Mehr Ökologie bedeutet weniger landwirtschaftliche Produktion. Wirtschaftspolitisch gesehen ist die Extensivierung erwünscht, denn weniger einheimische Produkte bedeutet weniger Marktordnungsausgaben, ermöglicht die Einhaltung von internationalen Abkommen. Darüber hinaus besteht jedoch der Anspruch, dass der ÖLN auch der Umwelt etwas nützt.
4.1 Weniger Emissionen in die Umwelt
Die Evaluation der Ökomassnahmen der Forschungsanstalt Agroscope für die Bereiche Stickstoff und Phosphor fielen nüchtern aus. Der ÖLN hat zwar ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die Nährstoffe in der Landwirtschaft effizienter und damit auch umweltschonender eingesetzt werden. Die Gewässer- und Luftqualität hat sich trotzdem nicht überall im erwünschten Mass verbessert. Das liegt nicht nur an der Landwirtschaft, sondern auch an den Emissionen aus dem Verkehr, Heizungen, Industrie oder Abwasser, die die Wasser-, Boden- und Luftqualität ebenfalls beeinflussen. Selbst das Wetter kann kräftig mitmischen: Bereits zwei oder drei starke Regengüsse können mehr Nährstoffe in die Flüsse schwemmen als der Umwelt gut tun – und damit die Nährstoff-Sparanstrengungen der Bauern im wahrsten Sinne des Wortes bachab fliessen lassen.
4.1.1 Stickstoff und Phosphor
Die Nitratbelastung in den Grund- und Quellwasserfassungen hat zwischen 1990 und 2003 abgenommen. Allerdings nicht um die angestrebten fünf Milligramm Nitrat pro Liter, sondern nur um drei bis vier Milligramm. Das Ziel – in neun von zehn Trinkwasserfassungen in landwirtschaftlichen Gebieten weniger als 40 mg/l Nitrat zu haben – wurde erreicht. Dieser Teilerfolg darf jedoch nicht nur dem ÖLN zugeschrieben werden.
Immer öfter zeigt sich, dass es zu Zielkonflikten mit den Etho-Programmen kommt: Was den Tieren gut tut – nämlich mehr Bewegung auf der Weide, im Laufstall und Laufhof – das sorgt für mehr Nitrat im Grundwasser oder mehr Ammoniak-Stickstoff in der Luft. Da nützt es wenig, wenn die Bauern gleichzeitig die Amonniakemissionen mit abgedeckten Güllegruben und Schleppschlauchanwendung bei der Ausbringung minimieren.
Beim Phosphor wurde das Ziel, den Überschuss in der nationalen Phosphorbilanz auf 9,400 Tonnen zu senken wurde schon lange unterschritten. Nun soll im Rahmen der AP 2011 die Ziellinie auf 5,000 Tonnen gesenkt werden. Phosphor ist je nach Bodenzustand und Witterungsverlauf entweder löslich und pflanzenverfügbar oder aber fest an das Bodengestein gebunden. Weil zahlreiche landwirtschaftliche Böden, vor allem in Regionen mit hohem Tierbesatz, jahrelang viel zu viel Phosphor erhielten, kann bei starken Niederschlägen auch dann noch Phosphor gelöst und in die Seen geschwemmt werden, wenn schon lange nicht mehr zuviel auf den Boden ausgebracht wird. Die Wirkung einer reduzierten Düngung wird sich deshalb erst in einigen Jahren bis Jahrzehnten zeigen.
4.2 Biodiversität
Um feststellen zu können, ob und wie sehr sich die Biodiversität in der Landwirtschaft seit Einführung des ÖLN verändert hat, müsste man den heutigen Zustand mit dem früheren Zustand vergleichen können. Das kann man aber nicht, weil vor Einführung des ÖLN die Biodiversität gar nicht systematisch erfasst wurde. Deshalb werden für Aussagen über positive (oder negative) Veränderungen Vergleiche herangezogen.
Die wichtigste Massnahme des ÖLN für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität sind die ökologischen Ausgleichsflächen. Die anderen Anforderungen des ÖLN (ausgeglichene Nährstoffbilanz, geregelte Fruchtfolge, Bodenschutz, gezielter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, tiergerechte Haltung der Nutztiere) können zwar ebenfalls einen Einfluss auf die Biodiversität haben; doch ihre Bedeutung ist eher zweitrangig.
Allgemein lässt sich sagen, dass auf den ökologischen Ausgleichsflächen mehr und anspruchsvollere Arten vorkommen als auf intensiv bewirtschafteten Kontrollflächen. Generell fördert der ökologische Ausgleich die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft und trägt dazu bei, dass potenziell gefährdete Arten mehr und bessere Überlebenschancen haben und nicht in die Rote Liste aufgenommen werden müssen. Trotzdem befriedigen viele ökologischen Ausgleichs flächen in qualitativer Hinsicht nicht.
Flächenmässig wurde das Gesamtziel – 108,000 ha ökologischen Ausgleichsflächen für die ganze Schweiz – bereits im Jahr 2000 erreicht. Das Ziel, 65,000 ha qualitativ wertvolle ökologischen Ausgleichsflächen im Talgebiet zu schaffen, wurde jedoch bis heute noch verfehlt.
Umweltziel bis 2005 | Zielerreichung |
Stickstoffüberschuss in der Input-Output-Bilanz um 33 Prozent reduzieren | Reduktion bis 2004 um 15 Prozent |
Ammoniakemissionen gegenüber dem Stand von 1990 um 9 Prozent reduzieren | Reduktion bis 2000 um 20 Prozent |
Nitrat in Grund- und Quellwasserfassung um 5mg/l senken | Rückgang bis 2002 um 3-4 mg/l |
90 Prozent der Trinkwasserfassungen in landwirtschaftlich genutzten Gebieten weisen weniger als 40 mg/l Nitrat auf | Ziel war 2002 erreicht |
Phosphorüberschuss in der Input-Output-Bilanz gegenüber dem Stand von 1990 um 50 Prozent reduzieren. | Ziel wurde 1996 erreicht, Reduktion bis 2002 um 65 Prozent |
Reduktion der durch die Landwirtschaft verursachten Phosphorbelastungen der Seen gegenüber dem Stand von 1990 um 50 Prozent reduzieren | Reduktion um 10, höchstens 30 Prozent |
Evaluation der Ökomassnahmen Bereich Stickstoff und Phosphor, FAL Schriftenreihe 57
Umweltziel bis 2005 | Zielerreichung |
10 Prozent der gesamtschweizerischen landwirtschaftlichen Nutzfläche sind ökologische Ausgleichsflächen | Dieses wurde bereits 2002 erreicht |
65,000 ha ökologischer Ausgleichsfläche im Talgebiet | Ziel knapp verfehlt |
Im Talgebiet sollen in absehbarer Zeit 65,000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche als qualitativ wertvolle ökologischen Ausgleichsflächen bewirtschaftet werden | Ziel um rund zwei Drittel erricht |
Förderung der natürlichen Artenvielfalt | Generell mehr und anspruchsvollere Arten auf ökologischen Ausgleichsflächen als auf intensiv bewirtschafteten Flächen; Qualiät der Flächen jedoch oft ungenügend. |
Keine weiteren Artenverluste (Rote Liste), Wiederausbreitung bedrohter Arten | Nur wenig bedrohte Arten auf ökologischen Ausleichsfächen |
Quelle: Evaluation der Ökomassnahmen Bereich Biodiversität, FAL Schriftenreihe 56
4.2.1 Extensiv und wenig intensiv genutzte Wiesen
Auf den ÖAF-Wiesen im Mittelland gibt es mehr und anspruchsvollere Pflanzenarten, wesentlich mehr Insekten, Tausendfüsser, Spinnen und andere Kleinstlebewesen sowie deutlich andere Artengemeinschaften als auf den Vergleichswiesen. Aber nur rund jede fünfte ÖAF-Wiese im Mittelland erfüllt die Ansprüche der ÖQV. Anders im Berggebiet: Hier zeigen die Vegetationsaufnahmen in den Nordalpen und zentralen Ostalpen, dass vier von fünf ÖAF-Wiesen die Kriterien der ÖQV erfüllen. Im Berggebiet leistet der ökologische Ausgleich ausserdem einen Beitrag zur extensiven Bewirtschaftung von Bergwiesen, die von der Nutzungs-aufgabe bedroht sind.
Wie die Qualität der ÖAF-Wiesen im Mittelland gefördert werden kann, wird derzeit diskutiert. Verstärkt sollen, wie bei der ÖQV, die Beiträge an ein Ergebnis geknüpft werden. Das Problem ist jedoch, dass es noch keinen Massstab für die Mindestqualität von ÖAF-Wiesen im Mittelland gibt.
4.2.2 Streueflächen
Mehr als 80 Prozent der Streueflächen erfüllen die Anforderungen der Öko-Qualitätsverordnung; es handelt sich um ökologisch hochwertige Flächen. Auf rund der Hälfte finden sich auch gefährdete Pflanzenarten. Für drei Viertel der ÖAF-Streueflächen existiert zusätzlich ein Bewirtschaftungsvertrag nach dem Natur- und Heimatschutzgesetz.
4.2.3 Buntbrachen
Buntbrachen erhöhen die Artenvielfalt. In den meisten Untersuchungsgebieten waren die Brachen jedoch zu selten, um einen messbaren Effekt vor allem auf mobile Artengruppen wie Brutvögel zu haben. Ein vermehrter Anbau von Buntbrachen in Ackerbaugebieten wäre wünschenswert.
4.2.4 Hochstamm-Feldobstbäume
Auch wenn die ökologische Qualität der Hochstamm-Feldobstbäume sehr verbesserungswürdig ist (nur 10 Prozent erfüllen die Anforderungen des ÖQV) so sind sie doch eine sichtbare Bereicherung des Landschaftsbildes.
4.2.5 Hecken
Hecken leisten einen wesentlichen Beitrag zur Biodiversität im Agrarraum. Beinahe die Hälfte der ÖAF-Hecken des Mittellandes erfüllen die Anforderungen der ÖQV – selbst bei den nicht beitragsberechtigten Hecken sind es rund ein Drittel.
4.3 Für mehr Ökologie braucht es mehr Einsatz
Mit dem ökologischen Ausgleich wurde zwar ein messbarer Nutzen für die Biodiversität erzielt. Das zeigt, dass die Massnahmen in die richtige Richtung gehen. Doch es wäre noch mehr möglich. Um zum Beispiel die gefährdete Arten stärker zu fördern, sind zusätzliche Anstrengungen nötig. Dabei ist nicht nur die Landwirtschaft gefordert, sondern auch Forstwirtschaft, Naturschutz, Raumplanung und nicht zuletzt die Politik. Gerade in intensiv genutzten Agrarlandschaften müssen Naturschutzflächen mindestens finanziell attraktiv sein, damit sie verstärkt berücksichtigt werden. Das trifft jedoch nicht für alle Typen von Ausgleichsflächen zu. ÖQV-Projekte, Vernetzungsprojekte und Verträge nach dem NHG bilden deshalb für die Bauern – und die Natur – eine wichtige Ergänzung zum ÖLN.