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"Ohne modernen Pflanzenschutz keine sicheren Nahrungsmittel"
21.10.2020 – (lid.ch) – Die Organisation Bauern Unternehmen (BU) empfing heute im Berner Seeland zum Medienanlass. Thema war der Pflanzenschutz.
Kategorien: Pflanzenschutz Zuckerrüben

Die Schweiz benötige eine moderne, konkurrenzfähige und produktive Landwirtschaft, sagte Fernand Andrey, Vizepräsident von Bauern Unternehmen am Medienanlass in Worben. Nur so könne auch künftig die Schweizer Bevölkerung sicher ernährt werden. Andrey und seine Mitstreiter fühlen sich immer öfter unverstanden von der Bevölkerung und den Medien. «Wir werden zunehmend mit Fehldarstellungen und Falschmeldungen konfrontiert», erklärte er.
"Schon viel erreicht"
Dabei verfüge die Schweiz über weltweit einzigartige Umweltstandards wie Düngerbilanz, Schadschwellenwerte oder obligatorische Fruchtfolge. Er betonte zudem, dass die Schweiz bereits viel erreicht habe. «Und wir wollen noch besser werden», sagt Andrey. Ein Grossteil der Rückstände von Pflanzenschutzmitteln stammten von Punkteinträgen. Das zeige, dass man beispielsweise Waschplätze bauen müsse, so Andrey. Auf seinem Betrieb im Kanton Freiburg habe er dank präzisen Anwendungstechnologien wie GPS-Regelung den Verbrauch von PSM um einen Drittel senken können.
Gleichzeitig kritisierte Fernand Andrey, dass mit dem Finger immer auf die Landwirtschaft gezeigt werde. So sei der im Rübenanbau verbotene Wirkstoff Imidacloprid – ein Neonicotinoid – in Hundehalsbändern gegen Zecken und Flöhe erlaubt. Ebenso werde das aktuell stark im Fokus stehende und seit Anfang Jahr verbotene Chlorothalonil unter anderem in Fassaden verwendet.
"Weniger regionale Produkte und mehr Importe"
Nach Ansicht von Andrey leistet der moderne Pflanzenschutz einen wesentlichen Beitrag zur Lebensmittelsicherheit. «Weniger regionale Produkte und mehr Importe wären die Folgen eines Verzichtes auf Pflanzenschutz», sagt der BU-Vizepräsident. «Ohne modernen Pflanzenschutz wäre die heutige Nahrungsmittelversorgung mit gesunden, qualitativ hochwertigen, regionalen Produkten nicht gewährleistet», sagt er.
Um die Bevölkerung über das Anliegen zu informieren, hat die BU 2019 die Kampagne «Pflanzen und Tiere brauchen Schutz» gestartet. Dazu haben rund 300 Landwirtinnen und Landwirte aus der Schweiz Tafeln auf ihren Feldern aufgestellt. Zudem legten die Bauern sogenannte Nullparzellen an, auf denen überhaupt kein Pflanzenschutz – auch kein manueller – betrieben wird. Damit will die BU den Unterschied zu den normalen Anbauflächen deutlich machen.
Positive Gespräche dank Kampagne
Ein Landwirt, der solche Plakate aufgestellt hat, ist Hans-Peter Christen aus Utzenstorf. Er machte damit positive Erfahrungen. Die Plakate hätten zu interessanten Diskussionen und Nachfragen aus der Bevölkerung geführt, erklärte er vor den Medien. Die Plakate und die Nullparzelle seien positiv aufgenommen worden und auch kritische Fragen hätten besprochen werden können.

Ohne Bewilligung gibt er den Rübenbau auf
Der Familienbetrieb Nyffenegger in Worben im bernischen Seeland produziert seit vier Generationen Zuckerrüben. Ein guter Standort, denn die Zuckerfabrik Aarberg ist nur wenige Kilometer entfernt. Doch dieses Jahr hat die Pflanzenkrankheit Viröse Vergilbung auch auf den Feldern von Betriebsleiter Lars Nyffenegger zugeschlagen. Statt sattgrün sind sie gelb, die Rüben klein. Nyffenegger rechnet mit Ertragseinbussen von rund 30 Prozent. Rentabel ist das für ihn nicht mehr.
Und obwohl er am Rübenanbau hängt ist für ihn klar: «Wenn die befristete Bewilligung für Gaucho abgelehnt wird, höre ich mit dem Anbau auf», sagt Nyffenegger. Das neonicotinoidhaltige Gaucho ist seit Anfang 2019 verboten. Seither gibt es kein wirksames Mittel mehr gegen die von Blattläusen übertragene Viröse Vergilbung. Der Seeländer Bauer hofft noch darauf, dass das Bundesamt für Landwirtschaft eine Notfallzulassung bewilligt. Wenn nicht, werde er wohl auf Eiweisserbsen oder andere Pflanzen umsteigen, so Nyffenegger.
Tiefe Anbaubereitschaft sorgt für Probleme
Für die Zuckerfabriken in Aarberg und Frauenfeld, die schon wegen tiefer Rübenpreise mit der Anbaubereitschaft zu kämpfen haben, sorgt der Ausstieg von Rübenbauern für Probleme. Denn ohne genügend Rüben können die Fabriken nicht ausgelastet werden. Der Entscheid zu Gaucho dürfte bis Ende Oktober erfolgen.