
Milch ist gefragt – und ein knappes Gut
2020 haben sich die Auswirkungen des Strukturwandels gezeigt. Zum ersten Mal in der aktuellen Geschichte der Schweizer Milch gab es weniger als 20'000 Milchbetriebe. Gleichzeitig sank die Anzahl Milchkühe weiterhin leicht und die Milchmenge insgesamt blieb praktisch stabil. Gleichzeitig war der Absatz bei den Milchprodukten unverändert hoch – auch wegen Corona, aber nicht nur. Das führt dazu, dass Milch ein eher knappes Gut geworden ist.
Die Nachfrage nach Milchprodukten stieg im Detailhandel vor allem in der Zeit der Lockdowns an, wodurch die Einbrüche durch den Wegfall der Gastronomie kompensiert werden konnten. Gleichzeitig fiel der Einkaufstourismus weg, was den Milchabsatz in der Schweiz weiter in die Höhe trieb. «Auch wenn der Milchpreis insbesondere bei der Molkereimilch noch nicht da ist wo er sein könnte und müsste, können wir aus Sicht der Milchproduzenten von einem ansprechenden Jahr sprechen», sagt Reto Burkhardt, Kommunikationsleiter der Schweizer Milchproduzenten (SMP).
Die Schweizer Milchmarkt litt 2020 unter einer Unterversorgung mit Milchfett und einer Überversorgung mit Milcheiweiss. Das führte zu einer knappen Butterlagersituation, weshalb in vier Tranchen insgesamt 5'800 Tonnen Butter importiert werden mussten. Auch dies eine Auswirkung der eher knappen Milchmenge und der gleichzeitig sehr guten Verkäufe von Käse und Molkereiprodukten für den Privatkonsum.
Die Zeiten von Milchsee und Butterberg sind momentan definitiv vorbei. Um ausreichend Schweizer Butter zu haben, müsste man die Milchströme so umlenken, dass Eiweiss exportiert und mehr Fett in der Schweiz bleibt. Wichtig ist, dass die Swissness dabei erhalten bleibt. 2020 zeigte, dass Schweizer KonsumentInnen Schweizer Produkte die mit dem Schweizer Kreuz ausgezeichnet sind wollen und nicht Importware unbekannter Herkunft. Die Schweizer Milchproduzenten haben Hand geboten eine entsprechende Massnahme in der BO Milch umzusetzen. Die dazu notwendigen Mittel werden sie aber nur dann einsetzen, wenn der Mehrerlös das eingesetzte Geld übersteigt.
Höherer Milchpreis
Die Klimadiskussion hat die Milchbranche 2020 definitiv erreicht und das Bewusstsein für eine nachhaltigere Produktion ist weiter gestiegen. In dieser Thematik ist auch die Einführung des «grünen Teppichs» zu verstehen, welcher im 2020 primär tierwohlorientiert war. Bei künftigen Weiterentwicklungen kann es gut sein, dass die Nachhaltigkeit beeinflussende Faktoren wie Massnahmen zur Emissionsminderung stärker einbezogen werden. Die zehn Grund- und acht Zusatzanforderungen, welche die Milchproduzenten erfüllen müssen, werden jedoch frühestens per 2024 angepasst, da die erste Phase des «grünen Teppichs» noch bis 2023 andauert.
«Die Diskussionen sind auch immer eng mit der Agrarpolitik verknüpft», sagt Burkhardt. Wie die Anforderungen von dieser Seite weitergehen, werde sich nach der immer wahrscheinlicheren Sistierung der AP22+ und der Annahme der parlamentarischen Initiative weisen. Grundsätzlich sei man mit dem ersten Jahr nach Einführung des «grünen Teppichs» zufrieden. Das seien echte Mehrwerte, die auf den Milchproduktionsbetrieben generiert würden. Die 3 Rappen Nachhaltigkeitszuschlag als Entschädigung für die Mehraufwände der Produzenten sind von den Milchkäufern umgesetzt worden.
Zusammen mit der guten Marktlage, ist dadurch der Milchpreis für Molkereimilch um 2,9 Rappen gestiegen – Geld, das direkt am Markt generiert werden konnte. «Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Denn die Milch sollte wieder den Wert erhalten, den sie auch verdient», sagt Burkhardt. Nach dem ersten Jahr machen bereits deutlich über 10'000 Betriebe beim «grünen Teppich» mit, was dazu führt, dass mehr als 2/3 der Molkereimilch noch nachhaltiger produziert wird als bisher.
Schweinemarkt: Licht und Schatten
Dank einer an die Absatzmöglichkeiten angepassten Produktion konnten nach dem Jahr 2019 erneut kostendeckende Preise erzielt werden. Seit November sei der Markt wegen der leicht gestiegenen Produktion wieder angespannt und der Erlös und Stundenlohn rückläufig, wie Adrian Schütz von Suisseporcs erklärt.
Coop hat 2020 die Verantwortung für ihr Naturafarm-Programm bei den Schweinen an IP-Suisse abgegeben. «Zusätzliche Leistungsanforderungen an die Landwirtschaftsbetriebe und weniger Prämie für die Mehrwerte sind offeriert», sagt Schütz.
Die Schweinehalter verbesserten zudem in Eigeninitiative das Gesundheitsprogramm und mit Unterstützung des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) wurde das elektronische Behandlungsjournal erfolgreich eingeführt. Damit wurde ein weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung getan.
Die Schweinehalter konnten nach schwierigen Jahren wieder investieren. Die Verbesserungen in Zucht und Verbesserungen in der Haltung kämen den Wünschen der Endverbraucher entgegen, sagt Adrian Schütz. Er betont, dass sich der Einsatz von Stickstoff bei den Schweinen seit den 80er Jahren halbiert hat.
Allerdings sehe sich die Schweinehalter laut Suisseporcs mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Es gibt Kreise, die alle Anstrengungen der Nutztierhalter in Frage stellten. Die Veredelung soll mit Aufrufen und Verfassungs- und Verordnungsänderungen heruntergefahren werden, sagt Schütz.
Er hält es für stossend, dass dabei vermehrte Importe von aus in der Schweiz verbotenen Produktionsmethoden in Kauf genommen werden. Für Schütz ist klar: «Die gut ausgebildeten Schweinehalter sehen der Zukunft dank hochstehender Qualität zuversichtlich entgegen.»
Corona führt zu rekordmässigem Eierabsatz im Detailhandel
Saisonbedingt ging der Eierverkauf zu Jahresbeginn deutlich zurück. So blieben für das Ostergeschäft genügend Eier zum Färben übrig. Ab Mitte März prägte die Corona-Pandemie den Eiermarkt. So brach im Gastro-Sektor der Absatz ein und auch im Grosshandel sanken die Umsätze signifikant. Parallel dazu stieg die Nachfrage nach Eiern im Detailhandel aufgrund der ausserordentlichen Lage stark, bei Bio-Eiern sogar extrem. So wurden im Detailhandel im April gegenüber dem Vorjahresmonat um bis zu 23 Prozent mehr Eier verkauft.
Um die Nachfrage zu decken, mussten deshalb deutlich mehr Eier importiert werden als im Vorjahr, denn die Eierproduktion kann nicht kurzfristig erhöht werden. Weder können die Hennen Nachtschichten einlegen, noch können kurzfristig mehr Hennen gehalten werden. In der Folge hat die die Paritätische Kommission der Eierproduzenten und des Handels (PAKO) den Bundesrat ersucht, das Importkontingent für dieses Jahr um 1000 Tonnen auf 18'428 Tonnen zu erhöhen.
Im Juni normalisierte sich die Lage in der Schweiz allmählich und mit ihr die Lage auf dem Eiermarkt. Die Nachfrage nach Konsumeier stabilisierte sich und diejenige nach Schweizer Eiprodukten erholte sich langsam mit der Wiederöffnung der Gastronomie. Jedoch kam es zeitweise zu einzelnen Lücken im Sortiment. Erst ab Anfang August waren wieder alle gekochten und gefärbten Eier-Produkte verfügbar.
Der Eierabsatz im Oktober war im Detailhandel noch immer höher als in den Vorjahren; die zweite Welle im Herbst wirkte sich aber nicht so stark auf den Eierabsatz aus wie die erste. Bei den Eiprodukten hingegen lag er auch im Oktober einiges unter dem Vorjahr. Aufgrund der Pandemiesituation waren die Absätze in den Tourismus-Gebieten auf sehr tiefem Niveau, da zwar sehr viele Tagestouristen kammen, diese aber eher wenig Eier konsumierten. Entsprechend wurden bis Ende November deutlich weniger Verarbeitungseier importiert als in den Vorjahren.
Corona sorgt für unübersichtliche Lage
Coronabedingt blieb die Lage auf dem Eiermarkt bis Ende Jahr unübersichtlich; die Entwicklung schwer abschätzbar. Besonders in der Ost- und Westschweiz wurden ab Frühling deutlich mehr importierte Eier gekauft. Als Grund wird der Wegfall des Einkaufstourismus vermutet. Um die Nachfrage bis Ende Jahr zu decken, hat die PAKO im Herbst bis Ende Jahr um weitere 2000 Tonnen Importkontingent für Konsumeier ersucht. Der Bundesrat hat dieses Kontingent bewilligt. Vergeben wird das Importkontingent im Windhundverfahren, also nach zeitlichem Eingang der Bedarfsanmeldung. Wenn es ausgeschöpft ist, können Eier nur noch zum hohen Ausserkontingentszollansatz importiert werden.
Die Inlandproduktion wird auf Basis der Kükenstatistik für 2020 auf 1063,7 Millionen Eier geschätzt, gut 63 Millionen Eier oder 6,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon 197,3 Millionen Bio-Eier. Das sind knapp 20 Millionen Eier oder 11,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Umgerechnet sind das 64'040 Tonnen Schweizer Eier, davon 11'885 Tonnen Bio-Eier. Für die Mehrproduktion wurden entsprechend mehr Küken zu Legehennen aufgezogen. Gemäss Schätzung wächst der Bestand bis Ende Jahr auf 3,5 Millionen Hennen, das sind 5 Prozent mehr als Ende 2019. Die Produktion von Schweizer Eiern wird also 2021 weiter zunehmen.
Schweizer Pouletproduktion wächst weiter
Schliesslich setzt sich der in den vergangenen Jahren beobachtete Aufschwung der Geflügelhaltung auch 2020 fort. Sie erreicht 2020 einen Produktionswert von 0,6 Milliarden Franken (+6,0%), was insbesondere auf den zunehmenden Konsum von Geflügel und Eiern aus der Schweiz zurückzuführen ist.
Zudem sind bis Anfang Oktober des aktuellen Jahres rund 4% mehr Mastküken geschlüpft als in der Vorjahresperiode, das deutet auf ein weiteres Wachstum in der inländischen Pouletproduktion hin.
Ein gutes Jahr für die Viehzüchter
Die Rindviehhalter erlebten ein wechselvolles Jahr, das am Ende doch noch gut endete. Die Schlachtviehpreise für sämtliches Grossvieh zogen nach Neujahr an und lagen Mitte März deutlich über dem Vorjahr. Am 16. März trat der Lockdown in Kraft und mit der Schliessung der Gastronomie kamen die Preise der Schlachtkühe und der Muni, Rinder und Ochsen unter Preisdruck. Die Produzentenpreise brachen innert Tagen um rund 10 Prozent ein.
Die Branchenorganisation Proviande reagierte auf den Preiszerfall und liess mit Beiträgen einen Teil des Rindfleisches einfrieren, um den Markt zu entlasten. Im Mai waren 286 Tonnen Rindfleisch eingefroren, weniger als man erwartet hatte. Die Nachfrage der Gastronomie ab Mitte Mai und das weiter bestehende Verbot, für Einkäufe ins nahe Ausland zu fahren, liess die Nachfrage rasch ansteigen und in der Folge erholten sich die Preise rasch.
Wechselvolles Jahr für die Kälbermäster
Die Kälbermäster erlebten ein Jahr mit ausserordentlich grossen Preisschwankungen und Unsicherheiten, ausgelöst durch die Corona-Krise. Das Jahr startete mit dem saisonalen Preisrückgang. Dieser findet gewöhnlich zu Jahresbeginn statt und wird in der Regel ausgelöst durch ein steigendes saisonales Angebot. Kalbfleisch wird überwiegend in der Gastronomie konsumiert. Diese Abhängigkeit traf den Kalbfleischmarkt hart. Nach der Schliessung sämtlicher Restaurants ab Mitte März stürzten die Kälberpreise im Wochentakt unaufhaltsam in die Tiefe. Um den Kalbfleischmarkt zu stützen, liess die Branchenorganisation Proviande mit Beiträgen Kalbfleisch einfrieren. Im Mai waren 739 Tonnen Kalbfleisch eingefroren.
Mit der Öffnung der Restaurants ab Mitte Mai erholte sich der Kalbfleischmarkt sehr rasch. Weil zudem fünf Prozent weniger Kälber geschlachtet wurden, stiegen die Preise über die vergleichbaren Preise der beiden Vorjahre. Weil sich die Situation entspannte, wurde das eingefrorene Kalbfleisch zum Konsum frei gegeben. Im Herbst wurde gar der Import von Kalbfleisch bewilligt, um die steigende Nachfrage zu befriedigen. Im Gegensatz zum Rindfleisch traf jedoch die zweite Corona-Welle den Kalbfleischmarkt härter. Mit den Corona-Vorschriften wurden Versammlungen ins Internet verlegt und die dazugehörenden Geschäftsessen fanden nicht statt. Auch die Kälberpreise sanken. Trotz des Einbruchs im Frühjahr und Sommer resultiert für die Kälbermäster in den ersten drei Quartalen ein leichtes Plus bei den Einnahmen von fünf Millionen Franken verglichen mit der gleichen Zeit des Vorjahres. Der Konsum von Kalbfleisch liegt bei 2,5 Kilo pro Kopf und Jahr und ist in der Tendenz sinkend.
Proviande gab im Laufe des Sommers das eingelagerte Rindfleisch zum Konsum frei. Zugleich stiegen die Rindfleischpreise weiter an. Als ab Juni der Einkaufstourismus wieder erlaubt wurde, kam er nicht wieder in Schwung wie vor Corona. Das alles wirkte sich positiv aus auf einheimisches Rindfleisch. «Nie hätte ich mir träumen lassen, dass die Preise für Muni auf 9 Franken und 80 Rappen steigen würden», sagte der Rindermäster Christian Meier aus Waltenschwil AG Mitte November in der BauernZeitung.
Ab Mitte Oktober sanken die Kuhpreise um 50 Rappen je Kilo Schlachtgewicht. Dieser Preiseinbruch ist aber zu relativieren. Denn die Kuhpreise von Fr. 8.50 je Kilo Schlachtgewicht für eine mittelfleischige Schlachtkuh lag damit immer noch um 30 Rappen über dem Preis von vor einem Jahr und sogar Fr. 1.70 über dem Kuhpreis vor zwei Jahren. Dass die Viehhalter 2020 ein gutes Jahr erlebten, zeigen die Zahlen von Agristat mit aller Deutlichkeit. Die Viehhalter lösten in den ersten drei Quartalen rund 39 Millionen Franken mehr als in der Vergleichsperiode 2019, das ist ein Plus von 5,3 Prozent. An den Versteigerungen für Milchkühe lagen die Preise je Tier rund 300 bis 500 Franken höher als vor einem Jahr.
Nach dem schlechten Vorjahr ein gutes Honigjahr
Das Klima meinte es 2020 gut mit den Schweizer Bienen. Die Imkerinnen und Imker konnten deshalb laut der Dachorganisation Apisuisse im Durchschnitt 29,9 Kilo Honig pro Bienenvolk (11,2 Kilo in der Frühlingsernte, 18,7 Kilo in der Sommerernte) ernten. Das ist deutlich mehr als im Vorjahr, damals waren es nur 13 Kilo im Schnitt gewesen. Die Ernte 2019 war aber wegen des nass-kalten Mais rekordtief ausgefallen. Regional gibt es Unterschiede zu verzeichnen: Am meisten Honig produzierten die Bienen mit 40 Kilo im Schnitt pro Volk in den Kantonen des Jurabogens. Aufgrund von südexponierten Hängen mit viel Flora ist dort der Ertrag meistens höher als im Mittelland. Auch im Tessin war die Ernte hoch.
Schlechter präsentiert sich die Marktlage für die Imkerinnen und Imker. Hatten sie letztes Jahr nur wenig zu verkaufen, fallen dieses Jahr wegen der Pandemie die wichtigen Absatzkanäle wie Herbst- und Weihnachtsmessen weg.