Auch in der Landwirtschaft hat es noch Sparpotential. Zum Beispiel beim Traktor: Wie bei den Autos ist der Treibstoffverbrauch verschiedener Modelle unterschiedlich. Bei gleicher Leistung kann der Dieselverbrauch je nach Modell rund 15% höher oder tiefer ausfallen. Alte Traktoren gehen meistens weniger sparsam mit dem Treibstoff um. Doch neue Traktoren sind teuer, und Diesel (noch) zu billig, als dass sich eine Neuanschaffung allein wegen dem geringeren Treibstoffverbrauch rechnen würde.
Der Verbrauch hängt aber auch vom Fahrverhalten ab. Derzeit rechnet man mit rund 150 Liter Diesel pro Hektar Nutzfläche, diese Menge könnte je nach Anbauverfahren und Anbautechnik wesentlich gesenkt werden. Pfluglose Verfahren wurden in einer Studie schon ein Sparpotential von 80% nachgesagt. Es bringt aber bereits etwas, wenn z.B. mit niedrigen Motordrehzahlen gefahren, oder auf dem Feld ein anderer Pneudruck als auf der Strasse verwendet wird. Das Treibstoffsparpotenzial bei einer "Eco-Drive"-Fahrweise wird auf 10% bis 20% geschätzt.
Energie kann auch gespart werden, wenn extensiver produziert wird. Das zahlt sich dank der Ökobeiträge in vielen Fällen für die Bauern sogar aus. Global betrachtet, sinkt der Energieverbrauch damit aber kaum, sondern wird lediglich ins Ausland verlagert: Was nicht in der Schweiz produziert wird, wird dann eben importiert und damit auch die Energie, die darin steckt.
Intelligente Energienutzung
Von Milchviehbetrieben weiss man, dass sie viel Treibstoff für die Fütterung brauchen (ca. 410 Kwh pro Kuh und Jahr) und viel Strom um die Milch zu kühlen (ca. 470 Kwh/Kuh/Jahr). Die Sparpoten¬tiale sind folglich beim Füttern und Kühlen gross. Wenn die Milchkühlung mit einer Wärmepumpe und die Heubelüftung über eine Solaranlage erfolgt, kann rund ein Drittel der Betriebsenergie eingespart werden.
Energie im Futtertrog
Energiemässig ist Weidegras mit Abstand die beste Methode, auch Frischgras schneidet noch gut ab. Weil das Gras im Winter aber nicht wächst, muss auch konserviertes Futter verwendet werden. Hier schneidet, bezogen auf Megajoule Netto-Energielaktation, NEL (eine Vergleichsgrösse für den Futterwert in der Milchviehhaltung), laut Berechnungen von Agroscope Bodenheu am besten ab. Wenn die Sonne zu wenig scheint und das Heu belüftet wird, steigt der Energieaufwand dafür um das eineinhalbfache; das gilt auch, wenn Silomais aus dem Hochsilo gefüttert wird. Der Energieaufwand verdoppelt sich, wenn statt Bodenheu eigene Gerste verfüttert wird, er ist dreimal so hoch, wenn stattdessen Gerste von einem anderen Schweizer Bauer im Futtertrog landet und sogar fast fünfmal so hoch, wenn die Gerste aus der EU importiert wird. Noch schlechter sieht die Energiebilanz beim Sojaschrot aus: Hier braucht man für dieselbe NEL achtmal so viel Futter-Energie – aber nicht mehr Geld. Denn egal, ob man Bodenheu, eigene Gerste oder Sojaschrot verfüttert: Diese Futtermittel hinterlassen alle im Portemonnaie ein gleich grosses Loch. Nur dass sich Getreide und Soja mit weniger Zeit- und Platz-Aufwand verfüttern lassen.
Schon deshalb kann der Energieverbrauch nicht das einzige Kriterium für die Wahl des Futters sein. Das zeigt sich auch beim Melkroboter: Er benötigt pro Kilo Milch zwar fast doppelt so viel Strom wie das Melken im Melkstand oder mit der Rohrmelkanlage. Dafür ermöglicht der Melkroboter dem Bauern oder der Bäuerin ihre Energie anderweitig einzusetzen.
Minergie im Stall
Rindviehställe werden nicht geheizt, doch in der Schweine- und Geflügelhaltung sind temperierte Ställe gefragt, vor allem für Jungtiere. Agroscope Tänikon (ART) hat ausgerechnet, dass allein bei Heizung und Lüftung von Schweine- und Geflügelställen mit verschiedenen Massnahmen theoretisch 182 GW eingespart werden könnten. Das entspricht dem Strombedarf von 43'000 Einfamilienhäusern.
Doch nicht immer zahlen sich diese Massnahmen aus: ART kam zum Schluss, dass die Wärmedämmung bei Neubauten wirtschaftlich ist, bei bestehenden Gebäuden aber nicht unbedingt. Dass sich eine Luftratensteuerung meistens lohnt, aber eben nicht immer. Das trifft auch auf Wärmerückgewinnungen zu: Investitionskosten von 50'000 Franken und mehr müssen in wenigen Jahren amortisiert werden können, damit es rentiert. Das geht natürlich um so besser, je teurer Energie ist: Denn mit Wärmerückgewinnungsanlagen kann zuweilen rund die Hälfte der Energie eingespart werden. Doch solange Energie billig ist...
2.1 AgroCleantech
Genau wie die 6000-Watt-Gesellschaft könnte also auch die Landwirtschaft zweifellos noch mehr Energie sparen. Sie könnte auch mehr Energie produzieren. Nicht zuletzt deshalb hat der Schweizerische Bauernverband (SBV) die Gesellschaft AgroCleanTech initiiert. AgroCleanTech will mit Beratung, Projektideen, Finanzierungshilfen und Partnern den erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz und dem Klimaschutz in der Landwirtschaft zum Durchbruch verhelfen. Und will auch dafür sorgen, dass sich dieses Engagement für die Bauern auszahlt.
Die Zielsetzungen gehen weit über die reine Energieerzeugung hinaus. AgroCleantech versteht sich vielmehr als Energie- und Klimaagentur der Landwirtschaft. Das langfristige Ziel ist die Entwicklung einer ressourcen- und klimaeffizienten Landwirtschaft, in der die Bauern eine wichtige Rolle für die Gesellschaft als Energiewirte und Klima-Dienstleister übernehmen.
AgroCleanTech wurde 2011 von vier Gesellschaftern gegründet: Es sind dies der Schweizerische Bauernverband, Ökostrom Schweiz, Ernst Basler + Partner und die Agridea. Sie werden vom Bundesamt für Landwirtschaft und vom Bundesamt für Energie unterstützt.



