Drei von vier Bauern halten Rinder, bei den Vollerwerbsbetrieben sind es sogar noch ein wenig mehr, nämlich vier von fünf. Der Rindviehhaltung ist es zu verdanken, dass die Alpen bewirtschaftet werden und dass es im Berggebiet noch blühende Wiesen und nicht nur Wälder gibt. Vom gesamten tierischen Produktionswert der Schweiz stammen rund 70 Prozent aus der Rindviehhaltung; also von Milch, Kalb- und Rindfleisch und Viehexport. Ende 2007 lebten in der Schweiz 1,6 Millionen Tiere der Rindergattung, die sich aus 700'000 Milchkühen, 100'000 Mutterkühen, 72'000 Mastkälbern und 150'000 Tieren zur Grossviehmast plus dem Nachwuchs, der Aufzucht, zusammensetzte.
4.1 Milch und Fleisch gehören zusammen
Der überwiegende Teil des in der Schweiz produzierten Rindfleisches fällt als Koppelprodukt der Milchproduktion an. Im Schnitt bringt jede Milchkuh jedes Jahr ein Kalb zur Welt. Nicht alle diese Kälber kann man aufziehen, Bullenkälber sind ohnehin für die Mast prädestiniert, da sie keine Milch geben. Je nach Nutzungsrichtung und Zuchtziel wird zwischen Milchrassen (zur Milchproduktion), Fleischrinderrassen (zur Fleischproduktion) und kombinierten Rassen unterschieden. Mehrere Jahre lang war der Rinderbestand in der Schweiz rückläufig, die Milchkuhhaltung nahm ab. Erst seit 2007 sind die Bestände wieder gestiegen.
Bei der klassischen Rindermast werden die Tiere mit Gras, Heu, Maissilage und zum Teil mit Kraftfutter gefüttert. Ein Rind oder ein Muni mit 350 kg Lebendgewicht frisst bei Haltung im Freilaufstall täglich z.B. 11 kg Maissilage, 4 kg Grassilage und 2,2 kg Kraftfutter. Aus den Nährstoffen bilden 350 kg schwere Rinder pro Tag 1'300 Gramm Fleisch. Nach einer Mastdauer von 15 bis 20 Monaten werden die Tiere geschlachtet. Eine extensive Form der Rindermast ist die Weidemast, wobei die Tiere überwiegend auf der Weide gehalten werden und kein oder nur wenig Kraftfutter zugefüttert bekommen.
4.2 Mutterkühe als extensive Haltungsform
Viele Landwirte sind wegen der Arbeitsbelastung in den letzten Jahren von der Milchviehhaltung auf die Mutterkuhhaltung umgestiegen. So können sie ihre Arbeitszeit flexibler einteilen; was es ermöglicht, einem Neben- oder Zuerwerb nachzugehen. Die Mutterkuhhaltung ist eine extensive Möglichkeit um auf Grünland Fleisch zu produzieren. Trotzdem ist nur jede zehnte Kuh eine Mutterkuh.
Bei der Mutterkuhhaltung säugen die Kühe ihre Kälber und ziehen sie mit ihrer Milch selbst auf. Später, nach dem Absetzen, können diese Kälber noch weitergemästet werden. Eine Mutterkuh bildet rund 12 Liter Milch für ihr Kalb pro Tag. Dazu frisst sie täglich im Winter z.B. 20 kg Grassilage und 8 kg Dürrfutter (Heu, Emd) von mittlerer Qualität oder im Sommer auf der Weide rund 80 kg Gras.
In der Schweiz werden die Rinder in der Regel in Familienbetrieben gemästet, der durchschnittliche Tierbestand liegt bei 35 Tieren, nicht einmal 3 Prozent der Betriebe halten mehr als 100 Rinder. Gesamthaft gibt es 43'000 Rindviehhalter – die Hälfte davon liegt im Berggebiet. Das Tierschutzniveau in der Schweiz ist hoch, ein grosser Teil der Bauern beteiligt sich darüber hinaus freiwillig an den Programmen "Besonders tierfreundliche Stallhaltung" (BTS) und/oder "Regelmässiger Auslauf im Freien" (RAUS).
Der Einsatz von Hormonen und antimikrobiellen Leistungsförderern ist in der Schweiz verboten. Auch auf Futtermittel mit gentechnisch veränderten Organismen wird verzichtet. Jedes Tier wird bei der Geburt markiert und in der so genannten Tierverkehrsdatenbank registriert. Wird ein Tier verkauft, so wird dies in der Datenbank festgehalten. So kann jederzeit überprüft werden, welches Tier zu welcher Zeit auf welchem Hof gelebt hat. Diese Rückverfolgbarkeit ist ein wichtiges Glied in der Nahrungsmittelsicherheit. Beim Rindfleisch gibt es mehrere Label- und Markenprogramme, deren Auflagen zum Teil weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus gehen.
4.3 Rindfleisch im Aufwärtstrend
Nach der BSE-Krise brach der Rindfleischkonsum deutlich ein. Waren es im Jahr 1990 noch gut 13 Kilogramm pro Person, so wurden im 2003 gerade noch 10 Kilogramm pro Kopf konsumiert. Inzwischen hat Rindfleisch wieder an Beliebtheit zugelegt. Im 2008 wurden pro Kopf und Jahr etwas mehr als 11 Kilogramm Rindfleisch konsumiert, das sind beinahe 6 Prozent mehr als im Vorjahr. 80 Prozent des Rindfleisches stammt aus dem Inland. Der Rest – immerhin 20'000 t – wird importiert. Bei diesen Importen handelt es sich zum grösseren Teil um "ausgebeintes Fleisch", also beispielsweise um Edelstücke und Binden zur Produktion von Trockenfleisch.
