodiesel
- Flächenbeiträge von 45 Euro pro Hektare für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen.
Anfangs 2008 wurde eine neue Bioenergie-Richtlinie als Kommissions-Vorschlag publiziert, die vorschreibt, dass 2020 10 Prozent der für Transporte bestimmten Treibstoffe Biotreibstoffe sein müssen. Für die Erreichung dieses Ziels spielen die Treibstoffe zweiter Generation eine grosse Rolle. Zusätzlich definiert diese Richtlinie minimale Kriterien in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Biotreibstoffen, insbesondere von Treibhausgasemissionen.
6.4 USA
In den USA dient eine breite Palette von staatlichen Massnahmen dazu, Produktion und Verwendung von Biotreibstoffen zu fördern. Diese reicht von Qualitäts-Anforderungen bei Treibstoffen, Vorschriften für den Gebrauch von Biotreibstoffen bei öffentlichen Transportmitteln bis zu steuerlichen Anreizen für Flexifuel-Fahrzeuge. In mehreren Bundesstaaten gibt es Beimischungsquoten. Zusätzlich werden viele Forschungsprojekte mit öffentlichen Geldern unterstützt. Sechs Projekte für die Produktion von Zellulose-Bioethanol werden mit 385 Mio. US-Dollar vom Energie-Departement gefördert.
Die zwei Hauptinstrumente zur Förderung der Biotreibstoffproduktion bilden aber die Steuererleichterungen für Treibstoffproduzenten, die ihren Produkten Bioethanol beimischen sowie die Importtaxen. Die Produzenten erhalten 0,135 USD pro Liter Benzin, dem sie Bioethanol beimischen und 0,264 USD pro Liter Diesel, dem sie Biodiesel beimischen. Je nach Importland sind die Importtaxen für Biotreibstoffe unterschiedlich. Importe aus Ländern der Caribbean Basin Initiative sind taxfrei. Im Energieunabhängigkeits- und Sicherheitsgesetz von 2007 ist im sogenannten Renewable Fuel Standard RFS (Standard für Biotreibstoff) der Verbrauch von 136 Mrd. Litern Biotreibstoffen bis 2022 vorgeschrieben. Bioethanol aus Mais wird im kommenden Jahrzent mit 56,8 Mrd. Litern bis 2015 den Hauptanteil des RFS ausmachen, gefolgt von 1,9 Mrd. Liter Biodiesel bis 2009 und 3,8 Mrd. Liter bis 2012. Aber auch Biotreibstoff aus Zellulose ist im RFS explizit erwähnt. Der RFS schreibt nur den Verbrauch von Biotreibstoffen vor und nicht deren Produktion, weshalb diese Biotreibstoffe auch importiert werden können. Im RFS wird zwischen "konventionellen" Biotreibstoffen (aus Mais) unterschieden und "fortgeschrittenen" Biotreibstoffen. Alle anderen als konventioneller Biotreibstoff müssen 50 Prozent weniger Treibhausgas erzeugen als normales Benzin, Zellulose-Biotreibstoffe sogar 60 Prozent weniger. Dies wird die Importe beschränken. Das amerikanische Modell weist also Parallelen zum revidierten Mineralölsteuergesetz der Schweiz auf.
6.5 Brasilien
Für Bioethanol gilt in Brasilien eine Reduzierung der Mineralölsteuer. Die Beimischungsquote in einem Bereich von 20 bis 25 Prozent Bioethanol zu Benzin wird jeweils genau vom Staat festgesetzt und kommuniziert und muss jeweils genau befolgt werden. Erst seit 2008 gilt beim Diesel eine Beimischungsquote von 2 Prozent Biodiesel. Von 2013 an müssen es fünf Prozent sein.
Nebst der reduzierten Mineralölsteuer und den Beimischungsquoten wendet Brasilien einen Importzoll von 20 Prozent für Bioethanol an.
